Kulturtouristische Netzwerke im ländlichen Raum - Ostdeutscher ...
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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
Denkens. Zum größeren Teil besitzen diese mittelalterlichen Kunstwerke zudem europäischen<br />
Rang. In Deutschland kann sich in Hinblick auf Qualität und Anzahl der erhaltenen romanischen<br />
Kunst nur noch das Rheinland mit Sachsen Anhalt messen.<br />
Sachsen Anhalt ist zwar eine noch junge Verwaltungseinheit; das <strong>im</strong> Wesentlichen aus preußischen<br />
und anhaltischen Gebieten 1947 gebildete Land wurde bereits 1952 aufgelöst und erst <strong>im</strong><br />
Jahre 1990 wieder gegründet. Doch der Schein trügt. So wie Sachsen Anhalt durch die deutsche<br />
Eini gung wieder ins Zentrum Deutschlands und der Integration von West und Osteuropa gerückt<br />
ist, so wurde hier bereits vor 1000 Jahren internationale Politik gemacht. Es gab eine Zeit, da war<br />
dieser <strong>Raum</strong> nicht nur geeint, sondern hat weit über seine Grenzen hinausgestrahlt, nämlich zwischen<br />
dem Zerfall des fränkischen Großreiches der Karolinger und dem Ende der Herrschaft der<br />
Hohenstaufen in Deutschland. Vor allem <strong>im</strong> 10. Jahrhundert, als die sächsischen Herzöge der Liudol<br />
finger bzw. der Ottonen von ihrem Stammland aus als Könige und Kaiser das deutsche Reich<br />
einigten, lag Sachsen Anhalt <strong>im</strong> Zentrum der Macht.<br />
Diese historisch-geographische Bedeutung und die Fülle mittelalterlicher Kunst waren Anlass zur<br />
Projektierung der Straße der Romanik. Das nicht auf wissenschaftliche Kunstgeschichte, sondern<br />
auf sanften Kulturtourismus angelegte Projekt eröffnete dem Land vielfältige Chancen. Als Zielgruppen<br />
waren gerade am Anfang nicht nur auswärtige Besucher (Außenmarketing), sondern auch<br />
die Landesbevölkerung angesprochen (Innenmarketing). In einem Bundesland, dessen einzelne<br />
Regionen sich historisch unterschiedlich entwickelt haben und das dadurch eine erst junge gemeinsame<br />
Vergangenheit besitzt, trug die landesumgreifende, Orts- und Regionen umfassende Straße<br />
der Romanik zur Identitätsstiftung bei. Preußische, brandenburgische, magdeburgische, anhaltische<br />
oder wettinische Traditionen wurden auf der Grundlage der gemeinsamen romanischen Wurzeln<br />
zu einem neuen landestragenden Gefühl „Wir in Sachsen Anhalt“ zusammengeführt.<br />
Die touristische Landesstrategie Sachsen Anhalts firmierte mit dem landesweiten Markenzeichen<br />
der Straße der Romanik auch nach außen lange Zeit unter dem Slogan „Ein Land macht Geschichte“.<br />
Die Straße der Romanik beschäftigt sich zwar mit Geschichte und Kunstgeschichte,<br />
doch zielt sie auf die Zukunft der Geschichte. Tourismuspolitik ist Wirtschaftspolitik, und der Kulturtourismus<br />
entwickelt sich seit Jahren zu einem der bedeutenden Faktoren dieses Wirtschaftszweiges<br />
in Deutschland und Europa. Das Mittelalter wurde spätestens seit der Erstpublikation von<br />
Umberto Ecos Buch „Der Name der Rose“ 1980 und dessen Verfilmung 1986 zum Renner in diesem<br />
Kulturtourismuszweig. Sachsen Anhalt ist auf diesen Zug frühzeitig aufgesprungen und hat<br />
die Straße der Romanik auf dem Reisemarkt eingeführt und etabliert. Ziel der Straße der Romanik<br />
war von Anfang an auch die Schaffung eines von Landschaft und Kultur geprägten, wirtschaftlich<br />
stabilen Arbeits und Lebensraumes.<br />
Die Idee zur Straße der Romanik entstand 1992 und kam über Umwege nach Sachsen-Anhalt.<br />
In Zusammenhang mit den Vorbereitungen zu der 1993 eröffneten Ausstellung „Bernward von<br />
Hildeshe<strong>im</strong> und das Zeitalter der Ottonen“ in Hildeshe<strong>im</strong> wurde vom Wirtschaftsministerium Niedersachsens<br />
eine kulturtouristische Profilierung dieser Großausstellung angestrebt. Das damalige<br />
Partnerland Sachsen-Anhalts spielte zunächst mit dem Gedanken, das Jahr 1993 als „Jahr der<br />
Romanik ´93“ touristisch aufzuwerten, hat sich jedoch später für ein Pendant zu Sachsen Anhalt,<br />
den „Wegen in die Romanik ´93“, entschieden. Von Niedersachsen angefragt, sich an diesem Jahr<br />
der Romanik zu beteiligen, griff das Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalts den Gedanken auf,<br />
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