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Kapitalismus – Machtungleichheit – Nachhaltigkeit - VSA Verlag

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240 Kapitel 8die uns hier interessierende Frage besondere Aufmerksamkeit zu widmenist. Es ist offensichtlich: Die bürgerliche Gesellschaft und die Zivilgesellschaftsind Ausdruck von unterscheidbaren Entwicklungs- und Differenzierungsstufenmoderner Gesellschaften. Erstere ist typisch für die ursprünglicheEpoche der Auflösung mittelalterlich-feudaler Gesellschaften zwischendem 16. und 20. Jahrhundert und letztere für die weitere Ausdifferenzierungder bürgerlichen Gesellschaft ab Mitte des 20. Jahrhunderts: »Die bürgerlicheGesellschaft«, schreiben Marx und Engels in der Deutschen Ideologie,»umfasst den gesamten materiellen Verkehr der Individuen innerhalbeiner bestimmten Entwicklungsstufe der Produktivkräfte. Sie umfasst dasgesamte kommerzielle und industrielle Leben einer Stufe und geht insofernüber den Staat und die Nation hinaus, obwohl sie andererseits wieder nachAußen hin als Nationalität sich geltend machen, nach Innen als Staat sichgliedern muss. Das Wort bürgerliche Gesellschaft kam auf im 18. Jahrhundert,als die Eigentumsverhältnisse bereits aus dem antiken und mittelalterlichenGemeinwesen sich herausgearbeitet hatten. Die bürgerliche Gesellschaftals solche entwickelt sich erst mit der Bourgeoisie; die unmittelbaraus der Produktion und dem Verkehr sich entwickelnde gesellschaftlicheOrganisation, die zu allen Zeiten die Basis des Staats und der sonstigenidealistischen Superstruktur bildet, ist indes fortwährend mit demselbenNamen bezeichnet worden.« 29Diese im Zuge der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und Modernisierungausdifferenzierte bürgerliche Gesellschaft mit ihrem sozialen Kern der Bourgeoisieund dem Proletariat war über den mittelalterlich-absolutistischenStaat längst hinausgewachsen. Der bürgerliche Staat mit all seinen vielfältigenInstitutionen und Normen entsprach jener gesellschaftlichen Ausdifferenzierung,die sich trotz des absolutistischen Staates vollzogen hatte. Neuaufkommende soziale Klassen konnten ihre gesellschaftliche Partizipationund staatliche Repräsentation mittels Revolution bzw. Reform durchsetzen.Indes entwickelte und differenzierte sich die bürgerliche Gesellschaft im20. Jahrhundert sowohl sozialstrukturell wie aber auch hinsichtlich neuerNormen und Werte weiter aus. Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Arbeitsteilung,steigende Freizeit, höhere Bildung, wachsendes Bedürfnis nachmehr Freiheit, persönliche und gruppenspezifische Entfaltungsmöglichkeiten,globale Vernetzungen, spürbare Defizite des für den bürgerlichen Staatcharakteristischen Parteienstaates und die Tatsache des zunehmenden Auseinanderklaffenszwischen nationalstaatlich gebundenen Beteiligten undgrenzüberschreitend identifizierbaren Betroffenen erklären die Entstehung29Marx/Engels 1983: 36.

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