Ausgabe 1/2011 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Die überforderten Athleten<br />
Von Anno Hecker<br />
Sie sind Spitzensportler? Auch noch Weltmeister? Sie<br />
waren bei <strong>Olympische</strong>n Spielen dabei und haben eine<br />
Goldmedaille gewonnen? Wer als Sportsfreund einmal<br />
bei einer zufälligen Fragestunde "Bürger trifft Athlet" dabei<br />
war, geht guten Mutes nach Hause. Trotz all der Horrorgeschichten,<br />
der bewiesenen systematischen Betrügereien,<br />
Manipulationen und Bestechungen im Weltsport: Erfolgreiche<br />
Sportler genießen offenbar immer noch einen guten Ruf in<br />
der Bevölkerung. Im geschilderten Beispiel fehlte nur noch<br />
der Kniefall. Warum eigentlich?<br />
Dem Sportler war die Ehrerbietung peinlich. Dem<br />
Autogramm-Wunsch wollte er sich entziehen. Natürlich gab<br />
es doch eines, mit Widmung für den Sohn. Aber später, privat,<br />
dann auch diesen Nachsatz: "Ich werde nie so richtig verstehen,<br />
dass Menschen von mir Autogramme wollen, ein Gekritzel,<br />
dass man ohnehin nicht lesen kann. Was machen die<br />
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damit?" So ergeht es nicht nur diesem - zugegeben - eher<br />
unbekannten Olympioniken. Auch Stars von Weltruhm fragen<br />
nicht mehr groß nach. Sondern tun dann doch, was man von<br />
ihnen verlangt. Michael Schumacher schreibt seinen Namen<br />
auf fast jeden hingehaltenen Pappkarton: "Wenn es ihnen<br />
denn Freude macht."<br />
Die dokumentierte Nähe zum Star ist der Trumpf des Unbekannten.<br />
Verknüpft mit der Hoffnung, etwas abzubekommen<br />
vom Glanz, vom Erfolg, von der Einzigartigkeit dieses herausragenden<br />
Individuums. Denn wie wird uns der Olympiasieger<br />
oder Sportheld denn seit Generationen vorgeführt? Doch<br />
nicht nur als Meister aller Irdischen in seiner Disziplin, sondern<br />
als perfektes Modell, frei von menschlichen Fehlern. Es<br />
ist kein Zufall, dass die erfolgreiche Besteigung des Olymps<br />
direkt zum Sitz des Göttervaters Zeus führt. Das mag übertrieben<br />
klingen in unserer aufgeklärten Welt. Aber was sehen