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Visuelle Modelle - edoc-Server der BBAW - Berlin ...

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138<br />

Carolin Artz<br />

einen einzelnen Moment aus dem Raum-Zeit-Kontinuum zu isolieren und damit<br />

sichtbar zu machen, was zu klein, zu schnell o<strong>der</strong> zu weit entfernt ist, um vom<br />

menschlichen Auge registriert zu werden. Die sensible fotografische Schicht kann<br />

nicht nur durch sichtbares Licht, son<strong>der</strong>n auch von Bereichen jenseits des sichtbaren<br />

Spektrums beeinflusst werden und ermöglicht so die Visualisierung niedrig-<br />

o<strong>der</strong> hochfrequenter elektromagnetischer Wellen.<br />

Wie Lorraine Daston und Peter Galison in ihrem Aufsatz über »Das Bild <strong>der</strong><br />

Objektivität« 3 betonen, sollten die mechanisch, beziehungsweise fotochemisch<br />

generierten Bil<strong>der</strong> im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t für sich selbst sprechen und vom Betrachter<br />

möglichst ohne weitere Informationen verstanden werden. Eine For<strong>der</strong>ung,<br />

<strong>der</strong> die Produzenten <strong>der</strong> Visualisierungen unsichtbarer Emissionen nicht<br />

ohne Weiteres nachkommen konnten. Die Aufzeichnungen nichtsichtbarer<br />

Strahlen konnten nicht selbsterklärend sein, da das, was sie zeigen, nicht mit <strong>der</strong><br />

Seherfahrung des Betrachters abgeglichen werden kann. Die »Fotogramme des<br />

Unsichtbaren« 4 , die Johann Wilhelm Ritter um 1800 und Antoine Henri Becquerel<br />

um 1900 mit Hilfe fotosensibler Substanzen realisieren konnten, hatten<br />

etliche Defizite. Die bloße Reduktion <strong>der</strong> lichtempfindlichen Silberverbindung<br />

war zunächst unanschaulich, da diese Form <strong>der</strong> Visualisierung ungewöhnlich und<br />

für den Forscher nicht unmittelbar verständlich war; 5 und da die Platte immer<br />

nur einen winzigen Aspekt eines ganz bestimmten Ausschnitts einer Strahlung<br />

zeigen konnte, mussten sich die Wissenschaftler die Frage stellen, wie typisch das<br />

einzelne Fotogramm für die zu untersuchende Emission war. Obgleich sich, wie<br />

Daston und Galison zeigen konnten, die im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t auferlegte Selbstverpflichtung<br />

des Operateurs zur »mechanischen Aufzeichnung von Bil<strong>der</strong>n<br />

individueller Objekte« in <strong>der</strong> »Verwendung von Fotografien von Einzelobjekten<br />

3 Lorraine Daston, Peter Galison: »Das Bild <strong>der</strong> Objektivität« [1992]. In: Peter Geimer<br />

(Hg.): Ordnungen <strong>der</strong> Sichtbarkeit. Fotografie in Wissenschaft, Kunst und Technologie,<br />

Frankfurt am Main 2002, S. 29–99.<br />

4 In den Anfangsjahren des Verfahrens wird Fotogramm beziehungsweise Photogram als<br />

Synonym für Kamerafotografie verwendet. So zum Beispiel in <strong>der</strong> 1894–1904 in London<br />

erschienen Zeitschrift �e Photogram o<strong>der</strong> dem ab 1895 bis 1960 erscheinenden Jahrbuch<br />

Photograms of the Year. Wahrscheinlich ohne vom Vorhandensein des Begriffs zu wissen,<br />

verwendete László Moholy-Nagy ihn ab 1925 für seine kameralosen Fotografien. Siehe<br />

dazu auch Floris M. Neusüss: Das Fotogramm in <strong>der</strong> Kunst des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts, Köln<br />

1990, S. 9. Bekannt war das Verfahren, bei dem sich die Spur zwei- und dreidimensionaler<br />

Gegenstände ohne die Vermittlung durch einen optischen Apparat direkt auf einer fotosensiblen<br />

Oberfläche abzeichnet, lange vor den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

und sogar noch vor 1839, dem offiziellen Geburtsjahr <strong>der</strong> Kamerafotografie. Im Folgenden<br />

werde ich den Begriff für jede Form kameralos- und fotochemisch erzeugter Bil<strong>der</strong><br />

verwenden.<br />

5 In diesen Sinne definiert das Lexikon <strong>der</strong> Physik Anschaulichkeit als »Eigenschaft physikalischer<br />

Begriffe o<strong>der</strong> <strong>Modelle</strong>, die direkt mit Wahrnehmungen, Beobachtungen o<strong>der</strong><br />

Handlungen korreliert sind und daher unmittelbar verständlich erscheinen.« Lexikon<br />

<strong>der</strong> Physik [CD-Rom], Bd. 1, Heidelberg 1999, Redaktion: Ulrich Kilian, Christine<br />

Weber.

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