Cicero Ist der Islam böse? (Vorschau)
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SALON<br />
Bibliotheksporträt<br />
ZWAR NOCH AM LEBEN.<br />
DOCH LEIDER<br />
Der Humorist und Autor Herbert Feuerstein liebt die<br />
amerikanische Literatur, zerstritt sich einst mit Thomas Bernhard,<br />
erfand „Lechz“ und „Hechel“ und schreibt seine Autobiografie<br />
Von BJÖRN EENBOOM<br />
Eigentlich bleibt die Tür zur Bibliothek verschlossen. Hoch oben in einem<br />
vollbepackten Ärztehaus <strong>der</strong> Kölner Vorstadt residiert in einem nicht<br />
einsehbaren Penthouse <strong>der</strong> „am besten versteckte große Künstler des deutschen<br />
Humorgewerbes“, wie es die Süddeutsche Zeitung einmal formulierte.<br />
Herbert Feuerstein gilt als scheu. Er macht keine Homestorys. Ein Fotograf<br />
in den eigenen vier Wänden ist ein Fall für den Kammerjäger, gibt Feuerstein<br />
zu. Umso offener heißt er den Gast willkommen und kredenzt Pu-<br />
Erh-Tee auf <strong>der</strong> geräumigen Dachterrasse: „Das ist ein Schanghaier Snobtee.<br />
Man muss den ersten Aufguss weggießen und dann noch mal etwas warten.<br />
Für diese Teezeremonie habe ich aber gerade nicht das richtige Kostüm.“<br />
So bekannt, wie das Fernsehen ihn mit Sendungen wie „Schmidteinan<strong>der</strong>“,<br />
„Pssst“ o<strong>der</strong> „Was bin ich?“, oft an <strong>der</strong> Seite Harald Schmidts, auch<br />
machte, so wenig misst er dem medialen Ruhm Bedeutung bei. „Ich habe<br />
mich immer als Schreibenden gesehen. Nicht als Literaten, <strong>der</strong> sich ergießen<br />
kann, son<strong>der</strong>n als Handwerker, vom Journalismus geprägt.“<br />
Aufgewachsen in den vierziger Jahren in Salzburg, lernte Feuerstein<br />
rasch lesen. „Es gab eine fürchterliche Begegnung mit einem entsetzlichen<br />
Judenbuch, einem Hassbuch für Kin<strong>der</strong>. Tenor war die Parallele zur Tierwelt:<br />
So wie es Nutztiere und Schädlinge gibt, gibt es gute und schlechte Menschen.<br />
Meine Eltern waren Nazis, ich bin notgedrungen damit konfrontiert<br />
worden. Das führte zu einem lebenslangen Konflikt mit dem Vater.“ Das<br />
erste Buch, das Feuerstein begeistert in <strong>der</strong> Nachkriegszeit las, war Mark<br />
Twains „Die Abenteuer des Tom Sawyer“. Das Jugendabenteuer wurde <strong>der</strong><br />
Beginn einer tiefen Verbundenheit zur amerikanischen Literatur.<br />
In <strong>der</strong> väterlichen Bibliothek entdeckte er Alexandre Dumas. „Neben<br />
dem ‚Graf von Monte Christo‘ schrieb Dumas bizarre Geschichten. ‚Akte,<br />
die Sklavin Neros‘ blieb mir in Erinnerung. Es enthält Zeichnungen halb<br />
nackter Mädchen. Damit hat mich mein Vater erwischt und den Dumas<br />
weggesperrt. Ich habe aber den Schlüssel gefunden und mir das komplette<br />
Werk angelesen. Noch in <strong>der</strong> Vorpubertät!“, sagt Feuerstein fast triumphierend,<br />
erhebt sich, verschwindet in <strong>der</strong> Abstellkammer, kehrt mit einer Leiter<br />
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<strong>Cicero</strong> – 8. 2014