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Cicero Ist der Islam böse? (Vorschau)

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TITEL<br />

<strong>Ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Islam</strong> <strong>böse</strong>?<br />

In <strong>der</strong> chaotischen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

verübt die Bru<strong>der</strong>schaft politische Morde. Ihr<br />

geistlicher Führer Hasan al Banna wird 1949 erschossen.<br />

Als Nasser mit seinen Freien Offizieren im Jahre<br />

1952 <strong>der</strong> Staatsstreich gelingt, stehen einige Muslimbrü<strong>der</strong><br />

ihnen nahe. Dennoch wird die Vereinigung<br />

1954 nach einem gegen Nasser gerichteten, den Brü<strong>der</strong>n<br />

angerechneten Attentat aufgelöst. Ihre Hauptführer<br />

werden erhängt und <strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong> leitenden<br />

Anhänger in ein Lager geschickt. An<strong>der</strong>en gelingt es,<br />

in die Königreiche des Öls zu fliehen, da diese die von<br />

Nasser mit sowjetischer Hilfe errichtete sozialistische<br />

Staatsform ablehnen.<br />

Aus dieser schwierigen Zeit stammt die Märtyrer-<br />

Legende <strong>der</strong> Muslimbrü<strong>der</strong>. Ihr Führer Sayyid Qutb<br />

begründet mit seiner eigenen Erfahrung im Staatsgefängnis,<br />

in dem Folter an <strong>der</strong> Tagesordnung war, seine<br />

Kritik am unabhängigen Staat, spricht ihm jeglichen<br />

muslimischen Charakter ab. Er ruft zu dessen Bekämpfung<br />

auf wie einstmals <strong>der</strong> Prophet. Mohammed wollte<br />

das sündige und götzendienerische Mekka zerstören,<br />

um aus den Ruinen den ursprünglichen islamischen<br />

Staat wie<strong>der</strong> aufzurichten. In seinem Manifest „Meilensteine“<br />

– dem „Was tun?“ <strong>der</strong> islamistischen Bewegung<br />

– for<strong>der</strong>t Sayyid Qutb den bewaffneten Kampf<br />

gegen die „ungläubigen“ Regierungen, die aus <strong>der</strong> Unabhängigkeitsbewegung<br />

entstanden sind. Nasser lässt<br />

ihn 1966 erhängen.<br />

Die furchtbare Nie<strong>der</strong>lage Ägyptens aber gegen<br />

Israel während des Sechstagekriegs im Juni 1967 ruiniert<br />

Nassers Ansehen. Die Muslimbrü<strong>der</strong> sehen darin<br />

ein Strafgericht Allahs über den sündigen Pharao,<br />

<strong>der</strong> Qutb verfolgen ließ. Nachfolger Sadat schenkt den<br />

Brü<strong>der</strong>n die Freiheit. Zugleich instrumentalisiert er<br />

sie, um die linken und weltlichen Aktivisten aus den<br />

Universitäten und Gewerkschaften vertreiben zu können.<br />

Sie verleihen dem „gläubigen Präsidenten“ eine<br />

ebenso wertvolle wie paradoxe Legitimität. Letztlich<br />

ist es ihre Unterstützung, die Sadat in die Lage versetzt,<br />

mit Israel ein Friedensabkommen zu schließen<br />

und den jüdischen Staat anzuerkennen – für die Muslimbrü<strong>der</strong><br />

eine teuflische Gräueltat. Die Unterzeichnung<br />

des Friedensvertrags lässt sie denn auch in den<br />

entschlossenen Wi<strong>der</strong>stand gegen Sadat eintreten. Eine<br />

ihr nahestehende radikale Gruppierung ermordet ihn<br />

im Oktober 1981. Danach prägt Gewalt die Beziehungen<br />

zwischen amtierenden Regierungen und islamistischen<br />

Organisationen. Man erkennt somit seit den Anfängen<br />

dieser Bewegung ihre Ambivalenz, das Ausmaß<br />

ihrer Kompromissbereitschaft mit den Feinden ihrer<br />

Feinde, selbst wenn das Endziel die Errichtung eines<br />

islamistischen Staates bleibt.<br />

Dennoch entsteht dieser nicht in Ägypten, wo Mubarak<br />

Nachfolger Sadats wird. Die islamische Revolution<br />

bricht stattdessen 1978 im Iran aus. Sie wird<br />

Ajatollah Chomeini an die Macht bringen. Diese Revolution<br />

ist nur im geringen Maße von <strong>der</strong> Doktrin <strong>der</strong><br />

Mohammed wollte<br />

das sündige Mekka zerstören,<br />

um den islamischen<br />

Staat aus Ruinen<br />

wie<strong>der</strong> aufzurichten<br />

Muslimbrü<strong>der</strong> beeinflusst und eher dem Schiismus zuzurechnen.<br />

Der Klerus spielt eine tragende Rolle. Seine<br />

Hierarchie funktioniert fast wie eine Revolutionspartei<br />

leninistischer Art, um den Schah zu stürzen und nach<br />

und nach alle Gegner <strong>der</strong> Theokratie zu eliminieren.<br />

Von Anfang an bedroht dieser schiitische radikale <strong>Islam</strong>,<br />

allen Hasstiraden gegen den „großen Satan“ in<br />

Übersee zum Trotz, eher die konservativen sunnitischen<br />

Regierungen <strong>der</strong> nahen Arabischen Halbinsel,<br />

vor allem die saudische Dynastie. Auf <strong>der</strong>en Bitte hin<br />

beginnt <strong>der</strong> sunnitische Führer Saddam Hussein, von<br />

westlichen Mächten umhegt, 1980 den Irak-Iran-Krieg,<br />

den „Ersten Golfkrieg“. Er dauert acht Jahre. Beide<br />

Län<strong>der</strong> bluten aus, die iranische Expansion wird gebremst,<br />

kann jedoch im Libanon mit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong><br />

Hisbollah innerhalb <strong>der</strong> schiitischen Gemeinschaft Fuß<br />

fassen. Diese bewaffnete Bewegung wird zu Teherans<br />

Arm gegen die westlichen Interessen und gegen Israel.<br />

Während <strong>der</strong> Krieg zwischen dem sunnitisch<br />

regierten Bagdad und dem schiitischen<br />

Teheran in den achtziger Jahren<br />

kein Ende findet, entsteht in Afghanistan<br />

eine neue Front des <strong>Islam</strong>ismus. An Weihnachten 1979<br />

war die Rote Armee einmarschiert. Sunnitische afghanische<br />

Kämpfer, denen sich „internationale dschihadische<br />

Brigaden“ überwiegend aus Algerien, Ägypten, Saudi-<br />

Arabien und dem Pakistan anschließen, führen einen<br />

Guerillakrieg gegen die sowjetischen Truppen. Der afghanische<br />

Dschihad ist das symbolträchtigste Ereignis<br />

des bewaffneten <strong>Islam</strong>ismus am Ende des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

Der Rückzug <strong>der</strong> UdSSR Anfang 1989 verleiht<br />

ihm enormes Ansehen und kündigt nebenbei den Zusammenbruch<br />

<strong>der</strong> sowjetischen Welt an; die Berliner<br />

Mauer fällt am 9. November. Dieser neue <strong>Islam</strong>ismus<br />

wird von <strong>der</strong> CIA ausgestattet und von den sunnitischen<br />

Ölmonarchien <strong>der</strong> Golfregion finanziert.<br />

Letztere schlagen so zwei Fliegen mit einer<br />

Klappe: Sie helfen bei <strong>der</strong> Zerschlagung des Kommunismus<br />

und gebärden sich noch radikaler islamistisch<br />

als <strong>der</strong> revolutionäre Iran. Um sich als Herold <strong>der</strong> gekränkten<br />

islamischen Welt zu profilieren, wird Chomeini<br />

am 14. Februar 1989 die berühmte Fatwa gegen<br />

Salman Rushdie erlassen. Der Roman „Die satanischen<br />

19<br />

<strong>Cicero</strong> – 8. 2014

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