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Emil Nolde & Werner Berg - Werner Berg Galerie

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<strong>Werner</strong> an Mauki <strong>Berg</strong>,<br />

Dresden, den 14. 1. 1933<br />

ich, »Das Leben«. Der große Munch ist, glaube ich, besser zu finden als hier. <strong>Nolde</strong>s,<br />

drei, vielleicht nicht mit persönlicher Liebe gesammelt, aber es war doch ein<br />

schönes, schönes Wiedersehen. Das eine Stillleben ist im Sauerland; steht man<br />

davor, so staunt man, wie eine Reproduktion völlig, aber auch völlig irreführen<br />

kann. Nachher gehe ich wieder hin, aber zuerst zu Fides, wegen Bienert. Bei ihm<br />

sah ich auch einen Stoß der schönsten <strong>Nolde</strong>-Aquarelle, Ensor, Kokoschka, Marc,<br />

auch Schlemmer. … Dix zieht seine Kreise hier, auch <strong>Nolde</strong> spürt man bei soviel<br />

Dresdnern durch, zuweilen schamlos. Nein, <strong>Nolde</strong> soll sich nicht fürchten, ich<br />

muss das einmal sehr deutlich sagen, wenn ich dazukomme.<br />

Diese Reise ist im rechten Augenblick unternommen, ich bin sehr dankbar<br />

dafür. …<br />

Samstagabend<br />

… War soeben zum Tee bei – – – Dix. Alles was Recht ein ganzer Kerl und die Bude<br />

voll spielender Kinder. … Im Atelier riecht’s nur nach Arbeit bei ihm. …<br />

* Neben den vermutlich von Ada <strong>Nolde</strong> gekauften Fahrkarten wurde anscheinend<br />

auch ein Geldbetrag zur Unterstützung der Berlin-Reise von Ada <strong>Nolde</strong> übersandt<br />

und ist wahrscheinlich erst nach <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>s Abreise auf dem Rutarhof eingetroffen.<br />

Die Zusendung dürfte sich mit <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>s abwehrendem Brief an Frau <strong>Nolde</strong><br />

gekreuzt haben. Kaum nachzuvollziehen ist die negative Bedeutung, die <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong><br />

diesem Umstand beimaß. Der Ton der Berichterstattung an Mauki vom zweiten Berlin-Aufenthalt<br />

veränderte sich – »mit Karussell, versteht sich« –, und eine zunehmende<br />

Reserviertheit Ada <strong>Nolde</strong> gegenüber machte den früheren Herzensbezeugungen<br />

Platz. <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> beschreibt sich als kaputt, ausgebrannt und herzgrau wie Asche,<br />

verzagt, zerrissen, ausgelaugt und zu keinem Aufschwung fähig. Dies steht in merkwürdigem<br />

Gegensatz zum Elan der Berichte aus Prag und Dresden vom Beginn der<br />

Reise und zu den Schilderungen vom Zusammensein mit <strong>Werner</strong> Scholz.<br />

Beide <strong>Nolde</strong>s bewundern und kennen Dich sehr, was immer selbstverständlich<br />

eines ist. … <strong>Nolde</strong>s lassen euch alle herzlich grüßen. Auch Scholz …<br />

Scholz: der hat mich diesmal doch sehr stark berührt. Eine ungeheure Herzlichkeit,<br />

deren Echtheit immer wieder den Zweifel niederdrückt. Wenn alle meine Eindrücke<br />

stimmen, dann ist er ein großer Charakter und bestimmt kein kleiner<br />

Künstler. Hier ist er heute geradezu eine Berühmtheit (im Kronprinzen-Palais<br />

hängen zwei Bilder von ihm, Ankäufe), aber es hat ihm gar nichts an, nicht selten<br />

wohl scheißt ein Künstler aus lorbeerbekränztem Hintern so herzerfreulich auf<br />

die Gesellschaft. Mir scheint doch, er und seine Frau gehen auf einem sehr geraden<br />

Weg …<br />

<strong>Werner</strong> an Mauki <strong>Berg</strong>,<br />

… Es ist von dort aus (dass ich zum Rutarhof dort sagen muss, kommt mir sehr<br />

Berlin, im Jänner 1933<br />

komisch vor) gar nicht vorstellbar, wie dieses Berlin den Menschen um und um<br />

dreht, die Minuten frisst und den Schädel sausen macht. Ich bin ja hin und dorthin<br />

gezogen, ich werde rührend herumgehetzt. Wie wäre das erst geworden, wenn<br />

ich bei <strong>Nolde</strong>s gewohnt hätte, was Scholz ihnen mit vieler Mühe nur ausgeredet<br />

hat!<br />

<strong>Nolde</strong>s: Du spannst wohl auf den Bericht; ihn richtig zu geben ist mir noch<br />

unmöglich. Vorgestern musste ich von Scholz im Rasetempo hin, der Tisch stand<br />

schon gedeckt (mit Karussell, versteht sich), ich war schon länger erwartet. Die<br />

<strong>Werner</strong> an Mauki <strong>Berg</strong>,<br />

… Was ich mir auch vornehme, immer lande ich im Kronprinzen-Palais, und es<br />

Begrüßung war so selbstverständlich, als sei ich immer dort. Dass er kränkelt,<br />

Berlin, im Jänner 1933<br />

ist auch das Beste für mich, allein und frei zwischen den Bildern zu sein. Dann war<br />

drückt mich sehr, obwohl er um nichts verändert schien. Ob nicht ein schärferes,<br />

ich stundenlang in der Sammlung der Handzeichnungen, wo mir der überaus<br />

einfaches Leben die beste Medizin für ihn wäre? Er ist prachtvoll, die Dinge haben<br />

freundliche Wärter Mappen über Mappen heranschleppte, nachher war ich aller-<br />

ihm gar nichts an, er sprach so klar und ohne Entfernung, dass mir war, als wären<br />

dings wie ausgelaugt und zu keinem Aufschwung mehr fähig. Zerrissen war ich<br />

seine Worte in mir geboren und brauchten keinen Weg gehen. Sie beherrscht den<br />

auch gestern, Teufel, dass es bei mir immer gleich um das Malersein geht! Und<br />

Ton der Gesellschaft um ein Weniges zu gut, aber zu mir ist sie immer sehr schön.<br />

doch stehe auch ich zu dem stilleren Leben meiner Bilder.<br />

Aber in mir ist etwas kaputt, Mauki, ich kann es nicht leugnen, wäre das doch nie<br />

Gleich treffe ich <strong>Nolde</strong>s in der Stadt. Eine große belgische Ausstellung soll eröffnet<br />

gewesen! Das Geld* kann ich wohl kaum zurückgeben (gut, dass Du es gefunden<br />

hast und mir schriebst!), ich hätte ein sehr Vielfaches davon haben sollen, das<br />

werden, drum herum ist viel politischer Stunk. …<br />

erfuhr ich durch sonderbaren Zufall. Nun muss ich mich in einem Grade zurück-<br />

Überzeugt von seinem künstlerischen Weg, bedrängten <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> gleichzeitig Zweihalten,<br />

der, fürchte ich, beleidigt, ich kann aber leider nicht anders mehr. Es ist ein<br />

fel, ob die Qualität seiner Produktion dem auf der Reise Gesehenen standhalte. War<br />

Jammer!<br />

die erste Berlin-Reise 1932 Impuls für eine Abkehr von der Akademie und eine neue,<br />

Zwischen den Bildern stand ich wie in einem lodernden Feuer, und nachher war<br />

flächige Malweise gewesen, galt es nun, das in der Zwischenzeit entstandene Werk<br />

ich dann auch ausgebrannt und herzgrau wie Asche. Wie selten, dass ich so vom<br />

selbstkritisch an den großen Vorbildern zu prüfen und sein »Malersein« vor sich selbst<br />

Brausen der Farbe geschüttelt und davongetragen wurde! Nein, Mauki, dieser<br />

<strong>Nolde</strong> ist so ganz Gewalt und Größe, wie möchte es auch Dich angreifen! Verza-<br />

und der Außenwelt zu legitimieren.<br />

gen müsste der junge Maler, wär nicht die Hoffnung, dass auch die einfache Arbeit<br />

<strong>Werner</strong> an Mauki <strong>Berg</strong>,<br />

… Frau <strong>Nolde</strong> nun hält sich auch wieder ihrerseits zurück, doch oft und oft ruft<br />

186 gesegnet sein kann. Aber wie weit, wie weit muss ich noch gehen!<br />

Berlin, im Jänner 1933<br />

sie an und lenkt meine Schritte hierhin und dorthin. Trotzdem ist das Verhältnis 187

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