Ausgabe 1/2011 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Ser Miang Ng ist in Singapur höchst angesehen. Der 61jährige<br />
Geschäftsmann und Diplomat steht unter anderem<br />
einem Medienkonzern vor, im Sport des Stadtstaates<br />
laufen alle Drähte bei ihm zusammen. 1998 wurde er in das<br />
Internationale <strong>Olympische</strong> Komitee (IOC) gewählt, schon sieben<br />
Jahre später schaffte er es in dessen Exekutivkomitee. 2009<br />
stieg er zum Vizepräsidenten auf. Seine besonderen Erfolge<br />
bestehen darin, die Formel 1 und die ersten <strong>Olympische</strong>n<br />
Jugendspiele nach Singapur geholt zu haben. Diese nahm der<br />
Botschafter seines Landes für Norwegen und Ungarn an einem<br />
der Augusttage 2010 zum Anlass, einmal ganz undiplomatisch<br />
unmissverständlich zu werden. Bei einem Essen, zu dem er<br />
seine asiatischen IOC-Kollegen eingeladen hatte, sagte er: Alle<br />
Asiaten müssen zusammenhalten. Die Zukunft liegt auf unserem<br />
Kontinent. Wir müssen die Vormacht Europas brechen.<br />
Asien hat das Recht, künftig den IOC-Präsidenten zu stellen.<br />
Der Sportanführer Ser Miang Ng hat für seine Ansprüche<br />
einige gute Gründe. Der mit vier Milliarden Menschen volkreichste<br />
Kontinent hat Anlauf genommen, das 21. Jahrhundert<br />
zu seinem Jahrhundert zu machen. Angetrieben von der<br />
kommenden Supermacht China und dem mächtig nach vorn<br />
drängenden Indien stehen gewaltige Umwälzungen bevor,<br />
mit einer Neuverteilung von Einfluss und Reichtum unter<br />
neuen Regeln und wohl auch anderen Werten. Dies wird zu<br />
Lasten des Westens gehen, der die letzten Jahrhunderte<br />
dominiert hat. Die Zusammensetzung der "G-Länder" gibt<br />
einen Hinweis darauf. Bei Gründung der G6 hatten sich 1975<br />
mit den USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien<br />
und Italien die sechs größten Industrienationen zusammengetan.<br />
Kanada (1976) und Russland (1998) kamen hinzu. Aus<br />
der G8 entstand 2003 die G20 als Gruppe der wichtigsten<br />
Industrie- und Schwellenländer. Die Europäische Union (EU)<br />
ist darin nach wie vor mit nur vier Ländern vertreten.<br />
Der Sport ist ein Teil der Verschiebung des Gravitationszentrums<br />
vom Westen hin zum Osten. Die Zusammensetzung der<br />
Parlamente des internationalen Sports verändern sich,<br />
zugleich auch ihr Abstimmungsverhalten und die Methoden<br />
zur Schaffung von Überlegenheit. Dabei hilft die magnetische<br />
Anziehungskraft der asiatischen Märkte. Fußball, Formel 1,<br />
Tennis, Golf, Leichtathletik und Radsport erhalten immer neue<br />
Standorte. Die olympische Vorherrschaft von Europa gegenüber<br />
Asien schmilzt, das 16:3 bei Sommer- und das 14:2 bei<br />
Winterspielen dokumentiert ebenso eine Vergangenheitsform<br />
wie das 11:2 bei der Ausrichtung von Fußball-Weltmeisterschaften,<br />
das vor Katars unheimlichem Sieg um die WM 2022<br />
noch ein 11:1 war. Unberücksichtigt sind bei diesem Vergleich<br />
die gegenwärtig schwächelnde westliche Vormacht USA und<br />
die aufstrebenden Kontinente Südamerika und Afrika. Sie<br />
haben ein Wörtchen mitzureden, wenn es um die nächsten<br />
großen Kraftproben des internationalen Sports geht: Die<br />
Präsidentenwahl des Fußball-Weltverbandes FIFA im Juni, die<br />
Vergabe der <strong>Olympische</strong>n Winterspiele 2018 im Juli, die<br />
Nachfolge des Belgiers Jacques Rogge als IOC-Präsident 2013.<br />
18<br />
Von Günter Deister<br />
Asien - die neue<br />
IOC und FIFA markieren in den Weltverbänden die Pole<br />
parlamentarischer Formen für Entscheidungsfindungen. Das<br />
IOC ist eine Mischform aus Demokratie und Autokratie, seine<br />
persönlichen Mitglieder sucht es sich selbst aus. Die gegenwärtig<br />
109 Olympier kommen aus 78 der 205 Länder mit<br />
anerkannten Nationalen <strong>Olympische</strong>n Komitees (NOK), sie<br />
sind überwiegend geprägt durch Tätigkeiten in der Wirtschaft.<br />
Die Schweiz mit fünf und Großbritannien und Italien<br />
mit je vier Mitgliedern bringen die größten Gewichte ein in<br />
die Vollversammlung. Die Unabhängigkeit der maximal 115<br />
Mitglieder steht nur noch auf dem Papier. Als olympische<br />
Botschafter in ihren Ländern sollen sie vorrangig den Interessen<br />
des IOC dienen. Tatsächlich bedienen sie immer auch<br />
und nicht selten vor allem ihr eigenes Interesse, das ihres<br />
Landes, ihres Verbandes, ihres Kontinents oder das von