PDF Download (11,7 MB) - Michael Siffrin
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Warum und wozu Sozialcurricula<br />
(gerade jetzt hier im Hochwald und hier am Hochwald-Gymnasium?)<br />
Thesenpapier<br />
von <strong>Michael</strong> Hahn, langjähriges aktives Mitglied der Eltern-AG<br />
1. Sozialer Wandel im Hochwald in<br />
den letzten Jahren:<br />
Wertewandel: Verbindliche Ordnungen<br />
und Normen existieren in<br />
vielen Bereichen nicht mehr. Die<br />
bäuerliche Kultur und somit auch die<br />
alte Dorfstruktur mit gegenseitiger<br />
Unterstützung sind weitgehend verschwunden.<br />
Das Christentum spielt<br />
im Tagesbewusstsein in der Werteordnung<br />
kaum noch eine Rolle. Wenn vor<br />
60 Jahren der Pastor von der Kanzel<br />
verkündete, ab wann sexuelle Kontakte<br />
erlaubt seien, war dies oberstes<br />
Gebot. Heute hört da auch dann keiner<br />
mehr hin, wenn denn ein Pastor<br />
es noch wagt, dazu etwas zu sagen<br />
und zufällig jemand der Betroffenen<br />
in der Kirche ist.<br />
Diese Entwicklung, dieses Wegbrechen<br />
alter Strukturen, ist in vieler Hinsicht<br />
sicher positiv zu bewerten. Andererseits<br />
ist damit ein bisher Sicherheit<br />
gebender Boden mit weg gebrochen.<br />
Die Industriekultur bröckelt z.B. ebenfalls.<br />
Eine neue Halt gebende Werteorientierung<br />
entwickelt sich langsam.<br />
Viele sind orientierungslos, überlastet<br />
und überfordert angesichts vehement<br />
geforderter Individualisierung und<br />
manchmal brutalst erhobenen Forderungen<br />
nach Autonomie. Beides trifft<br />
viele völlig unvorbereitet.<br />
Wegbrechen alter gesellschaftlicher<br />
Strukturen: Sie geben den Anschein<br />
einer „Offenen Gesellschaft“. Aber wie<br />
kann sich der einzelne im Dschungel<br />
der Möglichkeiten orientieren? Bei der<br />
geforderten Individualisierung überfordern<br />
die hohen Anforderungen an<br />
soziale und kommunikative Fähig-<br />
84<br />
keiten die einzelnen Menschen - auch<br />
wenn das „Bildungsniveau“ in den<br />
letzten Jahrzehnten anscheinend rasant<br />
gestiegen ist. Man vergleiche nur<br />
die Zahl der Abiturienten vor 40 Jahren<br />
und heute.<br />
Macht und Omnipräsenz der Medien:<br />
der neueste Stand der Medien hat<br />
natürlich auch im Hochwald Einzug<br />
gehalten mit den entsprechenden<br />
Chancen und Gefahren. Ich kann<br />
weltweit kommunizieren - mit all<br />
den damit gegebenen Möglichkeiten,<br />
weiß aber oft nicht mehr wie ich mit<br />
meinem Nachbarn sprechen kann.<br />
Ich schließe mich ein in meine Computerspiele,<br />
wkw - Aktivitäten, Facebook,<br />
TV Konsum usw. Ursprüngliche<br />
Sinneserfahrungen gehen verloren. In<br />
der Schule vermittelte Werte spielen<br />
da oft kaum eine Rolle, vermittelter<br />
Lernstoff bleibt unverdaut, bleibt<br />
Halbwissen.<br />
Radikaler Wandel der Familienstrukturen:<br />
es sei hier nur das Beispiel der<br />
Patchwork Familien genannt. Auch<br />
hier gehen Sicherheiten, alte Bindungsstrukturen,<br />
oft auch Selbstbewusstsein<br />
und Selbstwert verloren<br />
und werden oft durch nichts ersetzt.<br />
Damit sei nichts gegen diese Entwicklung<br />
gesagt, mit der der Wandel der<br />
letzten Jahre und Jahrzehnte auch<br />
hier im Hochwald deutlich wird. Dazu<br />
kommt die heute gerade auch hier<br />
anzutreffende finanzielle Notsituation,<br />
oft Folge einer katastrophalen<br />
wirtschaftlichen Entwicklung im hiesigen<br />
Bereich. Allein dadurch sind z.B.<br />
Alleinerziehenden härteste Grenzen<br />
aufgebürdet.<br />
Enormer Umbruch in Betrieben, bei<br />
Selbstständigen, insgesamt in der<br />
Wirtschafts- und Arbeitswelt: auch<br />
hier sind alte Strukturen weg gebrochen.<br />
Während zu anderen Zeiten<br />
absoluter Gehorsam, Unterwürfigkeit,<br />
Überanpassung, Dressur gefordert<br />
war, liest sich der Anforderungskatalog<br />
zum Beispiel der westdeutschen<br />
Handwerkskammer erheblich anders:<br />
neben der natürlich erwarteten fachlichen<br />
Kompetenz hohe Anforderung<br />
an die persönliche Kompetenz (Zuverlässigkeit,<br />
Lern- und Leistungsbereitschaft,<br />
Ausdauer, Durchhaltevermögen,<br />
Belastbarkeit, Sorgfalt,<br />
Gewissenhaftigkeit, Konzentrationsfähigkeit,<br />
Verantwortungsbereitschaft,<br />
Selbstbewusstsein, Fähigkeit zu Kritik<br />
und Selbstkritik, Kreativität, Flexibilität)<br />
und an soziale Kompetenz<br />
(Kommunikationskompetenz, Kooperations-<br />
und Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit,<br />
Höflichkeit und Freundlichkeit,<br />
Toleranz).<br />
Dazu kommt, dass es weiterhin Mischformen<br />
im Anforderungsprofil gibt. Es<br />
kommt durchaus vor, dass Unterwürfigkeit,<br />
Überanpassung und ein hoher<br />
Grad an Autonomie gleichzeitig gefordert<br />
wird. Die entsprechen Konflikte<br />
sind vorprogrammiert und führen<br />
dann nicht selten zu vorzeitiger Arbeitsunfähigkeit,<br />
Hartz IV, vorzeitiger<br />
Berentung (was für manche ein Glück<br />
sein kann und ist).<br />
2. Welche Konsequenzen hat das für<br />
das HWG?<br />
Hier im Hochwald ist auf den verschiedensten<br />
Gebieten ein Neuanfang not-