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Ausgabe 1/2011 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Soziologen, Politologen und Wirtschaftswissenschaftler<br />

loben den Verein als ideale intermediäre Instanz, die<br />

zwischen dem Individuum in seiner Privatheit und dem<br />

Staat mit dessen gewünschter Öffentlichkeit vermittelt. Die<br />

freiwillige Vereinigung mit dem Namen Verein wird dabei als<br />

Einübungsinstanz für demokratische Tugenden gesehen. Das<br />

was eine Demokratie im positiven Sinne auszeichnet, kann im<br />

Verein gelernt und erfahren werden. Jugendsprecher, Mitgliedsversammlung,<br />

demokratische Wahlen, Delegierungsprinzipien<br />

von unten nach oben, Mandate auf Zeit, alles was eine<br />

gute Demokratie auszeichnet, lässt sich in den Organisationen<br />

des Sports finden, die auf der Idee des Vereins gründen. Der<br />

Verein ist die Versammlungsidee<br />

für die Basis des Sports,<br />

für die mehr als 90.000 Turnund<br />

Sportvereine, er ist das<br />

Organisationsmodell für die<br />

mittlere Ebene, für die Lan-<br />

dessportbünde, für die Sportkreise<br />

und die Sportbezirke.<br />

Er beeinflusst aber auch die<br />

Strukturen der nationalen<br />

Fachverbände und des <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Olympische</strong>n Sportbundes.<br />

Aus einer demokratie-theoretischen<br />

Sicht sind dies<br />

ideale Sachverhalte. Die<br />

Organisationen des Sports<br />

sind geradezu ein Musterbeispiel<br />

für die Demokratie.<br />

Betrachten wir jedoch das<br />

institutionelle Handeln der<br />

Sportorganisationen etwas<br />

genauer, so kann durchaus<br />

bezweifelt werden, ob dieses<br />

demokratie-theoretische<br />

Ideal der Sache des Sports<br />

nützt, und ob es auch wirklich<br />

so zum tragen kommt, wie man es sich theoretisch<br />

wünscht. Ja es muss vielleicht sogar die Frage gestellt werden,<br />

ob der Sport für seine Weiterentwicklung neue Organisationsmodelle<br />

benötigt, die nicht der Idee der freiwilligen<br />

Vereinigung verpflichtet sind. Schon seit längerer Zeit ist zu<br />

beobachten, dass die Mitgliederversammlungen an der Basis<br />

daran leiden, dass immer weniger Mitglieder der Vereine an<br />

ihnen teilnehmen. Immer schwieriger wird es, im Sinne einer<br />

lebendigen Demokratie, wichtige Positionen über eine echte<br />

Wahl zu besetzen. Immer häufiger kommt es zu bloßen<br />

Ernennungen. Die Parlamente des Sports haben oft lediglich<br />

nur noch zu applaudieren. Eine Diskussion über verschiedene<br />

Optionen, ein Ringen um Mehrheiten, das Akzeptieren von<br />

Minderheitsvoten, all dies kommt immer seltener vor. Die<br />

Demokratierituale sind an der Basis erstarrt. Man darf sich<br />

24<br />

deshalb auch kaum wundern, warum es so schwierig ist,<br />

junge Menschen für verantwortliche Positionen der ehrenamtlichen<br />

Führung in den Vereinen zu finden.<br />

Sehr viel gravierender und wesentlich problematischer sind die<br />

Verhältnisse in den Dachorganisationen des Sports. Im Gegensatz<br />

zur Basis lässt sich dort eine aktive Mitgliedschaft beobachten.<br />

So sind in der Regel fünfzehn bis zwanzig Landesverbände<br />

die Mitglieder eines deutschen Fachverbandes. Sie<br />

werden repräsentiert durch ihre Präsidenten, die so genannten<br />

Landesfürsten, und diese stellen das Parlament einer Sportart<br />

dar. Gemäß der Satzung fast aller Fachverbände nehmen diese<br />

Demokratie im Sport<br />

hat ihren Preis - vor<br />

allem, wenn es um<br />

die Leistungsspitze<br />

geht Von Helmut Digel<br />

Landesfürsten für sich in Anspruch, die Geschicke eines nationalen<br />

Sportfachverbandes zu bestimmen, die wesentlichen<br />

Fragen zu diskutieren und im Sinne eines Aufsichtsrats die<br />

gewählten Repräsentanten, das Präsidium des jeweiligen<br />

Verbandes, zu überwachen und gegebenenfalls zu sanktionieren.<br />

Diese eigenartigen Parlamente tagen in der Regel zweibis<br />

dreimal pro Jahr. Bei jeder dieser Sitzungen steht das<br />

gewählte Präsidium eines Fachverbandes auf dem Prüfstand.<br />

Arbeitsprogramme werden abgesegnet, der Haushalt ist zu<br />

diskutieren und festzulegen, über die Vergabe von Meisterschaften<br />

wird entschieden, und im Sinne einer unendlichen<br />

Geschichte wird darüber debattiert, was Aufgaben der Landesverbände<br />

sind und was die Aufgaben des nationalen Spitzenfachverbandes<br />

sein sollten. Neben den Landesverbandspräsidenten<br />

ist die gesamt Exekutive, einschließlich der Hauptamt-

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