Visuelle Modelle - edoc-Server der BBAW - Berlin ...
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Das Fotogramm als visuelles Modell?<br />
141<br />
kein Index Information vermitteln kann, wenn er nicht eine Tatsache o<strong>der</strong> Zweitheit<br />
ist o<strong>der</strong> enthält.« 12 Im Fall <strong>der</strong> Aufzeichnung von Goodspeed und Jennings<br />
wäre diese Tatsache – o<strong>der</strong> Zweitheit – das ikonische Element <strong>der</strong> Scheiben, ohne<br />
das die Platte vollkommen schwarz gewesen wäre. Dieser Index hätte keinerlei<br />
Information transportieren können, und es ist fraglich, ob Jennings ihn verwahrt<br />
hätte. Da Goodspeed und Jennings nicht wussten, dass X-Strahlen durch den<br />
Aufprall von Kathodenstrahlen auf die Elektrode <strong>der</strong> Crookesschen Röhre entstehen,<br />
konnten sie die beobachtete Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Fotoplatte nicht erklären und<br />
keine Hypothese über die mögliche Ursache <strong>der</strong> partiellen Schwärzung <strong>der</strong> Platte<br />
bilden. Erst nachdem Röntgen im November 1895 die X-Strahlen entdeckt hatte,<br />
war es Goodspeed möglich, das Experiment erneut durchzuführen: »Durch<br />
Wie<strong>der</strong>holung des Experimentes, bei dem eine Crookessche Röhre für 10 Minuten<br />
in <strong>der</strong> Nähe einer eingeschlossenen fotografischen Platte in Betrieb genommen<br />
wird, wobei sich zwei Münzen auf <strong>der</strong> Außenseite des Kastens befinden, stellt sich<br />
heraus, dass die Münzschatten den geheimnisvollen Scheiben <strong>der</strong> alten Platte auffallend<br />
ähneln.« 13<br />
Während Goodspeeds Visualisierung zufällig durch eine zu diesem Zeitpunkt<br />
noch nicht bestimmte Emission hervorgerufen worden war, wollte <strong>der</strong> deutsche<br />
»Heilmagnetiseur« Paul Joseph Rohm mit Hilfe von Fotogrammen die Existenz<br />
einer von ihm propagierten Strahlung belegen. Im Nachklang zu Röntgens Entdeckung<br />
<strong>der</strong> X-Strahlen im November 1895 erlebten etliche bereits tot geglaubte<br />
�eorien über dem Menschen entströmende magnetische Strahlen eine Renaissance,<br />
da man hoffte, diese nun fotografisch belegen zu können. War die erste<br />
Auflage von Rohms Magnetismus als Heilkraft aus dem Jahr 1890 noch ohne bezeugende<br />
Fotografien ausgekommen, so hatten die soeben publizierten Berichte<br />
über Röntgens X-Strahlen den Autor angeregt, die Publikation in einer zweiten<br />
Auflage um sieben Fotogramme zu ergänzen. 14 Wie seiner Beschreibung zu entnehmen<br />
ist, sollten die Abbildungen belegen, dass dem »Magnetiseur« eine unsichtbare<br />
Kraft entströme, die sich auch auf Papier o<strong>der</strong> Stoff übertragen ließe.<br />
»Durch vielfache Heilerfolge ist bewiesen, daß magnetische Heilkräfte auf Stoffe<br />
und Papier übertragen und in die Ferne versandt werden können und auch dort<br />
heilkräftig wirksam sind. Um auch dies auf photographischem Wege beweisen zu<br />
können, wurden handgroße Stücke von magnetisirtem weißem Wollstoff, weißen<br />
Seidenstoff und weißen Fließpapier von Wiesbaden nach Freiburg i. B. mit <strong>der</strong><br />
12 Charles San<strong>der</strong>s Peirce: Phänomen und Logik <strong>der</strong> Zeichen [Syllabus of Certain Topics of<br />
Logic, 1903], hg. und übers. von Helmut Pape, Frankfurt am Main 1983, S. 71.<br />
13 Goodspeed 1896 (wie Anm. 10), S. 395. (Übersetzung von C. A.)<br />
14 Paul J[oseph] Rohm: Der Magnetismus als Heilkraft, durch Wort und Beispiel begründet<br />
[1890], Wiesbaden 2 1896. Lautete <strong>der</strong> Untertitel <strong>der</strong> ersten Ausgabe noch »Nebst Anleitung<br />
mittelst desselben auf den menschlichen Organismus mit Erfolg einzuwirken«, so<br />
wurde dieser in <strong>der</strong> zweiten Ausgabe durch „Nebst sieben photographischen Lichtbil<strong>der</strong>n<br />
gewonnen durch odisch-magnetische Ausstrahlung aus dem Organismus von Magnetopathen«<br />
ersetzt.