Kulturtouristische Netzwerke im ländlichen Raum - Ostdeutscher ...
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kulturtouristische <strong>Netzwerke</strong> <strong>im</strong> l ändlichen R aum<br />
schen Gartenanlagen in die spezifische Siedlungs- und damit Landesgeschichte bildet einen wesentlichen<br />
Aspekt des Erhaltungspostulats. Die heutigen Gärten kennen <strong>im</strong> Gegensatz zu ihrer<br />
historischen Planungsgestalt keine Grenzen; ihre Einordnung in Städtebau und Dorfgestalt und<br />
dadurch in Städtebausanierungs- und Dorferhaltungsprogramme verdeutlicht ihren Ensemblecharakter.<br />
Eine „Biotopisierung“ des Einzelparks steht nicht <strong>im</strong> Interesse des Gesamtprojektes. Ein<br />
korrekt sanierter, national bedeutsamer historischer Garten in einem beliebigen siedlungsräumlichen<br />
Umfeld min<strong>im</strong>iert das Gästeinteresse gegen Null; hier sitzen Denkmalpflege und Tourismus<br />
mehr denn je in einem „Boot“.<br />
Dazu zählen auch die naturräumlichen und landwirtschaftlich genutzten Bereiche des Parkumfeldes.<br />
Ob Auenlandschaften und Flussräume, Solitärbäume und Sichtachsen, Schafsweiden und<br />
Kulturpflanzungen, die „Umwelt“ der historischen Gärten trägt entscheidend zu ihrer historischen,<br />
naturräumlichen wie touristischen Bedeutung bei. Am Musterbeispiel der historischen Gärten<br />
<strong>im</strong> Gartenreich Dessau-Wörlitz entlang der Elbe kann diese Einheit von vegetabilen Natur- und<br />
Kulturformen unter dem Dach der Kulturlandschaft am besten nachvollzogen werden. Aber auch<br />
sonst dürfen bei der Betrachtung der historischen Gärten der gesetzliche Schutz in <strong>Raum</strong>ordnung,<br />
Naturschutz und Denkmalschutz nicht als Gegensätze betrachtet werden. Das Projekt Gartenträume<br />
kann eine konstruktive Gesprächsplattform für Naturschützer und Denkmalpfleger bieten und<br />
<strong>im</strong> Ergebnis vielleicht ein Modell für Deutschland sein.<br />
Wirtschaftliche Wertschöpfung, die Schaffung von Arbeit, das Einbringen von Investitionen und<br />
der touristische Umsatz sind neben der kulturellen Bedeutung ein wichtiger Effekt bei der Betrachtung<br />
des Landesprojektes Gartenträume. Diese Einheit von Wirtschaft und Kultur hat Fürst<br />
Franz von Anhalt-Dessau, der Begründer der Kulturlandschaft Gartenreich Dessau-Wörlitz schon<br />
<strong>im</strong> 18. Jahrhundert verstanden und sie selbst auf dem Sterbebett nochmals formuliert: „Man muß<br />
für Arbeit sorgen, darauf kommt alles an!“. Die Trends in Großbritannien und Frankreich haben es<br />
gezeigt, dass das Thema Garten sowohl als Freizeitbeschäftigung als auch in der Tourismusnachfrage<br />
„en vogue“ ist. Mit Besucherzahlen <strong>im</strong> Bereich von 15 Mio. jährlich verzeichnen beide Länder<br />
eine hohe Nachfrage <strong>im</strong> Gartentourismus.<br />
Das Interesse der typischen Gartenbesucher hat aber den Schwerpunkt auf dem generellen Bedürfnis<br />
nach Ruhe, Idylle, Ästhetik und Natur. Die Mehrheit der Besucher will einfach einen erholsamen<br />
Tag in attraktiver (!) Umgebung. Sie sind keine Gartenspezialisten, sind oftmals in Zusammenhang<br />
mit einem eigenen Garten am Thema Gärtnern interessiert, spüren jedoch unterbewusst<br />
die hohe ästhetische Qualität und Authentizität sowie das Distanz schaffende Anderssein der historischen<br />
Gartenanlagen. So bringt auch Franz Sattlecker, Geschäftsführer des Schlosses Schönbrunn<br />
in Wien, die Chancen der Gartenträume auf den Punkt: „Den Konsumenten geht es nicht<br />
darum, ihre Bedürfnisse abzudecken, sondern um Wünsche und Träume“. Gärten üben deshalb<br />
in dieser globalisierten und hektischen Welt vor allem für die Naherholung und den Kurzzeittourismus<br />
eine hohe Anziehungskraft aus, wobei wie Frankreich und England auch Sachsen-Anhalt die<br />
Chance erkannt hat, Gäste über Gärten vom Land zu begeistern. Dies zeigt sich traditionell bereits<br />
<strong>im</strong> Gartenreich Dessau-Wörlitz, das einerseits einen hohen Stammkundenanteil aus dem Nahbereich<br />
aufweist und andererseits natur-, kultur- und erlebnisorientierte Gäste überregional akquiriert.<br />
Die Gartenträume führen denn auch Besucher mit steigendem Erfolg, <strong>im</strong>merhin ca. 2,5 Mio.<br />
Gäste <strong>im</strong> Jahr 2011, zum Bilden, Träumen, Spazieren und Entspannen nach Sachsen-Anhalt.<br />
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