STRASSENBAHN MAGAZIN Juwelenjagd in Esslingen - Die unvergessene END (Vorschau)
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Mülheims Großraumwagen<br />
elektromechanische Federspeicherbremsen<br />
der Bauart Raco. In den Werkstätten von<br />
Mülheim und der EVAG erfolgte bis 1969<br />
auch den Umbau aller Wagen auf schaffnerlosen<br />
Betrieb. Der heutige Museumstriebwagen<br />
227 diente im Jahre 1964 als Prototyp<br />
für den Umbau zum E<strong>in</strong>mannwagen. Dabei<br />
entfiel der Schaffnerplatz, stattdessen erhielt<br />
der Vierachser Fahrsche<strong>in</strong>entwerter und automatisierte<br />
Türschließvorrichtungen. <strong>Die</strong><br />
Befestigung der ab Werk am rechten Türholm<br />
angebrachten vorderen l<strong>in</strong>ken E<strong>in</strong>gangstür<br />
wechselte nach l<strong>in</strong>ks, um dem Fahrpersonal<br />
bei an Haltestellen geöffneter Tür<br />
mehr Bewegungsfreiheit für den Fahrsche<strong>in</strong>verkauf<br />
zu ermöglichen. <strong>Die</strong> Armaturenbretter<br />
erhielten Piktogrammtaster, den E<strong>in</strong>bau<br />
e<strong>in</strong>er Funkanlage kennzeichnete fortan<br />
e<strong>in</strong> schwarzes „F“ auf der Fahrzeugfront.<br />
Äußerlich waren die Wagen nach der Modernisierung<br />
an dreiteiligen Streifen unterhalb<br />
der Fenster zu erkennen, die pflege<strong>in</strong>tensiven<br />
Chromleisten entfielen. Außerdem rüstete das<br />
Werkstattpersonal alle Großraumwagen mit<br />
automatischen Kupplungen der Bauart Scharfenberg<br />
aus. <strong>Die</strong>se verbanden nicht nur die<br />
Wagen, sondern gleichzeitig auch die Lichtund<br />
Bremsleitungen mite<strong>in</strong>ander. Alle Großraumbeiwagen<br />
bekamen zudem Signalan -<br />
lagen, Notbremse<strong>in</strong>richtungen und e<strong>in</strong>e elektrische<br />
Abreißbremse; der Großteil der<br />
Triebwagen erhielt e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>holmstromabnehmer<br />
der Bauart Stemmann BS 80.<br />
Am Tw 230 erprobten die Verkehrsbetriebe<br />
e<strong>in</strong>e von der Firma Hann<strong>in</strong>g & Kahl entwickelte<br />
hydraulische Federspeicherbremse;<br />
am Tw 229 testeten sie von Juli 1966 bis zum<br />
August 1972 die elektronische Fahrschaltersteuerung<br />
der Bauart Simatic. <strong>Die</strong> fünf Zweirichtungsbeiwagen<br />
bauten die Betriebe ab<br />
1963 ebenfalls auf schaffnerlosen Betrieb um.<br />
Nach E<strong>in</strong>stellung der L<strong>in</strong>ie 15 auf Oberhausener<br />
Gebiet im Jahr 1971 rüstete man sie zu<br />
E<strong>in</strong>richtungswagen um und teilte ihnen danach<br />
die Betriebsnummern 194 bis 198 zu.<br />
Weitere Beiwagen von der<br />
Bogestra und neuer Lack<br />
Wegen des Bedarfes an zusätzlichen Beiwagen<br />
kauften die Betriebe der Stadt Mülheim<br />
an der Ruhr von der Bochum-Gelsenkirchener<br />
Straßenbahn AG im Jahre 1971 fünf<br />
Großraumanhänger der Baujahre 1955/56<br />
an, die dort als Zweirichtungsfahrzeuge mit<br />
den Betriebsnummern 507 bis 509, 513 und<br />
514 e<strong>in</strong>gesetzt worden waren. Nach der Anpassung<br />
an die Mülheimer Betriebsverhältnisse<br />
und dem Umbau auf schaffnerlosen<br />
E<strong>in</strong>richtungsverkehr g<strong>in</strong>gen sie <strong>in</strong> Mülheim<br />
zwischen Juni 1972 und Januar 1973 als Wagen<br />
181 bis 185 <strong>in</strong> Betrieb. Sie unterschieden<br />
sich von den e<strong>in</strong>heimischen Wagen durch ihre<br />
Türanordnung 2-1-1 (von h<strong>in</strong>ten aus gezählt),<br />
boten 37 Sitzplätze aus Durofol-Werkstoff<br />
<strong>in</strong> Abteilform und 78 Stehplätze. An-<br />
Am 3. November 1979<br />
verlässt Tw 224 mit<br />
e<strong>in</strong>em ehema ligen<br />
Bogestra-Beiwagen<br />
die Stadtmitte am<br />
Berl<strong>in</strong>er Platz zum<br />
Uhlenhorst<br />
BERND OEHLERT<br />
Das Pr<strong>in</strong>zip des<br />
Fahrgastflusses<br />
entnahmen die<br />
Fahrgäste ab 1955<br />
den Fahrplänen<br />
SLG. BERND OEHLERT<br />
fangs waren sie noch beige lackiert, ab 1976<br />
bekamen sie die neue gelbe Farbgebung und<br />
verstärkten auf allen Mülheimer L<strong>in</strong>ien das<br />
Angebot sowohl h<strong>in</strong>ter vierachsigen Großraumwagen<br />
als auch h<strong>in</strong>ter Sechsachsern.<br />
Nach erfolgter Hauptuntersuchung kam<br />
mit Tw 222 am 1. Mai 1975 der erste Großraumtriebwagen<br />
<strong>in</strong> gelber Farbgebung auf<br />
der L<strong>in</strong>ie 13 <strong>in</strong> Betrieb. Allerd<strong>in</strong>gs wies er<br />
im Gegensatz zum im Jahre 1974 umlackierten<br />
Gelenkwagen 254 und dem <strong>in</strong>zwischen<br />
gelb lackierten Bw 198 e<strong>in</strong> gelbes<br />
Dach auf, um auch diese Farbvariante zu<br />
testen. Nach e<strong>in</strong>er Woche ließ die Betriebsleitung<br />
das Dach des Tw 222 allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong>s<br />
pflegeleichtere Grau ändern. Nach diesem<br />
Schema lackierten die Verkehrsbetriebe<br />
fortan alle Straßenbahnwagen im Rahmen<br />
von Hauptuntersuchungen entsprechend<br />
neu. Lediglich die Tw 223 und 225 sowie<br />
mehrere Großraumbeiwagen verkehrten bis<br />
zu ihrem Ausscheiden mit dem alten hellelfenbe<strong>in</strong>-farbenen<br />
Anstrich.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus erhielten alle Großraumwagen<br />
ab Ende der 1970er-Jahre neue Vordertüren<br />
mit fast bis <strong>in</strong> Fußbodenhöhe herunterreichender<br />
Verglasung.<br />
<strong>Die</strong> letzten E<strong>in</strong>satzjahre<br />
<strong>Die</strong> Tw 222 und 225 setzten die Betriebe der<br />
Stadt Mülheim bei Bedarf als Fahrschulwagen<br />
e<strong>in</strong>. Nach dem Beg<strong>in</strong>n des Umbaus der Kruppstraße<br />
auf Stadtbahnbetrieb beschränkte sich<br />
das E<strong>in</strong>satzgebiet der Vierachser ab dem<br />
7. April 1974 fast ausschließlich auf das<br />
Mülheimer Straßenbahnnetz. Nur auf der L<strong>in</strong>ie<br />
104 kamen die Wagen noch bis auf Essener<br />
Gebiet. Der Tw 225 und der Bw 187 fuhren<br />
allerd<strong>in</strong>gs im Rahmen e<strong>in</strong>er Sonderfahrt<br />
am 13. Juli 1987 durch das westliche Ruhrgebiet,<br />
hauptsächlich durch Mülheim und Essen.<br />
Im Frühjahr 1982 führte die Ruhrgebietstour<br />
sogar bis zum Hauptbahnhof von<br />
Reckl<strong>in</strong>ghausen. Der aus den frisch lackierten<br />
Tw 230 und Bw 189 gebildete Zug verkehrte<br />
an diesem Tag als e<strong>in</strong>e der vielen Abschiedsfahrten<br />
zur Vestischen Straßenbahn.<br />
Während die letzten Essener Vierachser<br />
im November 1982 den Weg des alten Eisens<br />
g<strong>in</strong>gen, schieden die Mülheimer Großraumbeiwagen<br />
ab 1981 und die Großraumtriebwagen<br />
ab 1984 aus. Nach e<strong>in</strong>em<br />
Unfall musterten die Betriebe im Mai 1984<br />
als erstes den Tw 223 aus. Im September<br />
1984 traf es dann die gelb lackierten Tw<br />
221 und 224. <strong>Die</strong> letzten beiden Großraumtriebwagen<br />
blieben bis zur Anlieferung<br />
der Niederflur-Wagenserie 201 bis 204 im<br />
Jahre 1995 <strong>in</strong> Betrieb.<br />
Den Tw 230 und die Bw 185 sowie 186<br />
gaben die Betriebe 1995 an e<strong>in</strong> im Aufbau<br />
bef<strong>in</strong>dliches Museum nach Schwerte ab. Sie<br />
kehrten später auf unerwartete Weise <strong>in</strong><br />
den Regeldienst zurück: Nach der Schließung<br />
des Museums übernahm die drei<br />
Fahrzeuge im Dezember 1998 der Straßen-<br />
<strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 8 | 2014<br />
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