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Visuelle Modelle - edoc-Server der BBAW - Berlin ...

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Graphen können alles<br />

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Die Wissens- und Mediengeschichte <strong>der</strong> Netze hat es mit allen vier Arten von<br />

<strong>Modelle</strong>n zu tun. Sie verdanken sich weniger einer Logik <strong>der</strong> Beweisführung als<br />

spielerisch zu verstehenden Prozessen von Entwurf und Entdeckung.<br />

Es gibt neben den Gedanken Blacks mehrere jüngere Versuche, Modelltheorie<br />

neu zu denken. Margaret Morrison und Mary S. Morgan haben hauptsächlich den<br />

autonomen Charakter von <strong>Modelle</strong>n betont. We<strong>der</strong> pure �eorie noch rein aus<br />

Daten bestehend, erlauben sie eine fortwährende, wissensgenerierende Vermittlung<br />

zwischen �eorie und Welt. 12 <strong>Visuelle</strong> Aspekte werden hier – mit einem Hauch von<br />

Neoplatonismus – vor allem als Repräsentation von Welt und �eorie verstanden.<br />

Die Beiträge in Nick Hopwoods und Soraya de Chadarevians vorzüglichem Sammelband<br />

Models. �e �ird Dimension of Science analysieren hingegen allesamt die<br />

Überkreuzungen und Wahlverwandtschaften zwischen materiellen dreidimensionalen<br />

<strong>Modelle</strong>n, Zeichnungen, Drucken und Simulationen. 13 Ein vergleichbares<br />

Interesse an <strong>der</strong> materiellen wie epistemischen Transformation von <strong>Modelle</strong>n im<br />

Medienwechsel findet sich auch im deutschsprachigen Diskurs über �eorie und<br />

Geschichte <strong>der</strong> Kulturtechniken. Bernd Mahr hat ausgehend von architektonischen<br />

Messtechniken bei Vitruv (bei dem modulus das Grundmaß als Referenzgröße zur<br />

Symmetriebildung bezeichnet) und den Entwürfen <strong>der</strong> ersten gitterförmig gerasterten<br />

Stadtpläne einen janusköpfigen, dynamischen Begriff des Modells entwickelt.<br />

Es ist »als Mittel zugleich Träger von etwas, das es mit <strong>der</strong> Anwendung auf<br />

etwas überträgt.« 14 – <strong>Modelle</strong> erzeugen also, was sie erkennen. Dieser performative<br />

Prozess ist freilich nicht ohne eine doppelte Referenz. Sie sind im Sinne Mahrs immer<br />

gleichzeitig <strong>Modelle</strong> von und <strong>Modelle</strong> für etwas. Man wird allerdings gerade im Fall<br />

visueller <strong>Modelle</strong> nach den Anteilen und Gehalten bei<strong>der</strong> Aspekte fragen müssen.<br />

Meiner Meinung nach bleibt damit auch die Frage nach dem Verhältnis <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Statik und Dynamik von <strong>Modelle</strong>n offen, das als Wi<strong>der</strong>streit zwischen Graphematik<br />

und Ikonizität zumindest für Diagramme immer im Raum steht.<br />

Man könnte also, mit Goodmans Kritik im Hinterkopf, an Black und Mahr anknüpfen.<br />

Dabei bliebe aber ein Phänomen unbeachtet, das wie kaum ein zweites<br />

die aktuelle Computerkultur, aber auch historische Beispiele bestimmt: die Simulation<br />

als neue, dominante Form <strong>der</strong> Modellierung. Virtuelle visuelle Prozesse<br />

kannibalisieren in diesem Rahmen vielleicht das klassische Modellieren, wie es<br />

noch bei Max Black kategorisiert wird. Peter Galison hat die aktuellen Praktiken<br />

<strong>der</strong> Simulation allerdings nüchtern als etwas neues, »Drittes« gegenüber den<br />

wissenschaftlichen Basisoperationen �eorie und Experiment gefasst. 15 Für eine<br />

12 Margaret Morrison, Mary S. Morgan: »Models as Mediating Instruments«. In: <strong>der</strong>s.: »Introduction«,<br />

S. 10–37; hier S. 10f.<br />

13 Soraya de Chadarevian, Nick Hopwood (Hg.): Models. �e �ird Dimension of Science,<br />

Stanford 2004.<br />

14 Bernd Mahr: »Modellieren. Beobachtungen und Gedanken zur Geschichte des Modellbegriffs«.<br />

In: Sybille Krämer, Horst Bredekamp (Hg.): Bild – Schrift – Zahl, München 2003,<br />

S. 59–86; hier S. 65. Siehe auch Bernd Mahrs Beitrag in diesem Band.<br />

15 Peter Galison: »Images of Objectivity«. Helmholtz-Vorlesung, Humboldt-Universität zu<br />

<strong>Berlin</strong>, 20. Januar 2005.

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