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Cicero Ist der Islam böse? (Vorschau)

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zurück, steigt empor und greift zum Buch: „Nun näherte sich Sabina <strong>der</strong><br />

Herrin, die sich nicht mehr weigerte, son<strong>der</strong>n selbst die Klei<strong>der</strong> abzustreifen<br />

begann. Eine Hülle nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en sank zu ihren Füßen, bis sie nackt und<br />

errötend dastand wie eine schamhafte Venus …“ Lachend steigt er herab.<br />

In <strong>der</strong> linken Hälfte <strong>der</strong> Bücherwand steht englischsprachige Literatur.<br />

Kürzlich hat Feuerstein Sylvia Plaths „Die Glasglocke“ wie<strong>der</strong>entdeckt.<br />

Auch Biografien haben es ihm angetan. Wie jene über Emanuel Schikane<strong>der</strong>.<br />

„Die Faszination an Biografien wächst, wenn man älter wird. Man zieht Vergleiche<br />

und freut sich, wenn jemand noch mehr gelitten hat als man selber.<br />

Das Einzige, worum ich diese Leute beneide, ist, dass sie schon tot sind.“<br />

In <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Bibliothek befinden sich die Werke befreundeter Autoren,<br />

Romane von Else Buschheuer, Bernhard, Jelinek. Auf Thomas Bernhard<br />

traf Feuerstein früh. Nach <strong>der</strong> Schule führte ihn <strong>der</strong> Weg ans Mozarteum<br />

in Salzburg, wo er Klavier, Cembalo und Komposition studierte. Bernhard<br />

nahm Unterricht in Schauspielkunst und Dramaturgie: „Ich habe Bernhard<br />

auf <strong>der</strong> Bühne gesehen. Er spielte alte Männer. Da war er <strong>der</strong> Gütige, <strong>der</strong><br />

Märchenkönig. Ich habe ihn sehr vor Augen als Schauspieler.“<br />

Die Bekanntschaft zu Bernhard nahm aber ein jähes Ende. An Feuersteins<br />

Abschiedsabend, ehe er für die nächsten zehn Jahre in sein New<br />

Yorker Exil entschwand, parodierte er 1960 Bernhards Gedichte – in dessen<br />

Anwesenheit. Ein <strong>böse</strong>r Disput entstand, beim drauffolgenden Treffen<br />

in einem Café kam es zum Bruch. „Ich habe ihn dann zufällig wie<strong>der</strong>gesehen,<br />

auf <strong>der</strong> Kärntner Straße in Wien, drei Jahre vor seinem Tod. ‚Servus<br />

Feuerstein, was machst’n?‘, fragte Bernhard. ‚Ja, nix. Und du?‘, entgegnete<br />

ich. ‚Gar nix.‘ Das waren Bernhards letzte Worte.“<br />

Rechts im Bücherschrank befinden sich Bücher, die mit ihm zu tun haben.<br />

Aus seiner Zeit als Leiter beim Pardon-Verlag Bärmeier & Nikel o<strong>der</strong><br />

Auftragsbücher, etwa die deutsche Übersetzung von Yoko Onos „Grapefruit“,<br />

o<strong>der</strong>, mittig thronend, die legendären Mad-Magazine, die er als Chefredakteur<br />

bis 1992 betreute. Die von ihm geschaffenen sogenannten Inflektive<br />

wie „Lechz“, „Hechel“, „Würg“ wurden Bestandteil <strong>der</strong> Jugendkultur.<br />

Neben dem für Inflektive formulierten „Erikativ“ zu Ehren <strong>der</strong> Micky-<br />

Maus-Übersetzerin Erika Fuchs müsste es längst einen „Herbativ“ geben.<br />

Ganz ohne Fernsehen geht es nicht. Feuerstein holt eine Dichterlesung<br />

mit dem Autor Wolfgang Bauer. Die Künstler tourten mit dem Gedichtband<br />

„Das stille Schilf“, vor über 40 Jahren. In Berlin produzierte <strong>der</strong> Rias<br />

eine Aufnahme. Darauf zu sehen ist in Schwarz-Weiß ein schlaksiger, langhaariger<br />

Feuerstein, <strong>der</strong> die Lesung an einer kleinen Orgel furios begleitet.<br />

Der Tee ist getrunken, die Dachterrasse menschenleer. Feuerstein steckt,<br />

wie er sagen würde, knöcheltief in <strong>der</strong> Arbeit an seiner Autobiografie. „Die<br />

neun Leben des Herrn F.“ wird Anfang Oktober erscheinen. Ob dem leidenschaftlichen<br />

Hobbypiloten das Schreiben wohl so rasant von <strong>der</strong> Hand geht<br />

wie ein Aufstieg in die Lüfte? „Nein, ich bin immer kurz vor dem Absturz.“<br />

BJÖRN EENBOOM schätzt wie Herbert Feuerstein die amerikanische Literatur<br />

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<strong>Cicero</strong> – 8. 2014

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