Cicero Ist der Islam böse? (Vorschau)
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Fotos: Airbnb (4), Leslie Williamson, Martin Lengemann (Autorin)<br />
„Der Reisende<br />
sucht nicht das große<br />
Abenteuer, son<strong>der</strong>n<br />
Authentizität, Überschaubarkeit,<br />
Idylle<br />
und Verdaulichkeit“<br />
Dirk Schümer, Autor<br />
Momente dienen nachgebaute Lieblingsräume<br />
aus aller Welt.<br />
Die Grün<strong>der</strong> verwendeten nicht nur<br />
Listings als Vorbil<strong>der</strong> für ihre neuen<br />
Büroräume. Gerade wird in „Dr Strangelove“<br />
ein potenzieller neuer Mitarbeiter<br />
interviewt, <strong>der</strong> Raum ist eine Nachbildung<br />
<strong>der</strong> Filmkulisse. Im „Nerds-Room“,<br />
einem Zimmer, das aussieht, als könnte<br />
man unter den Chaos-Schichten aus technischem<br />
Spielzeug und Klei<strong>der</strong>n einen<br />
Teenager ausgraben, treffen sich Techies<br />
zum Ideenaustausch.<br />
Im Prinzip hat man bei Airbnb<br />
schon immer in Wohnungen gearbeitet.<br />
Das erste Büro war die WG von<br />
Brian Chesky und Joe Gebbia, bestehend<br />
aus drei Schlafzimmern und einem<br />
Wohnzimmer. Da <strong>der</strong> Platz für die<br />
bald 18 Mitarbeiter knapp bemessen<br />
war, fanden Konferenzen im Treppenhaus<br />
statt, für Interviews schloss man<br />
sich im Bad ein.<br />
DAS ARBEITEN IN Wohnatmosphäre<br />
passt zur Start-up-Szene. Privates, Öffentliches<br />
und Berufliches zerfließen<br />
hier zu einem Vorgang. Im Silicon Valley<br />
sagt kaum jemand „Office“ zu seinem<br />
Arbeitsplatz. Überall ist vom „Campus“<br />
die Rede, so als sei man noch an<br />
<strong>der</strong> Universität. Das hat den positiven<br />
Effekt, dass Arbeitnehmer sich so fühlen,<br />
als lernten sie hier mehr als dass<br />
sie arbeiten.<br />
Bei Airbnb wird das Essen in verschiedenen<br />
Küchen und Restaurants zubereitet,<br />
es gibt zwar kein Bällebad wie<br />
bei Google, aber dafür Yoga. Reinigungen<br />
und Schuster arbeiten so eng mit <strong>der</strong><br />
Tech-Branche zusammen, dass die meisten<br />
Mitarbeiter in ihrem eigenen Zuhause<br />
nur noch schlafen. Der negative Effekt<br />
liegt auf <strong>der</strong> Hand: Die Mitarbeiter leben<br />
zunehmend isoliert. Das Geld, das<br />
sie verdienen, tragen sie nicht mehr in<br />
die Viertel, in denen sie leben. Wer kauft<br />
schon beim Bäcker um die Ecke, wenn er<br />
morgens im firmeneigenen Shuttle-Bus<br />
mit Brötchen versorgt wird?<br />
Auf <strong>der</strong> Webseite des Portals sammelt<br />
Airbnb begeisterte Geschichten<br />
von Gästen und Gastgebern. Je<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
teilnimmt, kann hier jeden beurteilen –<br />
Transparenz ist alles. So kann man sich<br />
als Benutzer ein ziemlich deutliches Bild<br />
davon machen, was einen als Reisen<strong>der</strong><br />
erwartet. Doch natürlich gibt es längst<br />
auch Schreckensgeschichten, die nur in<br />
<strong>der</strong> Presse auftauchen: Der Fall eines<br />
Gastgebers etwa, dem die Wohnung auseinan<strong>der</strong>genommen<br />
wurde, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> einer<br />
Filmcrew, die ein Apartment für den<br />
Dreh eines Softpornos gemietet hatte.<br />
Vermieter ärgern sich längst darüber,<br />
dass ihre Mieter aus den Wohnungen<br />
zusätzliches Geld machen, einigen<br />
wurde mit Kündigungen gedroht. Auch<br />
viele Hotels in den 34 000 Städten beäugen<br />
den Newcomer skeptisch. Auflagen<br />
und Abgaben, zum Beispiel die Mehrwertsteuer<br />
o<strong>der</strong> Hygieneanfor<strong>der</strong>ungen,<br />
die Hotels leisten, gelten nicht für die<br />
private Vermietung auf Zeit.<br />
In New York befürchtete <strong>der</strong> Generalstaatsanwalt<br />
jüngst einen Missbrauch<br />
von Sozialwohnungen und verklagte<br />
Airbnb auf die Herausgabe von Daten<br />
über die Vermieter. Airbnb gewann.<br />
Im Berliner Büro zeigt man sich<br />
nicht beunruhigt von eventuellen<br />
Maßnahmen <strong>der</strong> Hotelindustrie. „Wir<br />
nehmen den Hotels nichts weg“, sagt<br />
Christopher Ce<strong>der</strong>skog, <strong>der</strong> Regional<br />
Manager, „unsere Listings liegen nicht<br />
in den klassischen Touristenbezirken,<br />
und wir ermöglichen eine ganz an<strong>der</strong>e<br />
Art zu reisen. Wir sehen uns da nicht<br />
als Konkurrenz. Im Gegenteil: Wir bereichern<br />
den Tourismus.“<br />
100 Menschen, die sie lieben, hat<br />
Airbnb auf jeden Fall längst gewonnen.<br />
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<strong>Cicero</strong> – 8. 2014