Emil Nolde & Werner Berg - Werner Berg Galerie
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<strong>Werner</strong> Scholz an <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>,<br />
Berlin, den 16. 4. 1932<br />
war mir oft das Drängen immerzu im Innern, aber ich weiß heute, es wird Gestalt<br />
werden. Die Werkstatt ist schön, kaum eine wohl liegt schöner; jetzt gibt es einen<br />
kleinen Garten dahinter, mitten zwischen den jungen Föhren. Überhaupt haben<br />
wir viel an unseren kleinen Gärten herum getan in den letzten Tagen; sie sind nicht<br />
üppig, aber haben etwas Eigenes, das uns lieb ist.<br />
Frau <strong>Nolde</strong>, hätte ich es wirklich gewagt, <strong>Nolde</strong>s aus dem Land der großen Herren-Häuser<br />
in unser armes Bauernland zu bitten? Wenn aber, ja wenn Sie einmal<br />
den Weg auf den Rutarhof in Unterkärnten finden könnten, das wäre – nicht zu<br />
schreiben schön. Aber lieber will ich es beim Schicksal als Fügung lassen, denn bei<br />
mir als unbescheidenen Wunsch und Gedanken.<br />
Ata heißt slowenisch Papa. Die kleinen, schmutzigen Slowenenkinder hör ich,<br />
wenn ich durch ein Dorf komme, an allen Ecken »Ata, Ata« rufen! Ich muss nun<br />
still lachen und sehr warm, wenn ich denke, sie wollen vielleicht wen herbeirufen.<br />
Nehmen Sie es ihnen nicht übel, liebe Frau <strong>Nolde</strong>, den kleinen, schmutzigen Slowenenkindern.<br />
Wir alle grüßen Sie und Ihren Mann, ich bin immer ganz<br />
Ihr <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong><br />
… Sonst passiert nichts hier. Alles ist pleite, und deswegen gibt’s auch keine Unternehmungen<br />
mehr. Bis auf eine große Freude, die allerdings alles andere aufhebt,<br />
ist alles tödlich still um Kunst. Diese Freude war der Besuch von <strong>Nolde</strong>s bei mir<br />
hier oben. Sie werden verstehen, was mir das bedeutet hat, diese beiden herrlichen<br />
Menschen mal bei meiner Arbeit zu haben. Und bei der Gelegenheit haben sie<br />
beide wieder so in Liebe und Güte von <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> gesprochen. Sie sind, glaube<br />
ich, so ganz bei Ihnen eingezogen, und nehmen Teil an allem, was Sie angeht. Ich<br />
brauche Ihnen das wahrscheinlich ja gar nicht zu schreiben, das werden Sie sicher<br />
von ihnen selber wissen. …<br />
gem habe ich wieder – auch körperlich – fest gearbeitet. Vor einem Monat bin ich<br />
mit Kurt Sachsse jeden Morgen um drei Uhr draußen gestanden auf unseren Grashängen<br />
– 14 Tage lang, das war unbeschreiblich schön. Jetzt ist die Getreideernte<br />
in vollem Gang und ich – drücke mich. Seit gut zwei Wochen habe ich mich, wie<br />
auch früher schon, ganz wieder in das schöne Atelier eingekapselt. …<br />
<strong>Nolde</strong>s! Ja zu denen geht mein Denken und Fühlen oft und oft hinüber, ich bin<br />
froh, auf meinem Wege ganz von einem Großen erfüllt und geschüttelt zu werden.<br />
Wahrscheinlich werden sie uns besuchen, es wäre unsere größte Freude. Frau<br />
<strong>Nolde</strong> schickte uns Blumenpflanzen, und eben jetzt blüht vorm Haus echt <strong>Nolde</strong>scher<br />
Mohn und Rittersporn. Wenn ich im Winter wieder hinfahre, können wir<br />
uns vielleicht treffen.<br />
Ich bin absolut willens, auf alle äußeren Beziehungen und Bindungen zu pfeifen,<br />
tue es auch längst, obwohl auch das nicht so leicht ist, wie es sich liest. Aus dem<br />
Künstlerbund bin ich heraus, unserem lieben Lehrer C. war es ein Leichtes. Eine<br />
Weile nur schmerzte es mich, die Nachricht kam gerade zu einer Zeit, wo meine<br />
Arbeit einen inneren Aufschwung nahm, wie nie zuvor. Ich hab es längst vergessen<br />
und will nur arbeiten.<br />
In diesem Jahre hat uns unendlich viel Hartes getroffen, Schlag auf Schlag. Warum<br />
soll ich es alles erzählen! Aber wir leben und freuen uns immer wieder des weiten,<br />
an Aufgaben überreichen Lebens. Ich aber steh und fall als Maler und habe – trotz<br />
allem viel Vertrauen. Nur meine Nerven haben einen Knacks bekommen, und es<br />
wird mir immer schwerer, mit Menschen umzugehen. Von der Landwirtschaft mit<br />
ihren vielen Aufregungen, Arbeiten und Freuden lässt sich schwer nur berichten,<br />
von unserem Zoologischen Garten aber muss ich Dir altem Tierfreund doch noch<br />
erzählen. Beim Mähen sind uns die kleinen Hasen und Rehkitze nur so zugefallen,<br />
ein kleines Reh ziehen wir jetzt auf – zu Ursis größter Freude. Zwischen den Blumen<br />
spielen zwei kleine pechschwarze Katzenteufel, und unsere Nera hat acht kleine<br />
Hunderl in die Welt gesetzt, von denen wir die meisten schon verschenkt haben.<br />
Auch vier ganz junge Kälber sind da, doch – grand malheur – lauter Stiere. Dazwischen<br />
toben und krähen die Kinder herum, überhaupt die Kinder! Die können das<br />
Leben schon allein lebenswert machen. …<br />
<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> an Eitel Klein,<br />
Lieber Klein!<br />
Rutarhof, den 27. 7. 1932<br />
In den frühen Morgenstunden dieses herrlich schönen Tages will ich einmal die<br />
Pinsel liegen lassen und Dir zurückschreiben. Über Deinen Brief habe ich mich<br />
recht gefreut, es ist das einzige Zeichen aus der ganzen Lernzeit, nichts ist sonst<br />
übrig geblieben, gar nichts.<br />
<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> an Ada <strong>Nolde</strong>,<br />
Sehr verehrte Frau <strong>Nolde</strong>!<br />
Dass Dich Deine Lage peinigt, kann ich gut nachfühlen. Aber die Öde der Akade-<br />
Rutarhof, Anfang August 1932 Zu diesem Tag (<strong>Nolde</strong>s Geburtstag) muss ich Ihnen schreiben, mag mich die<br />
mie war doch das Entsetzlichste, und was daran dem einen oder anderen ange-<br />
Scheu davor noch so zurückhalten, mehr noch fast als bei meinem ersten Briefe.<br />
nehm kommt, ist dem Künstler im Grunde nur innerste Feindschaft und Verderb-<br />
Ich habe nach Ihrer Anschrift (in Seebüll) gesucht, denken Sie nicht schlecht<br />
nis. An Deiner Stelle würde ich unbedingt weiter die Möglichkeit anstreben, auf<br />
davon.<br />
längere Zeit hinaus allein leben und arbeiten zu können. Gerade in diesen Jahren<br />
Wie oft in diesen Monaten ist nicht Denken und Fühlen diese Richtung gegangen,<br />
müssen wir alles daransetzen, ganz uns selbst zu finden. Nur dann lebt auch unse-<br />
jeden feierlichen Abend nach der Arbeit in der Werkstatt oder auf dem Felde, über<br />
re Arbeit aus eigener Kraft, wurscht was und ob einer überhaupt etwas dazu sagt.<br />
die lang gestreckten <strong>Berg</strong>e im Norden hinweg. Diese Monate waren oft unerhört<br />
Nach meiner Rückkehr ging es mir gesundheitlich zunächst gar nicht so, wie ich<br />
hart, aber Gesundheit und Kraft sind noch unser.<br />
gewünscht hätte, die ersten Tage in München, als ich in der Klinik war, hätte ich<br />
Ein Päckchen haben wir geschickt; wenn es sein darf, bitten wir Sie, das kleine<br />
178 wohl etwas mehr Schonung haben müssen. Dann ging es aber wieder, und seit lan-<br />
Eisentier Ihrem Manne mit auf den Tisch zu stellen. Kärntner Bauernhände haben 179