politik & wirtschaft SÜDTIROLER LANDWIRT NR.16 13. 9. 2013„Bärenmanagement bleibt schwierig“Die Erwartungshaltung vieler Kleinviehzüchter zielt auf eine Lösung des Bärenproblems durch Entnahme. Dashat jüngst auch eine Großraubtiertagung in Ulten gezeigt. Andreas Agreiter vom Landesamt für Jagd und Fischereiwarnt vor allzu großen Hoffnungen auf die Problembär-Entnahme.<strong>Südtiroler</strong> Landwirt: Herr Agreiter, das Amtfür Jagd und Fischerei ist für das Großwildmanagementverantwortlich. Nach der Tagungin Ulten (s. „Südt. Landwirt“ Nr. 14, S.10) warnen Sie vor zu hohen Erwartungen …Andreas Agreiter: Ich hatte den Eindruck,viele Bauern glauben, Entnahmen von Problemtierenlösen das gesamte Problem. Manmuss aber realistisch bleiben: Auch wenn dasMinisterium irgendwann Entnahmen ermöglichensollte, löst das das Problem nur teilweise:Bei einer größeren Zahl von Bären bzw.Wölfen bleiben genügend Nicht-Problemtiere,die in Summe auch beträchtlichen Sch<strong>ade</strong>nanrichten können.Das zuständige Umweltministerium in Romhat bisher keinen Spielraum für Entscheidungenauf regionaler Ebene zugelassen.Gibt es nun eine Öffnung?Leider gibt es noch keine grundsätzlicheÖffnung zu mehr Autonomie in der Handhabungproblematischer Bären. In Italien ist derSchutzgedanke für Großraubtiere einfach zuhoch. Entsprechend groß ist der Druck vonSeiten des Naturschutzes. Immerhin befürwortetdas Ministeriums inzwischen die Einstufungstark sch<strong>ade</strong>nder Bären in Problembären.Eine überregionale Arbeitsgruppe sollnun ein Prozedere ausarbeiten, unter welchenVoraussetzungen eine Entnahme von Bärenvorzusehen ist. Damit gäbe es für Schadbäreneine klare Vorgehensweise. Aber derzeit istalles noch offen. Wir dürfen nicht auf großzügigeEntnahmefreigaben hoffen! Das Ministeriumwird Entnahmen problematischerSchadbären nur zulassen, wenn zuvor präventiveMaßnahmen versucht wurden. Auchvon der EU wird grundsätzlich nur eine solcheVorgehensweise unterstützt. Und: WerdenBären ohne unmittelbare Gefahr für den Menschenentfernt, stößt das gesellschaftlich aufAblehnung. Ein Bärenabschuss wird, wennüberhaupt, höchstens als Ausnahme toleriert.Großraubtiere werden in Südtirol weiter zunehmen.Droht nicht ein massives Problem,vor allem für die Kleinviehzucht?Ja, wenn die Verluste eine Schmerzgrenzeerreichen, könnte das zu einer teilweisenAufgabe der Alpung führen, zu einem Rückgangder Schafzucht. Besonders die zu erwartendeZuwanderung von Wölfen verschärftdiese Problematik enorm.Eine Begehung der Kuppelwieseralm dienteder Frage, ob der Einsatz von Herdenschutzhundenhier sinnvoll wäre …Andreas Agreiter: „Dürfen nicht auf großzügigeEntnahmefreigaben hoffen.“Das Ergebnis war ernüchternd: Aus Sichtdes Schweizer Experten ist Herdenschutz dortnicht sinnvoll. Denn die kleinflächigen kargenWeiden sind durch Felsen und Geröllflächenso voneinander getrennt, dass man Schafeoder Ziegen nicht zu größeren Herden zusammenführenkann. Die Tiere hätten zuwenig Weidefläche. Der zusätzliche Stresserhöht zudem das Absturzrisiko für die Tiere.Viele getrennte Herden mit Hirten-Schutzhundenzu betreuen, würde hingegen einenunverhältnismäßig hohen Aufwand bedeuten.Kann man diese Kuppelwieser Erkenntnisauf ganz Südtirol übertragen?Man kann das sicher nicht auf alle <strong>Südtiroler</strong>Almen übertragen. Aber viele unsererAlmen haben sicher ähnlich ungünstige Voraussetzungen.Eine Bewertung der <strong>Südtiroler</strong>Kleinviehalmen bezüglich ihrer Eignungfür Herdenschutzmaßnahmen ist ein notwendigerSchritt in der Vorbereitung auf eineweitere Zuwanderung von Bär und Wolf.interview: guido steinegger» Die Prüfung der<strong>Südtiroler</strong> Kleinviehalmenauf Möglichkeitendes Herdenschutzes istein notwendigerSchritt. «20
13. 9. 2013 NR.16 SÜDTIROLER LANDWIRT politik & wirtschaftStrategien gegen AbwanderungJugendliche aus Südtirol und Bayern haben gemeinsam Strategien gegen die Abwanderungentwickelt. Was gegen Abwanderung im ländlichen Raum getan werdenkann, haben sie Ende August im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.Organisiert haben das entsprechende Projekt <strong>Südtiroler</strong>Jugendring (SJR) und <strong>Südtiroler</strong> Bauernjugend(SBJ) gemeinsam mit ihren Partnerorganisationenin Bayern und in Kooperation mit dem <strong>Südtiroler</strong>Gemeindenverband.Ger<strong>ade</strong> abwanderungsgefährdete Gemeindensollten die Ausweisung von Wohnbauzonen attraktivgestalten und verbilligt zur Verfügung stellen.Außerdem brauche es für Südtirol eine einkommensabhängigeBerechnung der ImmobiliensteuerIMU. Zudem wünschen sich die Jugendlichen, dassUnternehmen verstärkt in Bezug auf die wirtschaftlicheEntwicklung der Gemeinde einbezogen undmehr familienfreundliche Arbeitsplätze geschaffenwerden. Auch soll die Bürgerbeteiligung ausgebautwerden, insbesondere das Mitspracherecht der Jugendbei (politischen) Entscheidungen vor Ort.„Es sind ger<strong>ade</strong> die jungen Menschen, die sagenkönnen, was es braucht, um das Leben vor Ort attraktivzu gestalten, damit sie nicht abwandernsondern bleiben. Daher haben wir mit Jugendlichenerarbeitet, was gegen Abwanderung getan werdenkann“, berichtete die SJR-Vorsitzende Martina DeZordo.Da das Thema Südtirol wie auch Bayern betrifft,haben die beteiligten Organisatoren das Projekt fürjunge Menschen aus Südtirol und Bayern ins Lebengerufen. „Schließlich trägt ein Blick über die Grenzedazu bei, von anderen Realitäten lernen zu können“,betonte De Zordo.Vielfalt an Ideen und VorschlägenDie entsprechenden Grundsteine wurden vonder ehrenamtlich arbeitenden Projektgruppe desSJR und der SBJ gelegt, die von Tobias Karbon geleitetwurde. Karbon stellte im Rahmen der Pressekonferenzdas Projekt im Detail vor und dankte denStellten die Strategiengegen die Abwanderungvor: (v. l.) TobiasKarbon, AndreasMair, TeilnehmerinMaddalena Prinoth,Martina de Zordo,Arno Kompatscherund SJR-GeschäftsführerMichi Peer.SJR-Moderatoren, welche die Teilnehmer durch dengesamten Prozess begleiteten. Andreas Mair, SBJ-Landessekretär und Mitglied der Projektgruppe,zeigte sich sehr erfreut über das Ergebnis: „Wennwir in Zukunft in einigen Teilen unseres Landesnicht vor verlassenen Gegenden stehen, sondernder Abwanderung vorbeugen wollen, so müssenwir jetzt entsprechende Maßnahmen setzen. DieJugendlichen haben mit ihrer aktiven Mitarbeit undVielfalt an Ideen und Vorschlägen gezeigt, dassihnen ihre Gemeinde wichtig ist und sie bereit sindselbst Verantwortung zu übernehmen und auch zuhandeln“, lobte Mair.Erfreut über diese partizipative Initiative ist auchArno Kompatscher, Präsident des <strong>Südtiroler</strong> Gemeindenverbandes:„Das Ergebnis ist eine tatsächlicheHilfe und soll nun von Gemeinden, die vonAbwanderung betroffen sind, herangezogen werden,um so schnell als möglich gegenzusteuern. Fürdiesen Beitrag möchte ich den fleißigen Jugendlichenwie auch dem <strong>Südtiroler</strong> Jugendring und der <strong>Südtiroler</strong>Bauernjugend herzlich danken.“SJR und SBJ werden nun den betroffenen Gemeindenanbieten, sie näher hierzu zu informieren.Hierbei sollen die Jugendlichen der jeweiligenGemeinde, die an dem Projekt teilgenommen haben,federführend miteinbezogen werden.Mehr InfosMehr Informationen zum Projekt (insbesonderezu den erarbeiteten Maßnahmen) erteilt der<strong>Südtiroler</strong> Jugendring auch gerne auf Anfrage(Tel. 0471 060430 oder E-Mail info@jugendring.it).Die entsprechende Broschüre ist unterwww.sbj.it online.fachschulenKnapp an der1000-Marke983 Schülerinnen und Schülersind mit dem neuen Schuljahr2013/14 in die Fachschulen fürLand- und Hauswirtschaft eingeschrieben.Das entspricht einemZuwachs von über 6,5 Prozentgegenüber dem Vorjahr und einerVerdoppelung der Schülerzahleninnerhalb von zehn Jahren. „Dersteigende Zuspruch zu den Berufender Land- und Hauswirtschaftzeigt, dass junge Menschen wiedermehr Perspektiven in der Landundhauswirtschaftlichen Ausbildungund auch ihren Beitrag zurEntwicklung des ländlichenRaums sehen“, freut sich LandeshauptmannDurnwalder. Die Ausbildungsei modern, auf der Höheder Zeit und zukunftsweisend:Ab dem Jahr 2015 könne auchüber die Ausbildung in den Fachschulendie Berufsmatura erreichtwerden, und damit sei der Wegzu einer weiterführenden universitärenAusbildung eröffnet.Im Zuge der Oberstufenreformsetzen die Fachschulen mit demnun beginnenden Schuljahr denkompetenzorientierten Unterrichtum. „Das bedeutet, dass das Handeln-Könnenund das Bewähren-Können als Ziele des Unterrichtsbetont werden“, erklärt LandesabteilungsdirektorStefan Walder.Kompetenz bedeute mehr als nurWissen in einem Fach, sondernumfasse vielmehr auch das Bewusstseinfür das eigene Lernen,für die Kommunikation und Kooperationmit anderen, verantwortungsvollesHandeln und dieMotivation und Bereitschaft, daseigene Können und Wissen konkreteinzusetzen und anzuwenden.lpa21