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| Jahrbuch Dialogmarketing 2013 | Branchentrends | 23<br />
Employer Branding – Ein Brandbrief<br />
Darf ich Sie mal was fragen?<br />
Sagen Sie mal, sehr geehrter CEO, hochge-<br />
schätzter Firmeninhaber, nur so unter uns, es<br />
liest ja im Augenblick keiner mit: Sind Sie auf<br />
Facebook? Haben Sie einen Image-Clip bei<br />
YouTube? Nicht?<br />
Ach, Sie wollen nicht jeden Blödsinn mitmachen?<br />
Wer auf Facebook nach High Potentials sucht,<br />
der will auch bei Aldi Spitzenweine? Doch, doch,<br />
sehe ich genauso. Praktikanten vielleicht, aber<br />
sonst? Facebook ist der Kindergarten im Social<br />
Media, wenn es um die Belange von Arbeitge-<br />
bern geht.<br />
Aber dann wenigstens auf Xing? Zwölf Millionen<br />
Mitglieder, die meisten mit einem beruflichen<br />
Fokus. Ok, Sie haben Recht, natürlich reicht es,<br />
wenn Ihre Mitarbeiter auf Xing auf Ihre Unter-<br />
nehmens-Homepage verlinken. Schneller und<br />
authentischer.<br />
Das wäre geklärt, wie aber sieht es denn aus mit<br />
kununu, wollmilchsau, companize? Kennen Sie<br />
gar nicht? Waren Sie die letzten Jahre im Aus-<br />
land? In einem, wo man kein Internet hat, Birma<br />
vielleicht? Was auch immer, Sie sind jedenfalls<br />
nicht auf diesen Plattformen.<br />
Wetten doch? Diesmal hab ich nachgeschaut, und<br />
es gibt Ihr Unternehmen dort, wenn nicht heute,<br />
dann spätestens morgen.<br />
Der Arbeitgeber als Marke<br />
Also gut, Schluss mit dem Unsinn. Reden wir<br />
von Arbeitgebermarkenbildung. So müsste man<br />
Employer Branding übersetzen. Employer Bran-<br />
ding ist der neue Hype im Personalwesen, der<br />
Werbedruck in der Personalwerbung hat sich<br />
zwischen 2010 und 2011 verdreifacht. Aber<br />
genau da liegt das Problem.<br />
„Marke“ braucht zweierlei: Unverwechselbarkeit<br />
und Emotion. Und das passt schlecht zu „Arbeit-<br />
geber“. Zwar strahlt die Marke eines Produkts<br />
auf den Arbeitgeber aus, das Strahlen reicht<br />
jedoch nicht weit: „Beim Daimler schaffen“ ist<br />
fein, im Call Center zu sitzen, das den Mercedes-<br />
fahrer morgens um drei aus misslichen Situatio-<br />
nen befreit, weniger.<br />
Fachkräftemangel + (unfreundliche)<br />
Transparenz = Wettbewerbsfähigkeit<br />
In Deutschland wird Employer Branding oft als<br />
Antwort auf den allseits beklagten Fachkräfte-<br />
mangel verstanden. Aber ohne die gravierenden<br />
Veränderungen in der Kommunikation, ohne das<br />
Internet und die Social Networks war es nicht<br />
möglich, eine Arbeitgebermarke zu kreieren, die<br />
nicht auf einem der oben skizzierten Merkmale,<br />
wie beispielsweise auf der Produktmarke oder<br />
dem Branchenimage, fußte.<br />
Mit der Möglichkeit kam die Notwendigkeit. Denn<br />
Employer Branding ist das, was Ihnen passiert,<br />
während Sie gerade dabei sind, eine flotte Kam-<br />
pagne <strong>für</strong>s Personalmarketing zu entwickeln.<br />
Jeder Mitarbeiter, jeder Bewerber ist heute ein<br />
kleiner Wallraff: Missstände, tatsächliche und<br />
empfundene, werden mit ein paar Klicks ange-<br />
prangert, der Arbeitgeber gebrandmarkt, öffent-<br />
lich und anonym.<br />
Reputation ist der Markenkern<br />
des Arbeitgebers<br />
Dabei wird der Ruf nachhaltig beschädigt: Auch<br />
ein drei Jahre alter Shit-Storm hat immer noch<br />
olfaktorisches Potenzial, auch wenn man längst<br />
den Stall ausgemistet und reichlich Parfüm auf-<br />
gelegt hat.<br />
Entsprechend verschiebt sich der Fokus des<br />
Employer Branding auf Reputation. Reputation<br />
aber entsteht nicht durch Bilder, ist nicht mit<br />
Werbedruck zu erzwingen, sie entsteht über-<br />
haupt nur im Dialog – und zwar im ständigen<br />
Dialog.<br />
Ulf Uebel<br />
ist Inhaber der Unter-<br />
nehmensberatung<br />
Ulf Uebel Consulting<br />
in Simmern und Vize-<br />
präsident Mitglieder<br />
und Finanzen des<br />
DDV.<br />
E-Mail: u.uebel@<br />
ddv.de