Forschung und Lehre Jahresbericht 2008 zfp fo rsch u n g
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Kurzbezeichnung<br />
WEIS 5<br />
Leiter<br />
<strong>Fo<strong>rsch</strong>ung</strong>sprojekte zur Ethik in der Medizin<br />
„Crimes against criminals are still crimes”. Ethische <strong>und</strong> medizinhistorische<br />
Aspekte des Maßregelvollzugs am Beispiel der in die<br />
sog. „Aktion T4“ eingeschlossenen Patienten (AT)<br />
Heute in der Forensischen Psychiatrie behandelte Patientinnen <strong>und</strong> Patienten<br />
stellten in historischer Perspektive eine gesondert stigmatisierte Gruppe unter<br />
den Opfern der NS-„Euthanasie“ bzw. der als „T4“ bezeichneten Ermordung<br />
von Patienten dar. Hierbei ist zwischen „Justizvollzug“ (Strafvollzug) einerseits<br />
<strong>und</strong> dem seit 1933 verwendeten Begriff „Maßregelvollzug“ zu unte<strong>rsch</strong>eiden.<br />
Seit der Arbeit von Nikolaus Wachsmann (dt. Fassung, 2006) zum<br />
Justizvollzug (Strafvollzug) wird zu Recht angezweifelt, dass im Gegensatz zu<br />
den Konzentrationslagern in den Gefängnissen der Nationalsozialisten ‚Recht<br />
<strong>und</strong> Ordnung’ geher<strong>rsch</strong>t hätten <strong>und</strong> die Inhaftierten dort zu Recht untergebracht<br />
worden seien. Mitunter war das Gegenteil der Fall („crimes against criminals<br />
are still crimes“). Dieses Weissenauer <strong>Fo<strong>rsch</strong>ung</strong>sprojekt in Kooperation<br />
mit dem Hanse-Klinikum Strals<strong>und</strong> stellt einen interregionalen Vergleich<br />
zur Untersuchung der ethischen Problematik <strong>und</strong> den historischen Gegebenheiten<br />
im „Maßregelvollzug“ dar. Während der Bereich Justizvollzug (Strafvollzug)<br />
inzwischen untersucht wird, stellt der Maßregelvollzug bzw. stellen<br />
die hiervon betroffenen Personen weiterhin eine bisher vernachlässigte<br />
Gruppe von Opfern des Nationalsozialismus dar. Das Projekt fragt darüber hinaus<br />
nach Implikationen der sich ergebenden <strong>Fo<strong>rsch</strong>ung</strong>sergebnisse für die<br />
aktuelle Forensische Psychiatrie. Am deutschen Justizvollzug (Strafvollzug)<br />
nach 1933 konnte gezeigt werden, wie schnell sich die Justiz mit den neuen<br />
Machthabern nicht allein arrangierte, sondern sich zunehmend in Vorwegname<br />
des Führerwillens übte <strong>und</strong> konsequent an der Auflösung des rechtlichen Normengefüges<br />
arbeitete. Im hier beschriebenen Projekt wird zu sehen sein,<br />
inwieweit ärztliche Akteure <strong>und</strong> Mitarbeiter des Ges<strong>und</strong>heitswesens strukturbildende<br />
gesetzliche <strong>und</strong> versorgerische „Maßnahmen“ initiiert hatten. Im<br />
Fokus dieser interregionalen Untersuchung steht darüber hinaus das Schicksal<br />
insbesondere derjenigen Patientinnen <strong>und</strong> Patienten, bei denen im „Merkblatt“<br />
zum „Meldebogen T4“ zwar nicht direkt nach „Gewaltbereitschaft“ in<br />
der Vorgeschichte gefragt wurde, die jedoch als sog. „kriminelle Geisteskranke“<br />
behandelt worden sind.<br />
Beginn: Wintersemester <strong>2008</strong>/09.<br />
Dr. Dr. Michael Gillner / Dr. Frank Orlob (Strals<strong>und</strong>); Dr. Udo Frank, Dr.<br />
Thomas Müller (beide ZfP Die Weissenau, Abt. Psychiatrie I Universität<br />
Ulm)<br />
50 <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2008</strong>