Cicero Ist der Islam böse? (Vorschau)

DER
FROMME
BETRUG
Kunst und Geld sind
verschwistert, leugnen es
aber gern. Die Geschichte
einer Schizophrenie
Von RALF HANSELLE
Fotos THOMAS MEYER
Manchmal wird der Riss sichtbar. Der Riss, der sich
hier durch Pflastersteine hindurchzieht und durch
die Klinkerfassade einer alten Kondensatorenfabrik.
Zuweilen verläuft er auch quer über die Straße –
durch Bordstein und Pfützen und zerplatzten Asphalt. Berlin
hat sich an den Riss gewöhnt. Längst gehört er mit dazu;
wie eine Narbe, die nur manchmal noch schmerzt. Die einstige
Teilstadt, die immer noch wird, was sie nicht mehr ist,
scheint sich provisorisch vernäht zu haben. Hier, an der
Lehderstraße in Weißensee aber platzen alle Nähte wieder
auf. Hier wächst aus ihren Tiefen das Unkraut, und in der
Verfugung der Häuser sitzt trockenes Moos.
Der Maler Jonas Burgert hat solch einen Riss bewohnbar
gemacht, mitten zwischen Industriestümpfen und einer
heruntergekommenen Kleinbürgersiedlung. Hier hat der
44‐Jährige sein Atelier. Früher produzierte in der Halle das
VEB Isolierstoffwerk Hartgewebeplatten und Kopplungsgeneratoren.
Jetzt hängen hier großformatige Bilder mit rätselhaften
Motiven.
Manchmal wirken sie wie Ansichten zu einem verschollenen
Mythos, manchmal wie eine letzte Apokalypse von
Hieronymus Bosch. Archaisch sind im Kern die Figuren,
knallig und schrill aber viele der Farben.
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Cicero – 8. 2014