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Inhalt I. Rechtsquellen und Funktionen des Strafprozessrechts2 II ...

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Prof. Dr. Hans Kudlich StPO Überblicksskript, S. 35<br />

∗ Gefahr der Befangenheit<br />

Problemschwerpunkt<br />

Leitlinien der Rechtsprechung zum Deal im Strafverfahren<br />

(vgl. inbs. BGHSt 50, 40; 43, 195)<br />

Absprachen im Strafverfahren sind nicht per se unzulässig., müssen aber grds.<br />

durch Verständigung in der Hauptverhandlung <strong>und</strong> unter Mitwirkung aller Beteiligten<br />

stattfinden (bei Kontaktaufnahme außerhalb Hauptverhandlung muss<br />

die Offenlegung in Hauptverhandlung erfolgen). Das Ergebnis muss als wesentliche<br />

Förmlichkeit im Protokoll niedergelegt werden.<br />

Durch Absprachen wird das Gericht nicht von der Ermittlungspflicht entb<strong>und</strong>en<br />

(auch nicht bei einem Geständnis). Es ist unzulässig, die Absprachebereitschaft<br />

<strong>des</strong> Angeklagten durch die Drohung mit einer ansonsten höheren Strafe<br />

zu „erpressen“. Zudem dürfen keine festen Zusagen gemacht werden (aber es<br />

dürfen Strafobergrenzen genannt werden, die bindend sind, wenn keine neuen<br />

Gesichtspunkte auftauchen). Bei der Setzung solcher Obergrenzen sind allgemeine<br />

Strafzumessungserwägungen zu berücksichtigen, wobei nicht negativ<br />

gewertet werden soll, dass ein Geständnis im Rahmen einer Verständigung<br />

erfolgte.<br />

Das Gericht darf im Rahmen einer Absprache weder an der Erörterung eines<br />

Rechtsmittelverzichts mitwirken noch auf einen solchen hinwirken. Die Vereinbarung<br />

eines Rechtsmittelverzichts ist unzulässig <strong>und</strong> wirkungslos. Unabhängig<br />

davon, ob eine solche Vereinbarung getroffen wurde, kann der Angeklagte aber<br />

nach der Verkündung <strong>des</strong> Urteils wirksam auf Rechtsmittel verzichten, wenn er<br />

zuvor darüber belehrt wurde, dass er in jedem Fall (also unabhängig von einem<br />

eventuell vereinbarten Verzicht) Rechtsmittel einlegen kann (sog. qualifizierte<br />

Belehrung). Eine solche qualifizierte Belehrung ist nach jedem auf eine Urteilsabsprache<br />

ergehenden Urteil zu geben (unabhängig davon, ob ein Rechtsmittelverzicht<br />

vereinbart wurde oder nicht). Fehlt sie, so ist ein erklärter Rechtsmittelverzicht<br />

in jedem Fall unwirksam.<br />

• Risiko der Nichteinhaltung der Absprache liegt beim Angeklagten;<br />

neuere Rspr aber: ohne schwerwiegende neue Umstände Bindung <strong>des</strong><br />

Gerichts;<br />

∗ falls Deal „fehlschlägt“, keine Verwendung <strong>des</strong> Geständnisses zur<br />

Beweisführung (wohl aber Honorierung bei Strafzumessung)<br />

∗ denkbare Folgen bei „fehlgeschlagenem Deal“ (i.e. noch sehr str.):<br />

• Prozesshindernis?<br />

• Beweisverwertungsverbot?<br />

• Strafmilderung?<br />

Vertiefende Hinweise:<br />

a) Lesenswerte Entscheidungen<br />

− BGHSt 50, 40 (Entscheidung <strong>des</strong> Großen Strafsenats) mit Anm. Salinger,<br />

JuS 2006, 8, <strong>und</strong> Mosbacher, JuS 2006, 39 sowie zum vorangehenden Vorlagebeschluss<br />

<strong>des</strong> 3. Strafsenats Kudlich, JuS 2006, 84<br />

− BGHSt 36, 119 ([Fall Weimar] zur Frage der unzulässigen Erweiterung der<br />

Öffentlichkeit entgegen § 169 S. 2 GVG)<br />

− BGHSt 2, 14 (zur Frage, ob schlafender Richter Revisionsgr<strong>und</strong> ist)<br />

− BGHSt 18, 257; 19, 101 (zur Verletzung der gerichtlichen Fürsorgepflicht<br />

im Zusammenhang mit Rechtsmittelverzicht)<br />

− BGHSt 42, 191 m. Anm. Beulke/Satzger, JuS 1997, 1072 ff.<br />

− BGHSt 43, 195-212 (zur Zulässigkeit einer Verständigung im Strafverfahren<br />

[„Deals“]) m. Anm. Hermann, JuS 1999, 1162 ff.<br />

− BGHSt 45, 227 m. Anm. Satzger, JuS 2000, 1157 ff.<br />

− BGHSt 48, 161 (zur Glaubhaftigkeit <strong>des</strong> Geständnisses eines Mitangeklagten<br />

bei Absprachen)<br />

− BGH NStZ 2003, 563 m. Anm. Schlothauer, StV 2003, 481 (zur fehlenden<br />

Bindung einer zugesagten Strafobergrenze durch das Gericht ohne Abstimmung<br />

mit der Staatsanwaltschaft sowie zum Verdacht der Befangenheit wegen<br />

einer solchen Absprache)<br />

− BGH NStZ 2005, 160 mit Anm. Kudlich, JuS 2005, 381 (negative Beweiskraft<br />

<strong>des</strong> Protokolls <strong>und</strong> Selbstleseverfahren beim Urk<strong>und</strong>sbeweis)<br />

b) Aufsätze<br />

− Artkämper, NJW 1998, 409 (Verständigung im Strafverfahren)

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