politik & wirtschaft SÜDTIROLER LANDWIRT NR.16 13. 9. 2013politik & wirtschaft 13. 9. 2013 NR.16 SÜDTIROLER LANDWIRTDas Leben nach derMilchquoteNachdem die gemeinsame EU-Agrarpolitik so gut wie in trockenen Tüchern ist, geht es jetzt inSachen Milch ans Eingemachte. Der „<strong>Südtiroler</strong> Landwirt“ hat sich umgehört, wie sich die EU undSüdtirol auf das Ende der Milchquotenregelung im Jahr 2015 vorbereiten. von bernhard christanellWenn sich Termine auf verschiedenenEbenen zu einem Thema häufen, dannist das ein untrügliches Zeichen dafür, dassein Thema an Bedeutung gewinnt. Bis zumendgültigen Aus für die Milchquotenregelungauf EU-Ebene dauert es zwar noch fast eineinhalbJahre, die Diskussion über die Zeitdanach nimmt aber in diesen Wochen Fahrtauf: Im Agrarausschuss des EU-Parlamentswird zurzeit über einen Initiativbericht des<strong>Südtiroler</strong> Abgeordneten Herbert Dorfmanndiskutiert, in dem es um Maßnahmen zurAufrechterhaltung der Milchproduktion inBergregionen und anderen benachteiligtenGebieten geht.In der kommenden Woche treffen sich inBrixen Fachleute aus ganz Österreich zu einerinternationalen Milchwirtschaftstagung mitdem Schwerpunkt „Milchwirtschaft im Alpenraum“.Am 24. September stellt die EU-Kommissionin Brüssel die Ergebnisse einer Studievor, in der die Zukunftschancen der Milchwirtschaftin Europa unter die Lupe genommenwerden. Zu den Inhalten dieser Studieist zwar noch nichts durchgesickert, dass dieMilchwirtschaft in den Berggebieten dortDie <strong>Südtiroler</strong> Milchhöfe wünschen sich von der EU einen Ausgleich für die verhältnismäßig hohen Sammelkosten im Berggebiet.14
13. 9. 2013 NR.16 SÜDTIROLER LANDWIRT politik & wirtschafteine zentrale Rolle spielen wird, ist jedochnicht zu erwarten: „Dabei wird die Liberalisierungdes Milchmarktes vor allem die Bergregionensowie andere benachteiligte undentlegene Gebiete besonders hart treffen“, istsich Herbert Dorfmann sicher.Konkrete Ideen für Ausgleich vonNachteilenIn seinem Bericht für den Agrarausschussführt der <strong>Südtiroler</strong> EU-Abgeordnete einigekonkrete Vorschläge an, mit denen die Milchwirtschaftim Berggebiet unterstützt werdenkönnte. Dorfmann prangert vor allem dieungleiche Verteilung der Flächenprämien an,wie sie beispielsweise in Italien immer nochvorhanden ist. „Hier ist es höchste Zeit füreinen Ausgleich zwischen Gunstlagen undBerggebieten. In der Zwischenzeit könnteman für benachteiligte Gebiete eine an Raufutterfressergekoppelte Prämie im Rahmender Ersten Säule einführen“, schlägt Dorfmannvor. Auch sollte – nach dem Vorbild der ObstundGemüsemarktordnung – für Erzeugerorganisationendie Möglichkeit geschaffenwerden, aus dem Gemeinschaftshaushaltmitfinanzierte, operationelle Programme umzusetzen.„In der <strong>Südtiroler</strong> Obstwirtschafthaben diese operationellen Programme vielbewirkt und die Zusammenarbeit wesentlichbeschleunigt. Das wäre auch für die Milchwirtschaftsinnvoll“, betont Dorfmann.Konkrete Möglichkeiten würden solcheProgramme in Bereichen wie Markterschließung,Qualitätssicherung, Produktinnovationund Werbung – insbesondere hinsichtlich derneu geschaffenen Bezeichnung „Produkt vomBerg“– bieten. Auch bei Schulmilchprogrammensollte die Möglichkeit geboten werden,gezielt auf Produkte aus Bergregionen zurückgreifenzu können.Machen sich intensiv Gedanken über die Zukunft der <strong>Südtiroler</strong> Milchwirtschaft: (v.l.) HerbertDorfmann, Joachim Reinalter und Albert Wurzer.Joachim Reinalter, der in seiner Funktionals Obmann des Sennereiverbandes Südtiroldie Milchwirtschaftstagung in Brixen in derkommenden Woche organisiert, würde solcheoperationellen Programme mit finanziellerUnterstützung der EU sehr begrüßen. „Wirhaben gesehen, was diese Programme in der<strong>Südtiroler</strong> Obstwirtschaft bewirkt haben. Siekönnten auch der Milchwirtschaft einen positivenSchub verleihen“, betont Reinalter.Spezialisierung in der Produktion,Kooperation im VerkaufAlbert Wurzer, der als engster Vertrauter desehemaligen Landwirtschafts-Landesrats HansBerger die <strong>Südtiroler</strong> Milchwirtschaft bestenskennt, sieht auf die einzelnen Milchhöfe zweiwichtige Aufgaben zukommen: „Die genossenschaftlichorganisierte <strong>Südtiroler</strong> Milchwirtschaftist ein unabhängiger Wirtschaftszweigund soll das auch bleiben. Damit sie auch weiterhinerfolgreich sein kann, brauchen wir aufder Produktionsseite eine verstärkte Spezialisierung.Es muss und kann nicht jeder allesmachen“, ist Wurzer überzeugt. Das sicherezum einen die Auslastung von teuren Produk-tionsanlagen, zum anderen trage sie dazu bei,heute schon etablierte und erfolgreiche Markenzukunftssicher zu machen.„Auf der Verkaufsseite steht die Milchwirtschaftin Südtirol vor der Herausforderung, dieKräfte zu bündeln – ohne auf den Wert etablierterMarken wie beispielsweise dem SterzingerJoghurt, der Brimi-Mozzarella oder demStilfser Käse verzichten zu müssen“, betontWurzer.Hohe Sammelkosten ausgleichenIn der Zweiten Säule sollte vor allem dieKonkurrenzfähigkeit der Bergregionen imVergleich mit anderen milchproduzierendenGebieten gesichert werden. Ein Problem derBergregionen seien vor allem die hohen Sammelkosten,die durch lange Transportwegeund verhältnismäßig geringe Mengen angesammelter Milch entstehen. Diese Kostensollten durch gezielte Zuschüsse an die Verarbeitungsbetriebewettgemacht werden.Mit einem solchen Ausgleich für die höherenTransportkosten würde die EU auch inSüdtirol einen lang gehegten Wunsch derVerarbeitungsbetriebe erfüllen. „Wenn wir» Operationelle Programmenach dem Vorbild derObstwirtschaft könntendie Zusammenarbeit unterden Milchhöfen wesentlichbeschleunigen. «15