Cicero Ist der Islam böse? (Vorschau)
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STIL<br />
Klei<strong>der</strong>ordnung<br />
WARUM<br />
ich trage,<br />
WAS<br />
ich trage<br />
HANNAH HERZSPRUNG<br />
Wenn ich im Kostüm stecke, mit<br />
<strong>der</strong> Kulisse hinter mir, dann<br />
kann ich gar nicht an<strong>der</strong>s, als<br />
zu spielen. Dieses stundenlange Warten<br />
in <strong>der</strong> Maske – und dann gibt <strong>der</strong> Regisseur<br />
auf einmal die Bühne frei. Manchmal<br />
ist es so leise am Set, dass man eine<br />
Stecknadel fallen hören könnte.<br />
An<strong>der</strong>s ist es in den Proben, wenn<br />
man die Perücke schon aufhat, aber nur<br />
Jeans und T-Shirt trägt. Da soll man dann<br />
auf einmal 18. Jahrhun<strong>der</strong>t spielen, große<br />
Historie. Sehr schwierig. In solchen Fällen<br />
werfe ich mir schnell einen Rock über,<br />
und sofort spiele ich an<strong>der</strong>s.<br />
Das Kostüm macht etwas mit dir. Das<br />
geht mir ja schon im Alltag so. Die Hose<br />
am Morgen und das Kleid am Abend –<br />
das sind zwei verschiedene Ichs, weil ich<br />
eine ganze an<strong>der</strong>e Haltung bekomme.<br />
Beim Kostümfilm macht es natürlich beson<strong>der</strong>s<br />
viel Spaß, die großen Szenen, die<br />
Komparsen, die Reifröcke. Diese Inszenierung,<br />
diese Komposition! Fast ist es<br />
dann schade, wenn man wie<strong>der</strong> in die<br />
Wirklichkeit zurückmuss. Und manchmal<br />
frage ich mich, warum gibt sich eigentlich<br />
nicht je<strong>der</strong> viel mehr Mühe, dieser<br />
großen Schönheit wegen?<br />
Stilikone. Wenn jemand mich so<br />
nennt, muss ich schmunzeln. Ich mach<br />
doch auch nichts an<strong>der</strong>s als alle an<strong>der</strong>en.<br />
Ich zieh mich halt an. Auf dem roten<br />
Teppich ist das im weitesten Sinne<br />
„beruflich“. Die Kleidung wirkt wie ein<br />
Schutzschild, weil man unter beson<strong>der</strong>er<br />
Beobachtung steht.<br />
Ich werfe mir also ein Kleid über<br />
und muss mir keine Gedanken mehr machen.<br />
Denken blockiert einen auch beim<br />
Spielen, in <strong>der</strong> Freiheit, in diesem Moment,<br />
wo man alles zulassen soll. Kostüm,<br />
Maske, Perücke, das hilft. Und da<br />
Hannah Herzsprung, 32, ist<br />
Schauspielerin. Im Historiendrama<br />
„Die geliebten Schwestern“ von<br />
Dominik Graf entdeckt sie ihre<br />
Liebe für den Kostümfilm neu<br />
drunter stecke dann irgendwo ich. Ganz<br />
egal, ob ich historische o<strong>der</strong> fiktive Figuren<br />
spiele. Am Schluss ist es immer die<br />
Hannah. Ich gehe nie an eine Rolle und<br />
denke, ah, das hast du auch schon mal so<br />
erlebt, das kann ich spielen. Im Gegenteil,<br />
ich glaube eher, dass das blockiert.<br />
Und wenn zu viele Gedanken da sind,<br />
macht man sich bewusst, dass man nur<br />
spielt. Ich will mich davon frei machen.<br />
Auch davon zu überlegen, ob den an<strong>der</strong>en<br />
gefällt, was sie dann auf <strong>der</strong> großen<br />
Leinwand sehen. Sonst würde ich ja ständig<br />
versuchen, irgendwas richtig machen<br />
zu wollen. Du kannst aber nichts richtig<br />
und auch nichts falsch machen. Du<br />
kannst einfach nur machen.<br />
Aufgezeichnet von SARAH-MARIA DECKERT<br />
Foto: Serge Hoeltschi / 13 Photo<br />
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<strong>Cicero</strong> – 8. 2014