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Ausgabe 1/2011 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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wenig gehe ohne die Araber-Union. Dabei zählt asiatische<br />

Solidarität nicht immer, wie im Weltfußball deutlich wurde.<br />

Zuerst hatte Katar im Ringen um die WM 2022 die Mitbewerber<br />

Japan und Südkorea aus dem Feld geschlagen. Dann<br />

booteten die Mächtigen vom Golf beim Kongress des asiatischen<br />

Fußball-Verbandes den Südkoreaner Mong Joon Chung<br />

aus, als es um den Posten eines FIFA-Vizepräsidenten ging.<br />

Chung, ein Milliardär aus der Familien-Dynastie des Hyundai-<br />

Konzerns, verlor dieses Amt mit 20:25 Stimmen gegen den<br />

jordanischen Prinzen Ali Bin Al Hussein. Noch aufschlussreicher<br />

als Chungs Abwahl war die Aussage des kuwaitischen<br />

Scheichs Ahmad Al Fahad Al Sabah, jene 25 asiatischen<br />

Nationalverbände, die für Prinz Ali gestimmt haben, würden<br />

im Juni auch Joseph Blatter bei seiner Wiederwahl als FIFA-<br />

Präsident ihre Stimme geben. So spricht jemand, der es<br />

vermag, Stimmenpakete zu schnüren. Seine Aussage bedeutet<br />

auch: Der arabische Block dominiert Restasien mit 25:20.<br />

Dabei bleibt abzuwarten, welche Folgen für den Sport in der<br />

arabischen Welt die dortigen politischen Erdbeben haben<br />

werden.<br />

Der Scheich und der Prinz, sie sind die Anführer der neuen,<br />

vom arabischen Golf aus gelenkten Sportmacht. Scheich Al<br />

Sabah erbte quasi die IOC-Mitgliedschaft von seinem verstorbenen<br />

Vater, setzte sich an die Spitze des Dachverbandes der<br />

45 asiatischen NOKs und strebt nun im IOC eine Machtposition<br />

an. Er will Nachfolger des Ende 2012 aus dem IOC aus<br />

Altersgründen ausscheidenden mexikanischen Milliardärs<br />

Mario Vazquez Rana werden, des Vorsitzenden der Vereinigung<br />

aller NOKs. Dies würde das Mitglied der kuwaitischen<br />

Herrscherfamilie automatisch in das IOC-Exekutivkomitee<br />

aufsteigen lassen mit der Befugnis, über die Verteilung der<br />

IOC-Gelder an die NOKs mitbestimmen zu können. Damit<br />

könnte er eigene Ambitionen auf die IOC-Präsidentschaft<br />

befördern, oder aber versuchen, Prinz Ali oder den Singapurer<br />

Ser Miang Ng ganz oben auf den Olymp zu hieven.<br />

Prinz Ali, der in England und den USA<br />

ausgebildete 35 Jahre alte Sohn des<br />

verstorbenen jordanischen Königs<br />

Hussein und Bruder von König Abdullah<br />

II, hatte die erste Stufe seiner Karriere<br />

im Sport vor einem Jahr durch die Wahl<br />

ins IOC genommen, nun gilt er sogar<br />

schon als Anwärter auf die FIFA-Präsidentschaft<br />

für die Zeit nach Blatter. Die<br />

FIFA-Vizepräsidentschaft hatte der Prinz<br />

errungen mit dem Motto: "Es ist Zeit<br />

für einen Wechsel. Ich kann alle Länder<br />

Asiens vereinen. Es ist Zeit, als Kontinent<br />

zusammenzuarbeiten." Schwesterliche<br />

Hilfe darf er dabei erwarten von<br />

Haya bint al Hussein, ebenfalls dem IOC<br />

zugehörig und durch ihre Präsidentschaft<br />

in der Internationalen Reiterlichen<br />

Vereinigung FEI mit einer zusätzlichen<br />

Machtposition ausgestattet. Haya ist die die Zweitfrau<br />

von Scheich Mohammed bin Rashid al Maktoum, als Regent<br />

von Dubai und als Vizepräsident der Vereinigten Arabischen<br />

Emirate mit der Aussage in Erscheinung getreten: "In allem,<br />

was wir anstreben, wollen wir die Nummer eins werden",<br />

inbegriffen die Ausrichtung <strong>Olympische</strong>r Spiele. Für 2022 ist<br />

eine erneute Bewerbung Dubais geplant.<br />

Asiens Anspruch auf mehr Teilhabe am Weltsport ist legitim.<br />

Die Mittel und Methoden, mit denen es seine Ansprüche<br />

durchzusetzen versucht, verändern jedoch die internationale<br />

Sportpolitik dramatisch. Europa und besonders die USA<br />

haben den Sport als Geschäftsform erfunden und ausgeprägt.<br />

Nun aber findet die Formel, dass der große Sport dem großen<br />

Geld hinterher läuft, durch den asiatischen Kontinent noch<br />

eine Steigerungsform. Wo, wie in den Golfstaaten, nur Öl und<br />

Gas als Reichtum vorhanden sind und ansonsten fast alles<br />

eingekauft werden muss, wird auch der große Sport zu einem<br />

bedeutenden Importgeschäft. Und das unter ganz besonderen<br />

Regeln. In den meisten asiatischen <strong>Gesellschaft</strong>en sei<br />

Bestechung "systemisch", sie gelte als "normaler Bestandteil<br />

des täglichen Lebens". So hat der Asien-Korrespondent Christoph<br />

Hein es jüngst in einem FAZ-Leitartikel ausgedrückt.<br />

Als Konsequenz der asiatischen Herausforderung und der<br />

pseudodemokratischen Strukturen in den meisten Weltverbänden<br />

werden sportpolitische Entscheidungen von Gewicht<br />

immer mehr zu einem Deal: Was ist eine Stimme wert? Dabei<br />

wird noch stärker in den Hintergrund treten, wer dem Sport<br />

die besten Köpfe und dem Sportler die besten Bedingungen<br />

für ihre Auftritte bieten kann. Katar 2022, eine Fußball-<br />

Weltmeisterschaft in der Wüste bei Temperaturen zwischen<br />

40 und 50 Grad, ist ein Menetekel, die eurasische Version<br />

Sotschi mit den umweltzerstörerischen Winterspielen 2014 in<br />

unmittelbarer Nachbarschaft zum kaukasischen Pulverfass ein<br />

anderes.<br />

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