Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt, Ausgabe 9/2009
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UNSERE NACHBARN<br />
Umstrittenes Konzept am Asklepios Klinik Wandsbek<br />
Eigenständige TIA-Einheit als<br />
„wenig sinnvoll“ eingestuft<br />
Die „erste deutsche TIA-Unit“ in Wandsbek sorgte für erheblichen Wirbel. Das<br />
Konzept wurde von Fachkollegen abgelehnt.<br />
Patienten mit transitorischen ischämischen Attacken<br />
(TIA) sollten auch bei völligem Verschwinden der Symptome<br />
zur diagnostischen Abklärung am besten so<br />
schnell wie möglich eine Schlaganfall-Station (Stroke<br />
Unit) aufsuchen. Die Gründung einer besonderen TIA-<br />
Station bzw. diese Bezeichnung wird in neurologischen<br />
Fachkreisen überwiegend nicht befürwortet.<br />
Für Verwirrung hatte das Vorpreschen der Asklepios Klinik<br />
Hamburg-Wandsbek gesorgt, die am 2. Juli der<br />
Presse ihre „erste deutsche TIA Unit“ innerhalb der<br />
Stroke Unit vorgestellt hatte. Dabei schien die Idee auf<br />
den ersten Blick vielversprechend: „Wir wollen mit dem<br />
Begriff TIA Unit einmal das Bewusstsein schärfen, dass<br />
die (scheinbar harmlose) TIA ein Notfall ist, der sofortige<br />
Stroke-Unit-Behandlung erfordert. Zweitens soll<br />
eine besondere Organisationsform innerhalb der Stroke<br />
Unit geschaffen werden für kleine Schlaganfälle,<br />
bei denen es weniger auf die Akutbehandlung (z. B. Lyse<br />
und frühe Bewegungstherapie) ankommt als auf die Vermeidung<br />
weiterer Schlaganfälle“, hatte der Chefarzt<br />
der Neurologischen Abteilung, Prof. Dr. Christian Arning,<br />
gesagt. Da in Deutschland bisher keine Standards für<br />
diesen Teil der Behandlung existierten, orientiere man<br />
sich in Wandsbek an der kürzlich publizierten Empfehlung<br />
der American Stroke Association, die eine notfallmäßige<br />
Diagnostik innerhalb von zwei Tagen vorsehe.<br />
Befundung eines Hirn-MRTs in der Radiologie der<br />
Asklepios Klinik Hamburg-Wandsbek (Foto: hk)<br />
Dazu gehöre eine enge Zusammenarbeit der Fächer<br />
Neurologie, Radiologie und Kardiologie.<br />
Nach dem ersten („überraschend großen“) Presseecho<br />
gab es eine kritische Pressemitteilung der Deutschen<br />
Schlaganfall-Gesellschaft gemeinsam mit der Deutschen<br />
Gesellschaft für Neurologie. Prof. Otto Busse<br />
(Berlin) hielt eigenständige TIA-Einheiten für wenig<br />
sinnvoll, weil sich alle Stroke Units (in Deutschland 190<br />
zertifizierte) auch präventiv für TIA-Patienten eigneten.<br />
Hier sei „Selbstverständliches überzogen dargestellt worden“,<br />
ergänzte er telefonisch. Auch die Hamburger Arbeitsgemeinschaft<br />
Schlaganfall, der alle neun Chefärzte<br />
der einschlägigen Kliniken angehören (Sprecher:<br />
Prof. Gerloff, UKE), lehnte das Konzept einer TIA Unit<br />
ab („keine Vorteile“). Es sei richtig, dass TIA-Patienten<br />
aufgrund des hohen Frührezidivrisikos ebenfalls überwachungspflichtig<br />
seien und sofortiger Diagnostik und<br />
Therapie bedürften. Dazu sei aber ein Ausbau von bestehenden<br />
zertifizierten Stroke Units anzustreben. Wesentliche<br />
Elemente des Wandsbeker Konzepts würden<br />
die Hamburger Stroke Units künftig unter der neuen<br />
Bezeichnung TIA-Protokoll durchführen, meinte Prof.<br />
Arning.<br />
Anfang August richtete die Schlaganfall-Gesellschaft eine<br />
Mahnung an die Patienten, sich auch bei einer TIA am<br />
Wochenende unverzüglich zu melden und nicht erst am<br />
Montag durchschnittlich 15 Stunden nach dem Ereignis<br />
(www.dsg-info.de).<br />
Horst Kreussler<br />
�<br />
Kurzkommentar von Horst Kreussler<br />
Wenn ein werbewirksamer Slogan („erste deutsche TIA<br />
Unit“) auf Druck von - konkurrierenden - Fachkollegen<br />
zurückgezogen wird, ist das schon kurze Zeit später<br />
kaum mehr als ein Sturm im Wasserglas. Was bleibt,<br />
ist das Gute an der Idee - die TIA stärker ins Bewusstsein<br />
von Ärzten und Patienten zu rücken und sich<br />
für eine schnelle, wirksame Behandlung einzusetzen.<br />
Das dürfte den Wandsbekern gelungen sein.<br />
<strong>Ausgabe</strong> 9 I September <strong>2009</strong> 27