Emil Nolde & Werner Berg - Werner Berg Galerie
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<strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong>, Stillleben (Gr. Tamburan und<br />
Moskaugruppe), 1915<br />
Öl auf Leinwand, 88,5 x 73,5 cm<br />
Wvz. Urban 638<br />
<strong>Nolde</strong> Stiftung Seebüll<br />
All das muß <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> berührt haben. In <strong>Nolde</strong> meinte<br />
er den modernen, zeitgenössischen Künstler schlechthin zu<br />
erkennen, der in seinem Werk zur Übereinstimmung<br />
brachte, was in der Kunst der Zeit offenbar auseinander<br />
strebte. Dieses Zusammenbringen des scheinbar Gegensätzlichen<br />
schien das Schwierigste zu sein: eine Kunst zu schaffen,<br />
die nicht »künstlich«, nicht »gewollt«, nicht »konstruiert«<br />
war, sondern unmittelbar emotional ergriff. Sie sollte<br />
eine Welt zur Anschauung bringen, in der sichtbare Realität<br />
und ihre subjektive Wiedergabe, Wirklichkeit und persönlicher<br />
Ausdruck zur Deckung kamen und darum den<br />
Betrachter berühren mußten. Es war – trotz äußerer Unterschiede<br />
– eben diese Welt, die <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> in einem ganz<br />
anderen Winkel des alten Europa, im Kärntner Unterland,<br />
zu finden hoffte und die er als bisher unberührte Wirklichkeit<br />
in die Kunst einführen wollte.<br />
Was die Kunst <strong>Nolde</strong>s insgesamt bedeutet hat, habe ich vor<br />
mehr als 20 Jahren versucht im Katalog der Ausstellung<br />
»German Art in the 20th Century«, die 1985 in der Royal<br />
Academy in London gezeigt wurde, zu beschreiben. Ich darf<br />
im folgenden einen etwas gekürzten Abschnitt dieses Textes<br />
zitieren.<br />
<strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong> hat dem deutschen Expressionismus einen eigenen<br />
Ton, einen persönlichen Klang hinzugefügt. Er hat den Expressionismus um<br />
den Bereich des Legendären, den Sinn für Naturmythen und das Wirken chthonischer<br />
Mächte bereichert. Auf dieses Moment des Legendären stieß er überall in<br />
der Natur, in der Betrachtung der Meeresbrandung wie in der Anschauung von<br />
Georginen oder Sonnenblumen, im Spiel der Wolken oder in den Gesichtern russischer<br />
Bauern, im Norden der geliebten Insel Alsen, auf dem Land um seinen<br />
Bauernhof bei Ruttebüll in Westschleswig wie auf seiner Reise in die Südsee, auf<br />
den Fahrten nach Neu-Guinea oder Neumecklenburg, auf Palau und auf Java, in<br />
Birma und den Philippinen. Aber dieser Klang des Legendären stellte sich ihm<br />
nicht nur in Betrachtung der Natur ein, er vernahm ihn genauso, wenn er in die<br />
Vorzeit eintauchte und sich mit biblischen Motiven beschäftigte oder sich märchenhaft-phantastischen<br />
Stoffen zuwandte.<br />
Den Ausdruck dieses Legendären erreichte <strong>Nolde</strong> durch die Farbigkeit seiner Bilder.<br />
Es ist die zu äußerster Leuchtkraft gesteigerte Farbe, die seine Legenden vorträgt.<br />
Die Legende liegt in der Farbe selbst und ist von ihr nicht zu trennen. Bei<br />
keinem anderen Expressionisten hat Farbe je diese unheimliche Glut, brennt in<br />
der Farbe dieses ungezügelte Feuer. Einer der französischen Fauves, André Derain,<br />
hatte die Farbtube einmal mit einer Dynamitpatrone verglichen, und wir kennen<br />
manch einen aus seinem Umkreis, bei dem es zu solchen farblichen Explosionen<br />
gekommen ist. Für <strong>Nolde</strong> dagegen scheint der Begriff der Explosion nicht zutref- 21