Cicero Ist der Islam böse? (Vorschau)
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STIL<br />
Report<br />
Der Gastgeber und sein Gast:<br />
Marco Giammatteo vermietet<br />
über Airbnb ein Zimmer seiner<br />
Wohnung in Rom. Besucher<br />
führt er regelmäßig zum kleinen<br />
Markt seines Bezirks Regola.<br />
Auch Kochen bedeutet Gastfreundschaft:<br />
Spontane Abendessen<br />
auf <strong>der</strong> Terrasse ergeben<br />
sich fast immer<br />
Stellen Sie sich vor, Sie fahren in den<br />
Urlaub und kommen nach Hause.<br />
Okay, nicht in Ihr Zuhause. Aber<br />
in das von jemand an<strong>der</strong>em, einem wildfremden<br />
Menschen, in dessen freiem Zimmer<br />
o<strong>der</strong> dessen Bett Sie schlafen. Vielleicht<br />
lädt er Sie am Abend zu einem Glas<br />
Wein auf seiner Couch ein und erzählt<br />
Ihnen etwas über das Viertel, in dem er<br />
lebt, vielleicht macht er Ihnen am nächsten<br />
Morgen Frühstück. Das ist das Konzept<br />
des Internet-Buchungsportals Airbnb.<br />
„Entdecke die Welt, mit je<strong>der</strong> Reise<br />
ein bisschen mehr“, mit diesem Satz<br />
wirbt Airbnb um Kunden. Kein Pauschaltourismus<br />
in <strong>der</strong> weltweiten Luxuskette,<br />
son<strong>der</strong>n radikal individuelles Reisen in<br />
Wohnungen, die so unterschiedlich sind<br />
wie die Menschen, die in ihnen leben.<br />
Statt Standards Überraschungen. Statt<br />
Personal Bewohner.<br />
Bei Airbnb kann man Stockbetten<br />
in Gemeinschaftszimmern schon von<br />
15 Euro an buchen, man findet ausgeklappte<br />
Sofas von Rio bis Rügen. Kontaktfreudige<br />
Gastgeber werden mit<br />
Alleinreisenden vernetzt, die ebenfalls Gesellschaft<br />
suchen. O<strong>der</strong> man bucht gleich<br />
eine ganze Unterkunft: Die Miniwohnung<br />
am Prenzlauer Berg ist für 38 Euro pro<br />
Nacht zu haben, für ein New Yorker Loft<br />
muss man mindestens 250 Dollar zahlen.<br />
Es gibt Landhäuser, Villen und Wohnwagen<br />
in allen preislichen Kategorien, mit<br />
o<strong>der</strong> ohne Gastgeberkontakt. Es kann allerdings<br />
vorkommen, dass man während<br />
eines Aufenthalts eine Katze füttern o<strong>der</strong><br />
Blumen gießen muss. Gemeinsam ist all<br />
den 600 000 Räumlichkeiten in aller Welt,<br />
die auf airbnb.com zur Miete angeboten<br />
werden, nur eins: Im Alltag werden sie<br />
von jemandem bewohnt.<br />
Utopien sind die Voraussetzung für<br />
den Erfolg von Start-up-Unternehmen.<br />
Sie gehören zur Grün<strong>der</strong>legende, die<br />
zur Inspiration von Kunden und Mitarbeitern<br />
erzählt wird. Im Fall des Buchungsportals<br />
geht sie so: Der Vermieter<br />
von Brian Chesky und Joe Gebbia<br />
erhöhte eines Tages die Miete dramatisch.<br />
Die beiden ehemaligen Design-Studenten<br />
konnten sich ihre WG in San Francisco<br />
nicht mehr leisten. Doch da sie wussten,<br />
dass gerade eine große Design-Messe anstand,<br />
bei <strong>der</strong> die Hotels <strong>der</strong> Stadt chronisch<br />
ausgebucht waren, kamen sie auf<br />
eine Idee: Sie kauften drei Luftmatratzen,<br />
legten sie auf dem Boden im Wohnzimmer<br />
aus und warben um Übernachtungsgäste<br />
mit einer Webseite, die ihr Freund<br />
Nathan Blecharczyk für sie baute.<br />
Die beiden hatten Leute in ihrem<br />
Alter erwartet, Studenten, Berufsanfänger,<br />
Mitte zwanzig vielleicht. Stattdessen<br />
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<strong>Cicero</strong> – 8. 2014