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STRASSENBAHN MAGAZIN Juwelenjagd in Esslingen - Die unvergessene END (Vorschau)

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Geschichte<br />

E<strong>in</strong> Jahrzehnt nach ihrem E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> Cuxhaven entstand 1924 diese Aufnahme auf der Strecke von<br />

Moers nach Sevelen am Bahnhof Schaephuysen. Nach langer Standzeit hatten die Fahrzeuge 1921<br />

bei der Moerser Kreisbahn e<strong>in</strong>en neuen E<strong>in</strong>satzort gefunden<br />

SLG. PETER BOEHM, SLG. AXEL REUTHER<br />

6. Juli den Betrieb. <strong>Die</strong> Fahrten der als „Städtische<br />

Bahn Cux haven“ firmierenden Tram<br />

auf der mit elf Unterwegshalten ausgestatteten<br />

Strecke gerieten zum großen Erfolg. Am<br />

ersten Betriebs-Sonntag fuhren 3.000 Personen<br />

mit ihr an die Kugelbake. Ab und an seien<br />

die Wagen kurzzeitig liegengeblieben, vermerken<br />

Zeitungsnotizen und auch von<br />

e<strong>in</strong>igen Unfällen – teils zwischen zwei Triebwagen,<br />

teils mit anderen Verkehrsteilnehmern<br />

– wird berichtet. So sehen eben Alltagssorgen<br />

e<strong>in</strong>es Verkehrsbetriebes aus!<br />

Doch e<strong>in</strong> solcher „Alltag“ sollte sich <strong>in</strong><br />

Cuxhaven nicht e<strong>in</strong>stellen. Am 3. August<br />

1914 erschien e<strong>in</strong>e lapidare Bekanntmachung<br />

<strong>in</strong> der Ortspresse: „Der Betrieb der<br />

Städtischen Bahn ist auf Anordnung der<br />

Kaiserlichen Kommandantur bis auf weiteres<br />

e<strong>in</strong>gestellt worden.“ – der Erste Weltkrieg<br />

hatte begonnen.<br />

Das Betriebsende<br />

<strong>Die</strong> Anordnung der Allgeme<strong>in</strong>en Mobilisierung<br />

von Heer und Flotte am 1. August<br />

1914 bedeutete gemäß der mit der Mar<strong>in</strong>e<br />

getroffenen Vere<strong>in</strong>barung das Ende des<br />

Tramverkehrs. Am 2. August allerd<strong>in</strong>gs verkehrte<br />

die Städtische Bahn noch – geme<strong>in</strong>sam<br />

mit Kanonenzügen! Danach hieß es<br />

wieder „Kanonen statt Personen“. Zwischen<br />

Mar<strong>in</strong>e-Kommandantur und der<br />

Stadt gab es noch Differenzen über e<strong>in</strong>e verme<strong>in</strong>tliche<br />

Betriebsbereitschaft, welche<br />

während des gesamten Monats August<br />

1914 seitens der städtischen Bahn für das<br />

Militär bestanden hätte. <strong>Die</strong> Kommandantur<br />

behauptete jedoch, niemals solche<br />

<strong>Die</strong>nste beansprucht zu haben. Vor dem<br />

H<strong>in</strong>tergrund dessen, was nun die Welt bewegte,<br />

verblassten solche Fragen schnell.<br />

Nach Kriegsende setzte die Stadt auf e<strong>in</strong><br />

anderes Verkehrsmittel: Ab Dezember 1919<br />

fuhren entlang der Kanonenbahn Busse. <strong>Die</strong><br />

kle<strong>in</strong>e Bahn, deren Ausweitung durchaus <strong>in</strong><br />

Betracht gezogen worden war, konnte ihre<br />

Leistungsfähigkeit nicht unter Beweis stellen.<br />

<strong>Die</strong> Fahrzeuge der<br />

Cuxhavener Straßenbahn<br />

<strong>Die</strong> von der Schmöckwitz-Grünauer Uferbahn<br />

erworbenen drei Triebwagen waren<br />

nach dem dortigen etwa viere<strong>in</strong>halbmonatigen<br />

E<strong>in</strong>satz nahezu neuwertig. Sie boten jeweils<br />

23 Sitzplätze auf Querbänken sowie<br />

zehn bequeme Stehplätze und galten als komfortabel<br />

und laufruhig. Der 30 PS leistende<br />

<strong>Die</strong> h<strong>in</strong>tere Bühne von Tw 2 nach Betriebsaufnahme 1912 <strong>in</strong> Grünau. Über dem Fahrwerk prangt<br />

der Schriftzug der Cont<strong>in</strong>entalen Eisenbahn-Bau und Betriebsgesellschaft SLG. SIGURD HILKENBACH<br />

Benzolmotor war direkt gekuppelt mit e<strong>in</strong>er<br />

20 Kilowatt leistenden Dynamomasch<strong>in</strong>e, die<br />

Strom von 500-Watt-Klemmspannung erzeugte.<br />

E<strong>in</strong>e Edison-Akkubatterie diente der<br />

Erregung des Dynamos und der Sicherstellung<br />

der Wagenbeleuchtung im Ruhestand. <strong>Die</strong><br />

beiden auf den Achsen angebrachten Elektromotoren<br />

lieferten jeweils 20 PS.<br />

Zwar konnten die Fahrzeuge e<strong>in</strong>e Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

von 30 km/h erzielen, doch legte<br />

die Stadt für Cuxhaven 25 km/h als zulässige<br />

Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit auf der freien<br />

Strecke fest. Ansonsten lag sie <strong>in</strong> unübersichtlichen<br />

Streckenabschnitten deutlich darunter.<br />

E<strong>in</strong> Umbau der Fahrzeuge auf Oberleitungsbetrieb<br />

war im Pr<strong>in</strong>zip nach Bewährung vorgesehen.<br />

Ergänzend erfolgte die Beschaffung<br />

von zwei Beiwagen bei Falkenried.<br />

Der Betrieb mit den für 30 Personen ausgelegten<br />

Beiwagen bereitete bei der Probefahrt<br />

e<strong>in</strong>ige Schwierigkeiten. Das Protokoll<br />

verzeichnet: „<strong>Die</strong> Steigung 1:70 zwischen<br />

der Deichstrasse und Neufelderstrasse wurde<br />

nur schwer erstiegen und es ist zu befürchten,<br />

dass der Zug bei voller Besetzung<br />

stecken bleibt.“(2) Doch e<strong>in</strong> herbeigerufener<br />

Fachmann wusste Rat: Man sollte statt<br />

des billigeren Cit<strong>in</strong> besser Benzol als Brennstoff<br />

verwenden, warf er e<strong>in</strong>. Dann ließe<br />

sich dieses Problem beheben. Im Jahr 1921<br />

verkaufte die Stadt Cuxhaven den gesamten,<br />

aus diesen fünf E<strong>in</strong>heiten bestehenden Wagenpark<br />

an die Moerser Kreisbahn. Während<br />

zwei Triebwagen um 1937 aus dem<br />

Verkehr schieden, lief e<strong>in</strong>er bis 1952. E<strong>in</strong> Unfall<br />

setzte se<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>satz schließlich ebenfalls<br />

e<strong>in</strong> Ende, er wurde danach gleichfalls verschrottet.<br />

So er<strong>in</strong>nert heute an den vor 100<br />

Jahren eröffneten Cuxhavener Trambetrieb<br />

ke<strong>in</strong> Fahrzeug mehr. ANDREAS MAUSOLF<br />

Anmerkungen & Dank<br />

(1)<br />

Über die Länge gibt es unterschiedliche Angaben.<br />

In offiziellen Schriftstücken ist von 3,2 Kilometern<br />

Länge der Tramstrecke die Rede, viele andere<br />

Veröffentlichungen nennen jedoch fünf<br />

Kilometer Streckenlänge; wahrsche<strong>in</strong>lich ist<br />

damit jedoch die Gesamtstrecke der „Kanonenbahn“<br />

geme<strong>in</strong>t. <strong>Die</strong> Tram begann an der Kreuzung<br />

e<strong>in</strong>es Fußweges bei den Wasserturmanlagen<br />

am Bahnhof und endete vor dem Fort<br />

Kugelbake an der Abzweigung von der Deichtrift;<br />

(2)<br />

Zitate nach Protokollen und Schriftverkehr<br />

1913–1915, Stadtarchiv Cuxhaven; e<strong>in</strong> herzlicher<br />

Dank geht an das Stadtarchiv Cuxhaven,<br />

hier besonders an Frank Weyer;<br />

Ferner lagen weitere Unterlagen aus dem Stadtarchiv<br />

Cuxhaven, Aufzeichnungen des Autors sowie<br />

der Artikel „<strong>Die</strong> Cuxhavener Straßenbahn“<br />

von Michael Neubauer im <strong>STRASSENBAHN</strong><br />

<strong>MAGAZIN</strong> 10 vom November 1973 zugrunde.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Dank geht an Axel Reuther <strong>in</strong> Köln<br />

für se<strong>in</strong>e Unterstützung bei der Bildrecherche.<br />

74 <strong>STRASSENBAHN</strong> <strong>MAGAZIN</strong> 8 | 2014

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