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146<br />
Carolin Artz<br />
Angeregt durch Herschels Entdeckungsbericht in den Philosophical Transactions<br />
vermutete Ritter, »daß auch […] über die Grenzen des Sichtbaren, hier das<br />
Violett, hinaus noch Strahlen vorkommen, die ebenso unsichtbar wären als die<br />
bekannten jenseits des Roths«. 27 Da das �ermometer Herschels Bericht zufolge<br />
j<strong>edoc</strong>h keine Auffälligkeit außerhalb des violetten Bereichs des Spektrums angezeigt<br />
hatte, musste ein an<strong>der</strong>er Indikator gefunden werden. Ritter vermutete, dass<br />
Hornsilber, eine natürlich vorkommende Silberverbindung, sich als geeignet erweisen<br />
könnte. »Ich hatte auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n Seite des Farbenspectrum, auf <strong>der</strong> des<br />
Violett, außer demselben einen gleichen Winkel unsichtbarer Sonnenstrahlen<br />
o<strong>der</strong> vielmehr Farben zu vermuthen. Da indes nach H. [Herschel, C. A.] das �ermometer<br />
hier keine Verän<strong>der</strong>ung erleidet. So waren an<strong>der</strong>e Reagentien zu ihrer<br />
Auffindung nöthig. Scheele’s Bemerkung (Ueber Luft und Feuer, § 66.) daß Hornsilber<br />
(salzigsaures Silberoxyd, murriate d’argent) im Violett des Farbenbildes<br />
eher schwarz werde als in den übrigen Farben, schien dieses als geschickt dafür zu<br />
bezeichnen.« 28 Um seine Vermutung zu bestätigen, führte Ritter folgenden Versuch<br />
durch: »Einen sechs bis acht Zoll langen Streifen starkes weisses Papier überstreiche<br />
ich mit feuchtem eben bereiteten Hornsilber, und lasse im dunkeln Zimmer<br />
das reinliche Sonnenspectrum des Prisma in <strong>der</strong> Entfernung von funfzig<br />
[sic!] bis 60 Zoll von diesem aus dessen Mitte fallen. Das Hornsilber fängt zuerst<br />
in einer beträchtlichen Entfernung vom äussersten Violett nach aussen an,<br />
schwarz zu werden: einige Zeit darauf folgt das in Violett selbst nach, und zuletzt<br />
thut es die schwachste nach innen gelegenste Nuance des sich ins Grün verlierenden<br />
Blau. Durch das Gelb hindurch bis ins Roth und darüber hinaus bleibt<br />
das Hornsilber weiß, wie lange es auch diesem Licht ausgesetzt sey.« 29<br />
Da die Entwicklung physikalisch und nicht chemisch in einem Entwicklerbad<br />
erfolgte und sich die schnelle Reduzierung <strong>der</strong> lichtempfindlichen Silbersalze des<br />
Silberchlorids zu fotolytischem Silber jenseits des blauen Bereichs des Sonnenspektrums<br />
direkt beobachten ließ, kann Ritters Versuch als anschaulich beschrieben<br />
werden. 30 »Folgende Versuche habe ich beständig mit demselben Erfolg wie<strong>der</strong>holt«,<br />
31 lässt Ritter in seinem Bericht verlauten und wi<strong>der</strong>legt damit, dass die<br />
27 Johann Wilhelm Ritter: »Bemerkungen zu Herschel’s neueren Untersuchungen über das Licht.<br />
Vorgelesen in <strong>der</strong> Naturforschenden Gesellschaft zu Jena, im Frühling 1801«. In: <strong>der</strong>s.: Physisch-chemische<br />
Abhandlungen in chronologischer Folge, Bd. 2, Leipzig 1806, S. 81–107.<br />
28 [Johann Wilhelm] Ritter: »Chemische Polarität im Licht. Ein mittelbares Resultat <strong>der</strong><br />
neuern Untersuchungen über den Galvanismus«. In: Intelligenzblatt <strong>der</strong> Litteratur-Zeitung<br />
Erlangen 16 (18. April 1801), S. 121–123; hier S. 121.<br />
29 Ebd.<br />
30 In Ritters Versuch wandelten sich die lichtempfindlichen Silbersalze des Silberchlorids<br />
unter dem Einfluss des Lichts direkt in elementares, fotolytisches Silber. Im Gegensatz zur<br />
chemischen Entwicklung, bei <strong>der</strong> die Silbersalzkristalle erst im Entwickler einheitlich zu<br />
Silber reduziert werden, entsteht das sichtbare Bildsilber bei <strong>der</strong> physikalischen Entwicklung<br />
bereits während <strong>der</strong> Belichtung. Siehe dazu James M. Reilly: Care and Identification<br />
of 19th Century Photographic Prints, Rochester 1986.<br />
31 Ritter 1801 (wie Anm. 28), S. 121.