Emil Nolde & Werner Berg - Werner Berg Galerie
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<strong>Emil</strong> <strong>Nolde</strong>, Kerzentänzerinnen, 1912<br />
Öl auf Leinwand, 100,5 x 86,5 cm<br />
Wvz. Urban 512<br />
<strong>Nolde</strong> Stiftung Seebüll<br />
fend. Was seine Farbigkeit auszeichnet, ist viel<br />
mehr ein intensives, andauerndes Glühen, das<br />
sich, wenn man vor seinen Bildern steht, unablässig<br />
zu steigern scheint, bis es schwer wird, dieser<br />
Glut standzuhalten.<br />
Ging es Kirchner und Heckel bei aller Bevorzugung<br />
des Ausdrucks um eine gewisse innere Ausgewogenheit,<br />
eine Balance von Bildaufbau und<br />
Farbgebung, so setzt <strong>Nolde</strong>, unbekümmert um<br />
Vorschriften der Harmonie, alles auf die Ausdruckskraft<br />
der Farbe. Schmidt-Rottluff ist ihm<br />
da in einigen seiner Landschaften noch am nächsten<br />
gekommen, Otto Mueller ist ihm am fernsten.<br />
Wo Mueller sich den Träumen von seinen<br />
unschuldig–sinnlichen Paradiesen hingibt und<br />
dabei mitunter sentimental-nostalgisch wird,<br />
bleibt <strong>Nolde</strong> vital zupackend. Nicht er ist es, der<br />
gedankenvoll der Natur nachsinnt (wie Böcklin),<br />
die Natur ist es, die zu ihm kommt, um genommen,<br />
um erkannt zu werden.<br />
<strong>Nolde</strong>s Farbe, und das ist eines ihrer Wunder,<br />
scheint ganz aus der Anschauung der Natur zu<br />
kommen – und übertrifft sie doch. Sind seine<br />
Farben, deshalb entgegen dem Augenschein,<br />
nichts anderes als eine psychische Projektion des<br />
Künstlers, als die Projektion einer ekstatischen<br />
Empfindsamkeit? Vielleicht kommen wir der Wahrheit am nächsten, wenn wir sie<br />
als das Ergebnis eines wechselseitigen Prozesses von Eindruck und Ausdruck,<br />
Impression und Expression, als Resultat dieser besonderen, <strong>Nolde</strong> eigenen Erlebnisweise<br />
nehmen, mit der er auf die Natur reagierte und schon im Augenblick<br />
ihrer Wahrnehmung, nicht etwa erst im – langsam nach manchen Umwegen<br />
errungenen – Malvorgang sie in Bilder orgiastischen Ausdrucks verwandelte. Da<br />
werden oft leise Anstöße oder nicht unbedingt spektakuläre Reize genügt haben,<br />
um ihn in heraufziehenden Wolken dräuende Gebirgsmassive, in der Verzückung<br />
der Kerzentänzerinnen dionysischen Taumel, im Sonnenuntergang über dem<br />
Meer den Weltenbrand, in seinem Widerschein auf dem Wasser flüssiges Feuer<br />
erleben zu lassen.<br />
Diese sich ins Legendäre steigernde, zum Naturmythos tendierende Ausdruckskraft<br />
der Farbe, die <strong>Nolde</strong> in den Jahren zwischen 1908 und 1910 erreichte und die<br />
manchem als das spezifisch Deutsche seiner Kunst erscheint, hätte er nicht ohne<br />
die Kenntnis der zeitgenössischen französischen Malerei entwickeln können. Diese<br />
konnte er zuerst bei einem Paris-Aufenthalt 1899-1900 studieren, tiefer wurde er<br />
mit ihr 1906 im Kreis um Karl Ernst Osthaus vertraut. <strong>Nolde</strong> war sich dieser