Ausgabe 1/2011 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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sche Sportpolitik, die den Versuch machte, seine Interessen zu<br />
koordinieren und weltweit zu vertreten, ist nicht in Sicht.<br />
Stattdessen konkurrieren nationale Interessen heftiger denn<br />
je. Dies ist nur insofern verständlich, als Asien und auch die<br />
anderen Kontinente immer stärker und mit zunehmendem<br />
Erfolg auf Teilhabe am großen Sport und seiner gewachsenen<br />
Bedeutung für Wirtschaftskraft, Selbstdarstellung und<br />
Prestige drängen. Die Verteilungsmasse ist für Europa<br />
dadurch kleiner geworden.<br />
Auch Asiens Sport wirkt weniger durch Abstimmung untereinander<br />
als neue Weltmacht, als vielmehr durch die Summe<br />
seiner einzelnen Kraftfelder. China geht dabei als Einzelkämpfer<br />
voran und erringt seine Siege durch ein Zusammenspiel<br />
von politischer Diktatur und praller Wirtschaftskraft, nationale<br />
Erweckung ist ganz starker Antrieb. Die Erfolge können sich<br />
sehen lassen: <strong>Olympische</strong> Spiele 2008 in Peking, 2010 Asienspiele,<br />
2014 <strong>Olympische</strong> Jugendspiele, 2015 Leichtathletik-<br />
Weltmeisterschaften, dazu Welttitelkämpfe in anderen olympischen<br />
Sportarten. Als großes Ziel gelten <strong>Olympische</strong> Winterspiele<br />
2022 im bereits zweimal gescheiterten Bewerber<br />
Harbin und die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer. Zu<br />
Chinas Nachteil ging die <strong>Ausgabe</strong> 2022 an Katar - das macht<br />
eine WM im Reich der Mitte erst ab 2026 möglich.<br />
"Sich Freunde schaffen" - unter diesem politischen Motto<br />
verbreitert auch der chinesische Sport seine Basis und hat<br />
dafür seinen größten Freund in Hein Verbruggen gefunden.<br />
Der war den Chinesen für die Peking-Spiele als kritikloser<br />
IOC-Aufseher zu Diensten - und ist mit ihnen nun richtig gut<br />
ins Geschäft gekommen. Der 69 Jahre alte Niederländer<br />
nennt das "ein olympisches Vermächtnis schaffen". Durch<br />
seine Initiative werden in Chinas Metropole schon im September<br />
erstmals "Kampfspiele" stattfinden, mit 1200 Athleten<br />
und 13 Sportarten. Neben asiatischen Spezialitäten wie<br />
Aikidu, Jiu Jitsu, Karate, Kendo, Kickboxen, Sambo, Sumo und<br />
Wushu sollen auch die olympischen Sportarten Boxen, Judo,<br />
Ringen und Taekwondo zur Austragung kommen. Ebenfalls<br />
schon für dieses Jahr plant Verbruggen in China "Mindgames"<br />
für Schach, Bridge und andere Spiele des Wissens und Verstandes.<br />
Zu seinem Angebot "für einen großen Markt" gehören<br />
zudem "Beach Games" mit Fußball auf Sand und Beachvolleyball.<br />
Um Verbruggens Wirken vollständig zu erklären, muss seine<br />
Präsidentschaft im Internationalen Radsportverband UCI von<br />
1991 bis 2005 hervorgehoben werden, also zu einer Zeit, als<br />
der Radsport ungebremst in die Hochzeit der Dopingverseuchung<br />
steuerte. 1996 beförderte ihn IOC-Präsident Juan<br />
Antonio Samaranch in den Olympia-Orden, richtig Karriere im<br />
IOC durfte der Niederländer unter seinem belgischen Freund<br />
Rogge machen. 2007 stieg Verbruggen zum Vorsitzenden der<br />
Vereinigung von 83 Sportverbänden (ASOIF) auf, die zusammen<br />
den jährlichen "SportAccord" betreiben, eine Messe des<br />
Sports mit weltweiter Vernetzung. Warum der Geschäfts-<br />
20<br />
mann Verbruggen nach den Spielen in Peking seine Mitgliedschaft<br />
im IOC beendete, ist ein von Gerüchten umwittertes<br />
Geheimnis. Tatsächlich jedoch ist Verbruggen zu einem der<br />
großen Strippenzieher im Weltsport aufgestiegen.<br />
Indiens Bedeutung im Sport geht nicht einher mit dem<br />
politischen und wirtschaftlichen Aufbruch dieses Schwellenlandes.<br />
Ausdruck dafür waren die eher missglückten Asienspiele<br />
im vergangenen Jahr in Neu Delhi. Japans Sport ist ein<br />
asiatisches Kraftwerk, das nach seiner Niederlage gegen Katar<br />
um die Fußball-WM 2022 augenblicklich auf Reserve läuft,<br />
aber nach der Wahl des Austragungsorts für die Winterspiele<br />
2018 wieder auf Touren kommen könnte. Sollte das südkoreanische<br />
Pyeongchang gegen München verlieren, stünden<br />
die Aktien der japanischen Metropole für die Sommerspiele<br />
2020 hoch im Kurs. 2009, als Tokio gegen Rio de Janeiro das<br />
Rennen um Olympia 2016 verlor, war Asien noch nicht wieder<br />
an der Reihe. Vier Jahre später spricht vieles für den<br />
größten Kontinent, zum vierten Mal seit 1896 olympischer<br />
Gastgeber zu werden.<br />
Falls München die übernächsten Winterspiele für sich<br />
gewinnt, steht ein Kampf Japans gegen Südkorea bevor,<br />
denn dann wird auch Daegu, in diesem Jahr Ausrichter der<br />
Leichtathletik-Weltmeisterschaften, an den Start gehen. Das<br />
zeigt erneut die innerasiatische Rivalität zwischen dem<br />
etablierten, ungeliebten Japan und seinem benachbarten<br />
Aufsteiger. Südkorea zeichnet sich aus durch eine hohe<br />
Aggressivität seiner Bemühungen, betrieben von einer Allianz<br />
aus Politik und Wirtschaft. Wie eng sie ist, machte der Fall<br />
des Samsung-Paten Kun Hee Lee offenbar. Der wegen Wirtschaftskriminalität<br />
verurteilte Milliardär wurde im vergangenen<br />
Jahr von Südkoreas Staatspräsidenten mit der Aufforderung<br />
begnadigt, sich nun wieder für Pyeongchangs Kandidatur<br />
stark zu machen. Prompt stattete Rogges IOC sein suspendiertes<br />
Mitglied wieder mit allen Rechten aus.<br />
Samsung ist das Schlüsselwort für Südkoreas Eroberungszüge<br />
im Sport. Der Technologie-Multi ist einer von 11 Hauptsponsoren<br />
des IOC, seine Vierjahresleistung liegt gegenwärtig bei<br />
100 Millionen Dollar. Ein zusätzliches internationales Netzwerk<br />
hat sich Samsung als Förderer aller 205 NOKs geschaffen.<br />
Das eröffnet Kenntnisse und Zugang weltweit. Jeder<br />
Kontakt, jede Absprache und jede Zusage auf Unterstützung<br />
erhält so eine Art von Legalität. Zusammen mit Konzernen<br />
wie Hyundai und Korean Air, die sich ebenfalls bei diversen<br />
internationalen Verbänden als Sponsoren angedient haben,<br />
knüpften südkoreanische Großunternehmen im Staatsinteresse<br />
ein eigenes, enges Interessensgeflecht.<br />
Als neues Kraftfeld in Asien haben sich die Golfstaaten etabliert,<br />
mit nur 144 Millionen Menschen ein Winzling, dank<br />
unendlichen Reichtums und der Koalition mit arabischen<br />
Anrainerstaaten zum Riesen auf dem Feld der Sportpolitik<br />
gewachsen. Kenner behaupten, dass im Weltsport nur noch