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Religion und Offenbarung - Orient-Institut Beirut

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Martin Rösel<br />

Bileam: Die wandernde Prophezeiung<br />

Mit meinen Überlegungen möchte ich anknüpfen an die Ausführungen, die Joachim<br />

Kügler bei unserem ersten Treffen in Wittenberg vorgetragen hat. Ich zitiere dazu<br />

aus der Zusammenfassung seines Beitrages, wie sie uns von Dr. Abd-Elsalam <strong>und</strong><br />

Prof. Leder übersandt worden ist:<br />

„Die Bibel ist deshalb Heilige Schrift, weil sie die <strong>Offenbarung</strong> Gottes in Jesus<br />

<strong>und</strong> in der Geschichte Israels bezeugt, aber sie ist nicht selbst <strong>Offenbarung</strong>.<br />

Deshalb gilt von der Heiligen Schrift, dass sie menschliches Zeugnis der<br />

göttlichen <strong>Offenbarung</strong> ist. Wer sich um dieses Zeugnis bemüht, muss sich um<br />

den menschlichen Text mühen.“<br />

In der Diskussion über Herrn Küglers Beitrag war zudem darauf hingewiesen<br />

worden, dass besonders im Bereich der wissenschaftlichen Forschung am Alten<br />

Testament auch die Erkenntnisse der Archäologie eine wichtige Rolle spielen. Denn<br />

menschliche Texte, um diesen Ausdruck aufzunehmen, haben je für sich eigene<br />

Aussageabsichten, wollen eine bestimmte Sicht der Geschichte oder einzelner<br />

Ereignisse konstruieren, andere Sichtweisen dadurch zurückdrängen oder<br />

destruieren. Doch in vielen Fällen ist es durch archäologische Erkenntnisse möglich,<br />

zumindest einen Teil der Geschichte hinter den Geschichten zu rekonstruieren.<br />

Zwar wird das in manchen Kreisen der christlichen Glaubensgemeinschaften als<br />

Angriff auf die Autorität der Heiligen Schrift verstanden, die dann mit mühsamen<br />

Hilfskonstruktionen im Sinne von „Die Bibel hat doch Recht“ gerettet werden soll 1 .<br />

Doch es ist meine feste Überzeugung, dass – ganz im Sinne dessen, was Herr Kügler<br />

„Aufklärungsexegese“ genannt hat – wir das Profil der biblischen Texte viel genauer<br />

fassen können, wenn uns ihre historischen <strong>und</strong> materialen Verstehensvoraussetzungen<br />

deutlich sind. Das möchte ich in diesem Beitrag darstellen, wobei<br />

ich mit Bileam ein Beispiel gewählt habe, das das Oberthema „<strong>Offenbarung</strong>“<br />

aufnimmt. Doch zunächst der derzeitige Forschungshintergr<strong>und</strong>:<br />

Das neue Bild der <strong>Religion</strong>sgeschichte Israels durch die Archäologie<br />

Zwei klassische Beispiele mögen illustrieren, was die Archäologie zum Verständnis<br />

biblischer Texte beitragen kann: Zu den frühen wichtigen Ergebnissen der älteren<br />

Palästina-Archäologie gehörte die Erkenntnis, dass es eine militärische<br />

1<br />

Zur Diskussion um diese Fragen vgl. z.B. SABINE HÜTTIG, Archäologie versus Textforschung? Einige<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen zum Verhältnis von Archäologie <strong>und</strong> Text am Beispiel der Erforschung<br />

von Khirbet Qumran. In: JÖRG FREY (Hg.): Qumran <strong>und</strong> die Archäologie. Texte <strong>und</strong> Kontexte.<br />

Tübingen 2011 (WUNT II, 278), 101–118, auch: DIETER VIEWEGER, Text <strong>und</strong> (Be-)F<strong>und</strong>. Archäologie<br />

<strong>und</strong> Exegese als Geschichtswissenschaften. In: ebd., 73–99.<br />

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