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Cicero Ist der Islam böse? (Vorschau)

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KAPITAL<br />

Report<br />

Beisein des Duisburger Oberbürgermeisters.<br />

Erst als in <strong>der</strong> Stadt Kritik aufkam,<br />

kassierte die Politik die Entscheidung in<br />

diesem Sommer wie<strong>der</strong> ein.<br />

In Stendal in Sachsen-Anhalt pflegte<br />

<strong>der</strong> örtliche Sparkassenchef jahrelang<br />

und unter den Augen <strong>der</strong> Lokalpolitik<br />

seine Vorliebe für Autos. Mit skurrilen<br />

Folgen: Irgendwann war das Mini-Institut<br />

im Besitz von 40 Dienstfahrzeugen,<br />

darunter ein Oldtimer. Schließlich wurde<br />

<strong>der</strong> Vorstandschef, <strong>der</strong> zudem noch einen<br />

üppigen Weinkeller angelegt hatte,<br />

fristlos entlassen. Dagegen klagt er nun.<br />

In Görwihl in Baden-Württemberg<br />

durfte <strong>der</strong> Bürgermeister, zugleich Chef<br />

des Verwaltungsrats, eigenmächtig die<br />

Spenden verteilen. Bis auffiel, dass <strong>der</strong><br />

Spendenempfänger stets <strong>der</strong> gleiche war:<br />

das örtliche Rote Kreuz. Dessen Vorsitzen<strong>der</strong>:<br />

<strong>der</strong> Bürgermeister.<br />

Doch die Verquickung von Sparkassen<br />

und Lokalpolitik ist nur ein Problem.<br />

Ein an<strong>der</strong>es: „Die fehlende externe Kontrolle“,<br />

wie Kritiker Hilgert sagt. Externe<br />

Wirtschaftsprüfer sucht man bei Sparkassen<br />

zumeist vergeblich, den Bilanzcheck<br />

übernehmen Prüfer des regionalen<br />

Sparkassenverbands. Formal sind diese<br />

Prüfer zwar unabhängig, die mächtigen<br />

Präsidenten des Verbands aber werden<br />

wie<strong>der</strong>um von den Sparkassenvorständen<br />

auf ihre gut dotierten Posten gewählt.<br />

In Miesbach führte das dazu, dass<br />

we<strong>der</strong> die Tirolreise noch die über<br />

100 000 Euro teure Geburtstagssause<br />

für den Landrat im Prüfbericht <strong>der</strong><br />

Sparkasse auftauchten. Der bayerische<br />

Sparkassenverband möchte sich dazu<br />

nicht äußern.<br />

Der Sparkassenverband sagt zu <strong>der</strong><br />

Kritik: „Auch die besten Regeln werden<br />

menschliches Fehlverhalten nicht verhin<strong>der</strong>n<br />

können.“ Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verwaltungsräte<br />

seien zudem in großen Teilen<br />

demokratisch legitimiert, verfügten<br />

also auch über das beson<strong>der</strong>e Vertrauen<br />

<strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger vor Ort.<br />

Aber wie lange noch?<br />

Erst Anfang Juli meldete sich die Monopolkommission,<br />

das unabhängige Beratergremium<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung für<br />

Wettbewerbsfragen, mit überraschend<br />

deutlicher Kritik an den Sparkassen<br />

zu Wort. Das Regionalprinzip, wonach<br />

sich Sparkassen über die Grenzen <strong>der</strong><br />

Kommunen hinweg keine Konkurrenz<br />

Die Schuld für<br />

die Krise <strong>der</strong><br />

Sparkassen<br />

sucht <strong>der</strong> Verband<br />

überall,<br />

nur nicht im<br />

eigenen Hause<br />

machen dürfen, sei wettbewerbsrechtlich<br />

bedenklich. Dieses in <strong>der</strong> Sparkassen-<br />

DNA verankerte Prinzip diene „primär<br />

dazu, das Geschäft einzelner Sparkassen<br />

gegen wettbewerbliche Vorstöße von an<strong>der</strong>en<br />

Sparkassen zu schützen und die<br />

Gruppe insgesamt gegen ihre Wettbewerber<br />

abzuschotten“. Schlimmer noch: Die<br />

Kommission for<strong>der</strong>t eine „Beteiligung<br />

Privater an <strong>der</strong> Sparkassengruppe“ – ein<br />

Tabu, seit sich vor Jahren einzelne Bürgermeister<br />

o<strong>der</strong> Landespolitiker vergeblich<br />

daran versucht hatten, ihre Institute<br />

zu verkaufen.<br />

DIE GESETZGEBUNG wird das unabhängige<br />

Gutachten nicht unmittelbar beeinflussen,<br />

bei <strong>der</strong> traditionell sparkassenkritischen<br />

EU-Kommission aber wird<br />

man die Studie ganz genau lesen. Kein<br />

Wun<strong>der</strong>, dass <strong>der</strong> Sparkassenverband sogleich<br />

zurückkeilte und das Gutachten<br />

als „rechtlich und ökonomisch falsch“<br />

bezeichnete. Klar ist aber: Für die Sparkassen<br />

sind die fetten Jahre vorbei. Zwar<br />

stieg <strong>der</strong> Gewinn <strong>der</strong> Gruppe 2013 noch<br />

leicht an auf rund 2,1 Milliarden Euro.<br />

Aber <strong>der</strong> für den Gesamtertrag wichtige<br />

Zinsüberschuss schrumpfte bereits zum<br />

dritten Mal in Folge.<br />

Die Schuld dafür sucht <strong>der</strong> Verband<br />

aber wie<strong>der</strong> überall, nur nicht im eigenen<br />

Hause. Aktueller Lieblingsgegner ist die<br />

Europäische Zentralbank mit ihrer Niedrigzinspolitik.<br />

Die trifft die Sparkassen<br />

beson<strong>der</strong>s heftig, weil sie vielerorts mehr<br />

Kundengel<strong>der</strong> annehmen, als sie Kredite<br />

vergeben können, vor allem in strukturschwachen<br />

Regionen. Diesen sogenannten<br />

Einlagenüberhang von gut 100 Milliarden<br />

Euro müssen sie am Kapitalmarkt<br />

anlegen – genau dort, wo ohne höhere Risiken<br />

nicht mehr viel zu holen ist.<br />

Karsten Junge, Bankenexperte <strong>der</strong><br />

Beratungsfirma Consileon, sagt: „Die<br />

Sparkassen hangeln sich nur noch so<br />

durch. Aber die digitalen Angreifer nehmen<br />

ihnen Marktanteile weg.“ Und das<br />

alles bei enorm schwerfälligen Entscheidungswegen,<br />

<strong>der</strong> teuren, viel zu dichten<br />

Filial- und Verbandsstruktur mit elf<br />

Regionalverbänden und ebenso vielen<br />

Sparkassenakademien. „Die Gewinne<br />

sinken, die Kosten steigen“, schreiben zudem<br />

die Analysten des nie<strong>der</strong>ländischen<br />

Researchhauses SNL in einer gerade erschienenen<br />

Studie über Deutschlands<br />

Sparkassen. Die Zahlen <strong>der</strong> untersuchten<br />

Häuser seien „ziemlich enttäuschend“.<br />

Noch dramatischer klingt die Prognose<br />

<strong>der</strong> Beratungsfirma 4P-Consulting.<br />

Sie glaubt, dass bis 2018 nur noch 35 Prozent<br />

<strong>der</strong> Sparkassen eine wettbewerbsfähige<br />

Kosten-Ertrags-Relation vorweisen<br />

können. Der Sparkassenverband sieht<br />

das ganz an<strong>der</strong>s – dabei waren es sogar<br />

einige Sparkassen, die die Studie in Auftrag<br />

gegeben haben.<br />

Auch Bankenexperte Junge zeichnet<br />

ein düsteres Zukunftsszenario.<br />

Wenn erst einmal die Konjunktur wie<strong>der</strong><br />

schwächele und die Kreditausfälle<br />

stiegen, „dann haben wir alle Zutaten<br />

für den perfekten Sturm zusammen“.<br />

MEIKE SCHREIBER berichtet<br />

schon seit Jahren über den<br />

Sparkassensektor und beobachtet<br />

in letzter Zeit eine zunehmende<br />

Wagenburgmentalität<br />

Foto: Privat<br />

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<strong>Cicero</strong> – 8. 2014

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