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Religion und Offenbarung - Orient-Institut Beirut

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<strong>und</strong> Herrscher der Geschichte geben kann 4 . Wieder bereichert diese aus<br />

archäologischen Daten gewonnene Einsicht unser Bild von der <strong>Religion</strong> Israels<br />

erheblich. Denn es wird die immense Transformationsleistung deutlich, durch die<br />

sich die polytheistischen Nationalreligionen der Bruderstaaten Israel <strong>und</strong> Juda im<br />

Gespräch mit <strong>und</strong> in Abgrenzung von den sie umgebenden Kulturen zur<br />

monotheistischen, universal ausgerichteten <strong>Religion</strong> Israels entwickelt haben.<br />

Bileam: <strong>Offenbarung</strong> im Ostjordanland I: Deir Alla<br />

Israel gehört zwar heute zu den archäologisch am besten erforschten Gebieten der<br />

Welt. Doch es gibt ein schmerzliches Manko, denn bisher wurden kaum Texte aus<br />

alttestamentlicher Zeit gef<strong>und</strong>en. Das unterscheidet Israel von Nordsyrien oder<br />

Mesopotamien, wo mit Keilschrift beschriebene Tontafeln auch feuchtes Klima<br />

überdauerten, oder von Ägypten, wo das trockene Wüstenklima Papyri <strong>und</strong><br />

Inschriften konservierte. Einige kreative Ansätze, dieses Problem zu lösen <strong>und</strong><br />

biblische Berichte durch angeblich gef<strong>und</strong>ene Texte zu bestätigen, wurden in den<br />

letzten Jahren als Fälschung entlarvt 5 . In der alttestamentlichen Forschung hat<br />

dieser Negativbef<strong>und</strong> bei manchen Exegeten zu der Annahme geführt, dass die<br />

biblischen Texte sämtlich spät entstanden sind, zumeist erst nach dem<br />

babylonischen Exil als Identifikationstexte des sich neu formierenden Israels.<br />

Extrempositionen gehen gar davon aus, dass das gesamte AT als im Wesentlichen<br />

hellenistisches Produkt zu verstehen sei 6 .<br />

Zu den Glücksfällen der Archäologie gehört nun aber ein F<strong>und</strong>, der dieses Bild<br />

nachhaltig in Frage stellt. Denn auf einer 1967 im jordanischen Tell Deir Alla<br />

(biblisch: Sukkot) gef<strong>und</strong>enen Inschrift wird eine "Schrift (sefer) Bileams, des Sohnes<br />

Beors, des Sehers der Götter" erwähnt 7 . Diese Schrift war auf den Wandverputz<br />

eines Gebäudes geschrieben, das später eingestürzt ist, so dass die Inschrift<br />

konserviert wurde. Die Funktion des Gebäudes ist nicht mehr ganz klar; es diente<br />

vielleicht als Versammlungsstätte oder Schulraum 8 . Die Inschrift ist in einem frühen<br />

4<br />

Dazu MATTHIAS ALBANI, Der eine Gott <strong>und</strong> die himmlischen Heerscharen. Zur Begründung des<br />

Monotheismus bei Deuterojesaja im Horizont der Astralisierung des Gottesverständnisses im Alten<br />

<strong>Orient</strong> (ABG 1), Leipzig 2000.<br />

5<br />

So etwa der Granatapfel mit dem Hinweis auf den Tempel in Jerusalem, die sog. Joasch-Inschrift<br />

oder das Ossuar des Herrenbruders.<br />

6<br />

Aus der weiten Literatur zum Thema sei nur erwähnt: NIELS PETER LEMCHE, Die Vorgeschichte<br />

Israels. Von den Anfängen bis zum Ausgang des 13. Jahrh<strong>und</strong>erts v. Chr. (Biblische Enzyklopädie 1),<br />

Stuttgart 1996.<br />

7<br />

TUAT II, 138-148; J. HOFTIJZER <strong>und</strong> G. VAN DER KOOIJ, Aramaic Texts from Deir Alla, DMOA 19,<br />

Leiden 1976. Zur Interpretation vgl. etwa HANS-PETER MÜLLER, Einige alttestamentliche Probleme<br />

zur aramäischen Inschrift von Dēr ‛Allā, ZDPV 94 (1978), 56-67; ders., Die aramäische Inschrift von<br />

Deir ‛Allā <strong>und</strong> die älteren Bileamsprüche, ZAW 94 (1982), 214-244.<br />

8<br />

So RUDOLF WENNING <strong>und</strong> ERICH ZENGER, Heiligtum ohne Stadt - Stadt ohne Heiligtum?<br />

Anmerkungen zum archäologischen Bef<strong>und</strong> des Tell Dēr ‛Allā ", ZAH 4 (1991) 171-193. Deutlich ist, dass<br />

in dem Gebäude typische Elemente von Sakralarchitektur <strong>und</strong> -ausstattung fehlen, vgl. auch ERHARD<br />

BLUM, Die Kombination I der Wandinschrift vom Tell Deir ‛Alla. Vorschläge zur Rekonstruktion mit<br />

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