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Emil Nolde & Werner Berg - Werner Berg Galerie

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Otto v. d. Heyde an <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>,<br />

Berlin, den 15. 1. 1934<br />

<strong>Werner</strong> Scholz an <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>,<br />

Berlin, um den 20. 1. 1934<br />

… Wir haben nicht so viel gehängt, wie ich vielleicht anfangs vorhatte … – nach<br />

reiflicher Überlegung. – Ich sage »wir« nicht im »Geschäftsstil« oder als »pluralis<br />

majestatis«, sondern Familie Scholz und Frau <strong>Nolde</strong> waren ja so liebenswürdig,<br />

beim Hängen zu helfen. … So haben wir in den drei vorderen Räumen eine elegante,<br />

geschlossene Ausstellung zustande gebracht.. …<br />

Es waren schon mehrere der wichtigsten Kritiker da und »man« interessiert sich<br />

unbedingt für Ihre Arbeiten, ich glaube, dass sie zum Teil sehr anerkannt werden<br />

und Berlin ist ein heißes Pflaster in dem Punkte!! …<br />

… Also mein Herr, nun hängen Sie in Berlin, und die ersten Zeitungen haben<br />

bereits über <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> berichtet. Ärgern Sie sich nicht zuviel und freuen Sie sich<br />

nicht zu sehr über das Gedruckte. – Das Schwarze sind die Buchstaben – So ist<br />

jedenfalls meine Meinung. Hoffentlich verkauft Heyde was, und hoffentlich<br />

beschäftigt sich eine Reihe Menschen intensiv mit Ihnen. Die Ausstellung sieht gut<br />

aus. … Ich drücke jedenfalls drei Wochen die Daumen.<br />

Wissen Sie, wer mir die Ehre eines Besuches machte? – Herr Harnest!!! Erst war er<br />

bei <strong>Nolde</strong>s, bei Ehardt usw., usw., er sagt aber, dass er ganz zurückgezogen lebe, –<br />

Plötzlich erinnerte ich mich, dass das der von Curt Sachsse bei Nacht und Nebel<br />

rausexpedierte feine Herr sei. Ich mochte seine Arbeiten nicht sonderlich, <strong>Nolde</strong>s<br />

gefielen sie aber. Na, alles powidl! …<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> mag sich mehr Resonanz seitens <strong>Nolde</strong>s zu seinen Bildern erwartet<br />

haben. Die Erwähnung eines einzigen Bildes und der anschließende ausführlichere<br />

Bericht über ein eher belangloses Ereignis muss ihm wie deutliche, wenn auch nicht<br />

direkte Kritik an seinem künstlerischen Weg erschienen sein. Zu einer Aussprache<br />

darüber mit <strong>Nolde</strong> ist es nicht mehr gekommen.<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> an Ada <strong>Nolde</strong>,<br />

Ende Jänner 1934<br />

Der Grund des endgültigen Bruches mit <strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong> bleibt unklar. Dass <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong><br />

mit <strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong> allein nur wegen dessen (und vor allem Ada <strong>Nolde</strong>s) damaliger<br />

Bestrebungen, eine bedeutende Position in der Kunstpolitik im nationalsozialistischen<br />

Staat zu erlangen, brach, wie <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> es zwanzig Jahre später in<br />

einem Brief an Maria Schuler darstellte – »habe die Entfremdung, die 33/34 infolge<br />

seiner, mehr noch seiner Frau Nazibegeisterung eintrat, nie ganz verwunden« – ,<br />

und mit etwa den gleichen Worten zwei Tage vor seinem Tod mir gegenüber wiederholte,<br />

ist als alleiniger Grund nicht ganz nachvollziehbar. <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> – oft in<br />

geradezu naiver Weise apolitisch – scheute, trotz mehrfach geäußerter Vorbehalte<br />

gegenüber der sich etablierenden Kulturpolitik, seinerseits Kontakte zu einzelnen<br />

Nationalsozialisten keineswegs. Als etwa <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>s Ausstellung 1935 im Kölner<br />

Kunstverein auf Anordnung der lokalen Reichskunstkammer als »nicht dem<br />

gesunden Volksempfinden entsprechend« polizeilich gesperrt wurde, überlegte<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> ernstlich, über seinen Schwager, einem SS-Mitglied und Bekannten<br />

Himmlers, den Stellvertreter des Führers um Hilfe gegen das Vorgehen der örtlichen<br />

Behörden anzurufen, wovon ihm der Direktor des Kunstvereins erst dringend abraten<br />

musste.<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong> vermisste jedoch eine klare Distanzierung <strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong>s von allen »gesellschaftlichen«<br />

Ambitionen im NS-Staat. »Was von <strong>Nolde</strong> absolut gesetzt wird, ist die<br />

Kunst – nicht deren vordergründige Akklamation, nicht deren äußerer Erfolg, sondern<br />

deren innere Wahrhaftigkeit«* – einen vermeintlichen Verstoß <strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong>s oder<br />

seiner Frau Ada gegen diese Lebensmaxime verurteilte <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>, als er an anderer<br />

Stelle »die nicht zu begreifenden Lebensnotwendigkeiten berlinischer Prominenz«<br />

ablehnte (was Ursel Scholz als das »entmutigende Verhalten von Stratosphären-Arri-<br />

Sehr geehrte Frau <strong>Nolde</strong>!<br />

Kurz muss ich Ihnen noch schreiben: Dass meine Gesinnung zu <strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong> selbstverständlich<br />

nicht wandelbar ist. Dass ich immer in Treue zu ihm leben und arbeiten<br />

werde, wenn auch leider ohne seinen Segen.<br />

Der Grund meines plötzlichen Abschieds ist aber nur der, dass sich meiner Haltung<br />

die Flauheit und Unaufrichtigkeit einer gesellschaftlichen Einstellung verbietet,<br />

die der Größe des verehrten Mannes und seines Werkes nicht würdig ist.<br />

Mein Gruß darf wohl in diesem Leben nicht mehr zu <strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong> dringen.<br />

<strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong><br />

Ada <strong>Nolde</strong> an <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>,<br />

Lieber <strong>Werner</strong> <strong>Berg</strong>.<br />

Berlin, den 25. 1. 1934<br />

Etwas Echo auf Ihren Ruf haben Sie gehört durch die Zeitungen, die Ihnen v. d.<br />

Heyde gesandt hat. Er hatte versprochen, sie uns auch zu geben, aber wie das so<br />

ist, wenn man so nahe ist – wir haben sie noch nicht. Er scheint aber sonst ein aufrechter<br />

und anständiger Mensch zu sein und hat auch Ihre Bilder mit viel Einfühlung<br />

gehängt. Freilich haben wir ihm geholfen, aber man spürte doch seine gute<br />

Einstellung.<br />

Die Auswahl hat Sie hoffentlich gefreut. Es war eine Sache, die viel Gewissen verlangte.<br />

Am liebsten sind wohl meinem Manne und mir das Bild von Großmutter<br />

und Enkelkind, aber wir freuen und interessieren uns für die verschiedenen Richtungen,<br />

die Sie einschlagen und sind erwartungsvoll, wo Sie hinsteuern. Wir wünschen<br />

Ihnen Glück zu diesem ersten Anfang der äußeren Künstlerlaufbahn.<br />

Ein junger Maler stand vor der Tür: Fritz Harnest. Er sprach auch von Ihnen und<br />

sagte, er wäre auf dem Rutarhof gewesen. Wir haben ihn ein wenig aufgenommen,<br />

von <strong>Werner</strong> Scholz aber hörten wir nachträglich, dass Sie ihn Hals über Kopf vom<br />

Hof gejagt hätten. Ist der Mensch falsch? Sie kennen ihn doch wohl besser.<br />

Nach Gastein werden wir nicht kommen – im Augenblick geht es meinem Mann<br />

recht gut. – Ihnen beiden die herzlichsten Grüße und frohe Ausschau ins Leben<br />

wünschen wir Ihnen.<br />

Ihre Ada <strong>Nolde</strong><br />

204<br />

* Siehe dazu und im Folgenden Thomas Knubben: »Mein Leid, meine Qual, meine<br />

Verachtung« in: <strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong>, »Ungemalte Bilder«, Stuttgart 2000, Seite 137ff.<br />

205

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