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Visuelle Modelle - edoc-Server der BBAW - Berlin ...

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140<br />

Carolin Artz<br />

mit <strong>der</strong> fotografischen Fixierung Lichtenbergscher Figuren. 9 In diesen Experimenten<br />

wurden Münzen und Messinggewichte auf Gelatinetrockenplatten gelegt<br />

und an Wechselstrom angeschlossen. Die elektrostatischen Ladungen belichteten<br />

die Platte, so dass man Fotogramme, so genannte Elektrografien, erhielt, die die<br />

Münzen und Gewichte und das von ihnen ausgehende Glimm- und Büschellicht<br />

deutlich zeigten. Im Anschluss an dieses Experiment demonstrierte Goodspeed<br />

seinem Assistenten die Erzeugung von Kathodenstrahlen mit Hilfe einer Vakuumröhre.<br />

Beim späteren Entwickeln <strong>der</strong> Fotoplatten bemerkte Jennings, dass sich<br />

eines <strong>der</strong> erhaltenen Fotogramme auffällig von den an<strong>der</strong>en Elektrografien unterschied.<br />

Statt <strong>der</strong> Münze und dem von ihr ausgehenden Büschellicht zeigte dieses<br />

Bild zahlreiche Kratzer und Flecken sowie zwei schwarze Kreise vor einem weißen<br />

Hintergrund. Jennings informierte Goodspeed über das außergewöhnliche Fotogramm,<br />

und obwohl beide es einem Fehler des fotografischen Materials zuschrieben,<br />

behielt Jennings die Platte. Dadurch, dass Goodspeed we<strong>der</strong> wusste, wann<br />

an jenem Abend das Bild entstanden war, noch was es hervorgerufen hatte, war<br />

es zunächst unmöglich, das Experiment nochmals durchzuführen und so weitere<br />

Fotogramme zu erhalten. »Zu jener Zeit konnte keine Erklärung für das Phänomen<br />

gefunden werden und bis vor kurzem war die Angelegenheit dem Vergessen<br />

anheim gefallen.« 10 Als Goodspeed im Januar 1896 von Röntgens Entdeckung<br />

<strong>der</strong> X-Strahlen hörte, kontaktierte er Jennings und bat ihn, sich die Fotogramme<br />

vom Februar 1890 erneut anzuschauen. Dieser erinnerte sich, dass er die unentwickelten<br />

Elektrografien zusammen mit unbelichteten Fotoplatten auf dem Labortisch<br />

gestapelt, in einer Kiste verpackt und auf diese zwei Münzen gelegt hatte. Aus<br />

Unsicherheit darüber, welche <strong>der</strong> Platten bereits belichtet waren, hatte er alle entwickelt<br />

und dabei das mysteriöse Fotogramm erhalten. »Ich glaube die ›Scheibe‹<br />

war das durch Röntgenstrahlen erzeugte Abbild <strong>der</strong> Münze«, 11 deutete Jennings<br />

das Bild sechs Jahre nach seiner Entstehung.<br />

Im Manuskript zum Syllabus of Certain Topics of Logic schreibt Charles San<strong>der</strong>s<br />

Peirce 1903: »Es bedarf nur eines kurzen Nachdenkens, so sieht man ein, daß<br />

9 In seinem Aufsatz »Was ist kein Bild? Zur ›Störung <strong>der</strong> Verweisung‹« beschreibt Peter<br />

Geimer auf welche Schwierigkeiten Wissenschaftler des 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts stießen,<br />

die versuchten, das Unsichtbare mit Hilfe lichtempfindlicher Silberhalogenide zu visualisieren.<br />

Geimer führt das Beispiel Goodspeeds hinsichtlich <strong>der</strong> »Schwierigkeit, die fotografische<br />

Aufzeichnung von Fakten vom Auftreten fotografischer Artefakte zu unterscheiden« an.<br />

Peter Geimer: »Was ist kein Bild? Zur ›Störung <strong>der</strong> Verweisung‹«. In: <strong>der</strong>s. 2002 (wie Anm. 3),<br />

S. 313–341; hier S. 327–333.<br />

10 Arthur W[illis] Goodspeed: »�e Röntgen Phenomena. A Few Early Results Obtained at<br />

the University of Pennsylvania«. In: Science 3.63 (13. März 1896), S. 394–396; hier<br />

S. 395. (Übersetzung von C. A.)<br />

11 William N. Jennings: »Letter to Arthur Willis Goodspeed«, 14. Februar 1896. Eine Abschrift<br />

des Briefes befindet sich in den Archives of the University of Pennsylvania, Philadelphia;<br />

hier zitiert nach: �omas L. Walden: »�e First Radiation Accident in America.<br />

A Centennial Account of the X-Ray Photograph Made in 1890«. In: Radiology 181.3<br />

(Dezember 1991), S. 635–639; hier S. 639. (Übersetzung von C. A.)

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