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Visuelle Modelle - edoc-Server der BBAW - Berlin ...

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Das Fotogramm als visuelles Modell?<br />

139<br />

manifestierte«, 6 blieben wissenschaftliche Untersuchungen, <strong>der</strong>en Forschungsgegenstand<br />

fotografische Bil<strong>der</strong> waren, eine mathesis singularis, eine »unmögliche<br />

Wissenschaft vom einzigartigen Wesen«. 7<br />

Die fotografiegestützte Wissenschaft kann sich nie mit dem exemplarischen<br />

Bild eines Gegenstandes, son<strong>der</strong>n nur mit radikalen Vereinzelungen befassen. Um<br />

allgemeingültige Aussagen über die unsichtbare ultraviolette o<strong>der</strong> radioaktive<br />

Strahlung treffen zu können, mussten Ritter und Becquerel ihre fotografischen<br />

Versuche so oft wie<strong>der</strong>holen, dass den Forschern und Betrachtern ersichtlich wurde,<br />

wie ein charakteristisches Bild <strong>der</strong> zu untersuchenden Emission aussehen<br />

könnte. Mit Hilfe von komplexen Versuchsaufbauten und präzisen Vorgaben zu<br />

Expositionsdauer und fotografischem Material versuchten die Operateure, die<br />

flüchtigen und unsichtbaren Emissionen zu kontrollieren und auf diese Weise<br />

Bil<strong>der</strong> zu generieren, die wie<strong>der</strong>holbar waren und es ermöglichen sollten, generelle<br />

Schlüsse über die zu erforschende Strahlung abzuleiten.<br />

Im Folgenden werden verschiedene Stationen fotografischer Strahlenforschung<br />

vorgestellt. Dabei soll <strong>der</strong> Frage nachgegangen werden, wie Forscher des 19. und<br />

beginnenden 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts, von Johann Wilhelm Ritter bis zu Antoine Henri<br />

Becquerel, vorgingen, um von den radikal singulären und unanschaulichen<br />

»Fotogrammen des Unsichtbaren« Informationen über den visualisierten Referenten<br />

abzuleiten. Indem sie versuchten, das Charakteristische im Einzelbild<br />

sichtbar zu machen, schufen einige <strong>der</strong> Wissenschaftler Visualisierungen, bei<br />

denen »Anschauungen, Erfahrungen, Messungen, Merkmale, Erkenntnisse<br />

o<strong>der</strong> Regelinhalte durch Auswahl, Verallgemeinerung und Bindung an eine neue<br />

Form und Repräsentation in <strong>der</strong> Weise zum Inhalt des Modells gemacht werden,<br />

dass es gerechtfertigt ist, im Gegenstand ein Modell von etwas zu sehen.« 8<br />

Ein Vergleich mit den Visualisierungen des Physikers Arthur Willis Goodspeed<br />

o<strong>der</strong> des Wun<strong>der</strong>heilers Paul Joseph Rohm macht deutlich, wie relevant die<br />

Verifizierbarkeit und Verständlichkeit wissenschaftlicher Fotogramme war, um<br />

sie zu stabilen Wissensträgern zu machen. Sind die Bil<strong>der</strong> in keinen funktionierenden<br />

Argumentationsrahmen eingebunden, und gelingt es ihnen nicht eine<br />

Referenz herzustellen, so können diese Visualisierungen als defektiv verstanden<br />

werden.<br />

Defektive Visualisierungen – rätselhafte Scheiben und<br />

magnetische Ausstrahlung<br />

Im Februar 1890 beschäftigten sich <strong>der</strong> amerikanische Physiker Arthur Willis<br />

Goodspeed und dessen Assistent William Jennings an <strong>der</strong> Universität Pennsylvania<br />

6 Daston, Galiston 2002 (wie Anm. 3), S. 70.<br />

7 Barthes 1985 (wie Anm. 1), S. 81.<br />

8 Bernd Mahr: »KIT-Report 150. Das Wissen im Modell«, http://flp.cs.tu-berlin.de/publikationen/kit/r150.pdf<br />

(Dezember 2004), S. 12 (Letzter Zugriff am 11. Mai 2007).

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