Religion und Offenbarung - Orient-Institut Beirut
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Die Organisation des Arbeitskreises wäre ohne das Interesse <strong>und</strong> die Unterstützung<br />
von Theologen in Deutschland nicht zustande gekommen (siehe Teilnehmerliste am<br />
Ende dieses Bandes).<br />
Der Arbeitskreis „Episteme der Theologie interreligiös“ fragt nach dem<br />
wissenschaftstheoretischen <strong>und</strong> methodologischen Zusammenhang zwischen den<br />
Theologien. Auch wenn die F<strong>und</strong>amente <strong>und</strong> Begründungen für die Bekenntnisse,<br />
der Glaube <strong>und</strong> die von ihm induzierte Praxis stets präsent bleiben, geht es doch in<br />
erster Linie um einen Dialog der Theologien, der sich auf das konzentriert, was aus<br />
vergleichbaren <strong>und</strong> doch unterschiedlichen Gr<strong>und</strong>lagen im Hinblick auf die<br />
intellektuelle Vergegenwärtigung des Glaubens resultiert.<br />
Das erste Treffen zum Thema Schrift, Tradition <strong>und</strong> Dogma hatte vom 9. – 11.<br />
Dezember 2011 an der Stiftung Leucorea in der Lutherstad Wittenberg<br />
stattgef<strong>und</strong>en. Die Beiträge <strong>und</strong> die ertragreiche Diskussion liegen bereits<br />
dokumentiert vor (OIB 2012).<br />
Die erheblichen Unterschiede in den theologischen Auffassungen <strong>und</strong><br />
Herangehensweisen treten auch zum Thema <strong>Offenbarung</strong> <strong>und</strong> <strong>Religion</strong> deutlich<br />
hervor, nicht nur in der inner-christlichen Differenzierung, sondern besonders im<br />
islamisch-christlichen Vergleich. Der Textbezug auf die <strong>Offenbarung</strong>sschrift steht<br />
für die hier zu Wort kommenden islamischen Theologen an erster Stelle. Auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage der Realität <strong>und</strong> Gültigkeit eines sprachlich vermittelten <strong>Offenbarung</strong>sgeschehens<br />
bleibt die offenbarte Verlautbarung die wichtigste <strong>und</strong> in der Regel<br />
direkt zugängliche Referenz für alle Theologumena. Dabei werden Kernfragen, wie<br />
Verständnis <strong>und</strong> Autorität (Hasan ash-Shafi’i), Authentizität <strong>und</strong> innere Struktur<br />
der <strong>Offenbarung</strong>saussagen (Al-Qasabi Zalat) <strong>und</strong> die Ableitung der Glaubensinhalte<br />
(Abd el-Aziz Saif an-Nasr) demonstrativ auf diese Weise abgehandelt. Eine etwas<br />
andere Dimension erhält die Diskussion mit der Frage nach der Kontinuität der<br />
<strong>Offenbarung</strong> (Sonia Lotfy). Den Erkenntnisressourcen der modernen Philosophie,<br />
Geschichte <strong>und</strong> Archäologie bieten die deutschen Beiträge Raum. Sie entfalten eine<br />
vom historischen <strong>Offenbarung</strong>sgeschehen abstrahierende Theologie. Die<br />
Behandlung des Verhältnisses von <strong>Offenbarung</strong> <strong>und</strong> <strong>Religion</strong> aus der Perspektive<br />
der <strong>Religion</strong>skritik (Reinhold Bernhardt), die Forderung einer geschichtsbewussten<br />
Hermeneutik, welche die Spielarten des abendländischen Denkens in die Deutung<br />
der Schrift einbezieht (Karlheinz Ruhstorfer), die Auseinandersetzung mit dem<br />
Projektionscharakter der <strong>Religion</strong>, aus dem die Neubewertung des<br />
alttestamentlichen Begriffs der Heiligkeit hinausführt (Joachim Kügler) <strong>und</strong> die<br />
Auseinandersetzung mit den in biblischen Texten beschriebenen <strong>Offenbarung</strong>sakten,<br />
die erst durch nachträgliche Deutung erlebter Ereignisse ein <strong>Offenbarung</strong>s-<br />
Verständnis etablieren (Martin Rösel), bieten Einblick in das zeitgenössische<br />
theologische Denken in Deutschland.<br />
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