Emil Nolde & Werner Berg - Werner Berg Galerie
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<strong>Werner</strong> an Mauki <strong>Berg</strong>,<br />
München, den 27. 1. 1932<br />
<strong>Werner</strong> an Mauki <strong>Berg</strong>,<br />
München, den 30. 1. 1932<br />
Die finanzielle Situation der jungen Familie war äußerst angespannt und es bedurfte<br />
großer Überlegungen, ob etwa die teureren, qualitativ besseren »Behrendt«-Farben<br />
angeschafft werden könnten.<br />
Entschuldigen Sie beide die Kürze und Nichtigkeit meines Briefes. Innen bin ich<br />
in Treue<br />
Ihr <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong><br />
In der Post ist eine kleine Verzögerung eingetreten, da ich mitten in der Zahnbehandlung<br />
stecke, die diesmal ganz scheußlich ist. Und ich möchte doch gern alles<br />
in Ordnung bringen lassen, da ich auf der Klinik als Mitglied der akademischen<br />
Krankenkasse doch eine ganze Menge sparen kann. Für meine Arbeit ist das ja<br />
nicht gerade günstig, aber es wird so erst richtig angehen, wenn ich wieder bei Dir<br />
bin. … Mit großem Interesse lese ich jetzt die Briefe von Franz Marc, des besten<br />
Müncheners, der im Kriege fallen musste. Hoffentlich habe ich die große Kraft,<br />
die zur Arbeit Not ist, die Verantwortung ist ungeheuer. …<br />
… Einiges werde ich Dir noch schreiben über die Tage in Berlin, das Wichtigste<br />
freilich lässt sich nicht fassen. Vielleicht werde ich später einmal alles aufzuzeichnen<br />
versuchen. Von München aber will ich lieber schweigen, Klein ist noch der<br />
einzige, mit dem sich umgehen lässt. Caspar bin ich noch nicht begegnet, ich habe<br />
das Gefühl, dass wir uns gegenseitig etwas aus dem Weg gehen. Ist auch ganz gut<br />
so, der Abschied wird sich in genau voraussehbarer Höflichkeit vollziehen. Wenn<br />
der Alte wüsste! Wirklich schade um den Kerl, in dem doch einmal wirklich künstlerischer<br />
Aufschwung lebendig war. Übrigens – der Wettbewerb ist entschieden.<br />
… Über mich wurden zwei Belobigungen ausgeschüttet. Die Ausstellung der<br />
Arbeiten schau ich mir nicht an. Schade nur um das Geld, ich hätte mir einmal so<br />
gern bessere Farben (Behrendt) gekauft, zu denen mir auch <strong>Nolde</strong> geraten hat. …<br />
Meine Arbeit will ich ohne Beirrungen von außen aufbauen, die Akademiezeit, die<br />
»Probe aufs Kaputtmachen« (<strong>Nolde</strong>) ist vorbei, hoffentlich hab ich sie ohne Schaden<br />
überstanden.<br />
<strong>Werner</strong> an Mauki <strong>Berg</strong>,<br />
München, den 14. 2. 1932<br />
mehr mit. Ich bin im Herzen bereit alles einzusetzen, aber diese verfluchten Malermätzchen<br />
gehen mich nichts an. Der Weg wird mit einem Mal erst steil und das<br />
Ziel rückt weit, weit hinaus, hoffentlich geh ich nicht unterwegs drauf. Ein sonderbares<br />
Gefühl ist es schon, nichts und niemanden nach diesen Jahren hinter sich<br />
zu haben. Ist es aber nicht besser, dies klar zu erkennen, als auf flaue und schmierige<br />
Gönner- oder Kameradschaften zu bauen?<br />
Ja, <strong>Nolde</strong>! Der ist wahr, ist groß, aufrecht und ein Fels. Seiner muss ich mich erst<br />
würdig zeigen. Ich kann’s nur, indem ich auf meine Art arbeite, ohne Beirrung.<br />
Hoffen wir, dass der Herrgott das Schicksal nicht zu meinem Feind bestellt. …<br />
Caspar ist wohl nach wie vor liebenswürdig, aber, aber, aber. Einmal nur möchte<br />
ich ihm unverschleiert, ganz aufrichtig sagen, welchen Weg der junge Maler gehen<br />
muss: zum Abschied.<br />
… Zahnbehandlung ist ja eine recht banale Sache zum Schreiben, aber mich hat’s<br />
derweil. … jetzt muss leider die Behandlung mehrere Tage aussetzen, da der Kiefer<br />
entzündet ist. Solche Dinge können den Menschen leider etwas unterkriegen.<br />
Schmerz, auch der, der das Bewusstsein auslöscht, wäre mir jetzt nichts gegen den<br />
anderen, dass ich jetzt und auf einige Zeit noch nicht bei Dir, nicht bei Euch sein<br />
kann. …<br />
Mit den Zollschweinereien ist es eine fatale Sache, wie sinnlos ist doch das Verhältnis<br />
jetzt zwischen Deutschland und Österreich. Nun muss auch ich noch meinen<br />
ganzen Malkrempel expedieren. … Ob mir wohl eine Bestätigung seitens der Akademie,<br />
dass ich mit meinem Atelier erst jetzt umziehe, etwas nützen kann? Es ist<br />
nun der letzte Umzug, der wird wohl auch noch gehen. …<br />
Der Ausklang meiner Studienzeit ist alles andere als erhebend, aber ist es nicht<br />
richtig so? …<br />
Auf der Akademie steh ich gänzlich verlassen da, es muss so sein. Die Leute möchten<br />
platzen vor Wichtigkeit und Eitelkeit. Nein, Konzessionen will ich nach keiner<br />
Seite machen, es ist sinnlos. Werde ich noch die Kraft haben zur wahren Arbeit?<br />
Oft wird mir bang bei solchen Gedanken, ich sehe mich dann nimmer in der Reihe<br />
der vorne Kämpfenden, die etwas vorwärts bringen. Zuweilen aber packt mich<br />
wieder Vertrauen zur eigenen Kraft, besonders wenn ich an Dich denke, an die<br />
geliebten Kinder und unser ganzes künftiges Leben. …<br />
… Doch dürfen wir uns nicht täuschen: wenn ich jetzt heimkomme, stehen wir<br />
allein und wir werden erst die Härte zu spüren haben, mit der das Schicksal noch<br />
jeden Schaffenden geprüft hat. Doch es leben <strong>Nolde</strong>s auch, und dieses Band ist<br />
fester als tausend Bändelein der falschen und flachen Gesellschaft. …<br />
<strong>Werner</strong> an Mauki <strong>Berg</strong>,<br />
… Ich ahne ein ganz starkes, neu bewusstes Leben in uns. … Auch habe ich schon<br />
München, den 3. 2. 1932<br />
einige Male angesetzt von den vielen Stunden mit <strong>Nolde</strong>s zu erzählen und lasse<br />
immer wieder davon, weil sich das selten Schöne dieses Besuches kaum niederschreiben<br />
lässt. Hoffentlich bring ich es fertig, später Euch noch anschaulich davon<br />
zu berichten. Eben fiel mir ein, dass <strong>Nolde</strong> mir riet Behrend-Farben zu benutzen,<br />
das wäre aber eine ganz erhebliche Mehrausgabe, und ich fürchte den Augenblick,<br />
wo es einfach nimmer geht. Aber versuchen sollte ich es eigentlich doch. Jetzt spür<br />
<strong>Werner</strong> an Mauki <strong>Berg</strong>,<br />
… Mit meiner Arbeit ist leider gar nichts los, hoffentlich komme ich gut über diese<br />
es auch ich, wie ungeheuer die Verantwortung des Künstlerseins auf dem Menschen<br />
lastet. Und wenn ich es nie rechtfertigen könnte, wünschte ich mich bald<br />
aus diesem Leben weg. … Im Grunde war alles hier und bisher darauf angelegt,<br />
München, den 17. 2. 1932<br />
beschissene Zeit hinweg. …<br />
172 die Arbeit nach Möglichkeit unpersönlich und flach zu machen; das tu ich nicht<br />
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