Emil Nolde & Werner Berg - Werner Berg Galerie
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20<br />
<strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong>, Herbstmeer XI, 1910<br />
Öl auf Leinwand, 73 x 88 cm, Wvz. Urban 399<br />
Kunsthaus Zürich<br />
dann alle nur denkbaren Differenzen<br />
als äußerlich und unwichtig. Sie werden<br />
beiseite geschoben, und es bleibt<br />
nichts als die unwiderstehliche Ausstrahlung<br />
des Vorbilds.<br />
II.<br />
Was war es, das <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> so sehr an<br />
<strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong> faszinierte, daß er ihn sich<br />
zum Vorbild wählte?<br />
Da ist zuerst die offenbare Einheit von<br />
Mensch und Werk. Was der Künstler tut<br />
– der immer ein Einzelgänger war und<br />
Gruppierungen mied – stimmt mit seiner<br />
Daseinsführung und seiner Erfahrungswelt<br />
überein, er sagt als Maler<br />
nichts anderes, als er sichtbar lebt.<br />
Dann – oder vielleicht doch zuallererst<br />
– hat <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> bei <strong>Nolde</strong> das dunkle<br />
Leuchten der Farbe berührt. <strong>Nolde</strong>s<br />
Farben scheinen alle der Natur entnommen, sie widersprechen ihr nicht, und sind<br />
doch viel mehr als bloße (und blasse) »Gegenstandsfarben«. Sie übersteigen die<br />
Natur, sind zu höchster Intensität gesteigert. Wo haben wir je in der Natur solche<br />
Farben gesehen (außer vielleicht in exotischen Sonnenuntergängen, aber die empfinden<br />
wir schnell als »kitschig«)?<br />
In den Blumenbildern <strong>Nolde</strong>s fand <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> ein intensives Glühen, wie es so<br />
wohl nur im Gefühl ihrer Vergänglichkeit erreicht werden konnte. In ihrem Blühen<br />
lebt schon die Ahnung ihres Verwelkens, in ihrer Glut steckt schon die Asche<br />
des Vergehens.<br />
Überhaupt die Macht des Gefühls bei <strong>Nolde</strong>: Unvermittelt bricht sie in eine banale<br />
Wirklichkeit ein und entreißt ihr, was sie durch die Kraft der Farbe zur Anschauung<br />
bringen kann. Was <strong>Nolde</strong> auch ansieht, ergreift er durch die Vitalität seiner<br />
Emotion. Wir spüren: Nie ist er unbeteiligt, welches Motiv er sich auch vornimmt,<br />
es bedeutet ihm viel. In seiner Schrift »Jahre der Kämpfe 1902-1914« (zuerst 1934<br />
erschienen) sagt er: »Ich wollte auch nicht malen, was ich wollte, nur was ich<br />
malen mußte.«<br />
Es ist, als ob es bei <strong>Nolde</strong> – vor allem in der Entfesselung der Farbe, aber auch in<br />
der Behandlung von Gesichtern – keine Regeln gäbe, als vertraute der Künstler<br />
nur auf sein Gefühl für das, was der Expression möglich ist, als stünde das, was<br />
<strong>Nolde</strong> macht, ganz am Anfang aller Kunst (und wäre nicht die Frucht jahrhundertealter<br />
Erfahrung). Etwas Urtümliches, Archaisches ereignet sich in seinen Bildern<br />
– und doch handeln sie von einfachen, überprüfbaren Wahrheiten. So<br />
erscheint dieser Zug zum Archaischen oder Zeitlosen durch die Realität gedeckt.