Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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HERBERT RÄDLE<br />
Der Maler Marx Weiß (tätig 1536-1580) -<br />
ein Stilepigone des Meisters von Meßkirch<br />
Der Baiinger Maler Marx Weiß (Lebenszeit ca. 1505-1580) wurde<br />
einst von Walter Hugelshofer mit dem Meister von Meßkirch<br />
gleichgesetzt (1). Hugelshofer stützte seine These in erster Linie<br />
auf Beobachtungen am sogenannten Göldlin-Riß. Dieser, eine<br />
1543 datierte Vorlage für eine Glasscheibe, ist einerseits durch das<br />
Monogramm MW als Werk des Marx Weiß verbürgt, andererseits<br />
weist er in Aufbau, Motiven und Ornamentik sowie im Zeichenstil<br />
unverkennbare Ähnlichkeiten mit Blättern des Meisters von Meßkirch<br />
auf (2). Indessen sind die Qualitätsunterschiede so gravierend,<br />
daß man heute davon ausgeht, daß der Göldlinriß eben<br />
nur von einem weniger begabten Schüler bzw. Stilepigonen des<br />
Meisters von Meßkirch stammen kann (3).<br />
Auch die Kaiphastafel aus dem Pariser Louvre, die wir in Abb. 1<br />
zeigen und die von einigen als Kopie nach dem Meister von Meßkirch<br />
angesehen wird (4), ist durch ihre Signatur als Werk des<br />
Marx Weiß belegt (5). Unsere Abbildungen 1 und 2 erlauben hier<br />
dem Betrachter einen direkten Vergleich. Der Vergleich der beiden<br />
Bilder läßt eine deutliche stilistische Abhängigkeit des »Schülers«<br />
bzw. Stilepigonen Marx Weiß (Kaiphastafel) von seinem »Lehrer«<br />
und Vorbild, dem Meister von Meßkirch (Judaskuß) erkennen.<br />
Was wissen wir von Marx Weiß?<br />
Die frühesten Nachrichten über das Leben des Marx Weiß stammen<br />
aus der 2. Hälfte der 1530er Jahre. Es handelt sich dabei um<br />
Quittungsbelege, die seine Beteiligung an der Ausmalung der Gemächer<br />
Herzog Ulrichs in Stuttgart in den Jahren 1536/38 bezeugen.<br />
Herzog Ulrich ist ja vor allem dadurch weithin bekannt, daß<br />
er 1534/35 die Reformation im Herzogtum Württemberg einführte.<br />
Neben Marx Weiß waren um 1536 auch Heinrich Füllmaurer, Albrecht<br />
Mayer und Hans Schickhardt am Stuttgarter Hof als Maler<br />
beschäftigt.<br />
Um 1540 war dann Marx Weiß wiederum zusammen mit Füllmaurer<br />
und Mayer an einem größeren Auftrag des württembergischen<br />
Hofes beteiligt, dem sogenannten Mömpelgarder Altar, der sich<br />
heute im Kunsthistorischen Museum in Wien (im Depot) befindet<br />
(6). Der Mömpelgarder Altar wurde im Auftrag Graf Georgs von<br />
Württemberg, eines Bruders von Herzog Ulrich, gemalt. Graf Georg<br />
war 1536-1542 in der Grafschaft Mömpelgard (nahe Mühlhausen)<br />
Regent und führte dort mit obrigkeitlichen Zwangsmaßnahmen die<br />
Reformation ein (7).<br />
Das riesige, sechsflüglige Altarwerk mit über 150 einzelnen Darstellungen<br />
aus dem Leben Jesu muß in Mömpelgard in der Kirche<br />
St. Mainboeuf gestanden haben, da die Darstellungen deutsche<br />
Bibelzitate (in schwäbischer Mundart) aufweisen und nur dort<br />
deutsch gepredigt wurde. Werner Fleischhauer hat den Mömpelgarder<br />
Altar, der in der älteren Literatur Barthel Beham, dem Meister<br />
von Meßkirch, der Schule Burgkmairs, Hans Schäufelein und<br />
selbst Dürer zugeschrieben wurde, als ein Werk des genannten<br />
Füllmaurer (und mehrerer Mitarbeiter) erkannt, dem in der fraglichen<br />
Zeit, 1539/40, für eine nicht näher bezeichnete, im Auftrag<br />
des Grafen Georg von Mömpelgard ausgeführte Arbeit ein erheblicher<br />
Geldbetrag ausbezahlt wurde. Fleischhauer glaubt, neben<br />
15<br />
Füllmaurer drei weitere »Hände« unterscheiden zu können, in denen<br />
er die Maler Albrecht Mayer, Marx Weiß und einen Schüler<br />
Schäufeleins vermutet (8).<br />
Marx Weiß ist in den 1550er Jahren dann wieder als Maler der<br />
Fresken im Chor des Markus-Münsters in Reichenau/Mittelzell<br />
(datiert 1555) nachgewiesen, ebenso als Meister der Ausmalungen<br />
am Gewölbe des Mittelschiffs und des Chorbogens im Münster zu<br />
Überlingen (1560) (9).<br />
Im Überlinger Münster wirkte dann, wie eine bei Hecht abgebildete<br />
Urkunde zeigt (10), auch bereits sein Sohn Andreas Christoffel<br />
Weiß mit. Und Andreas Christoffel Weiß ist wohl auch der Maler<br />
des Flügelaltars des Johann Michael Gremiich von Jungingen und<br />
seiner Frau Margarete, geborene Freiin von Enzberg. Der Gremlich-Altar<br />
wurde um 1620 gemalt und befindet sich heute in den<br />
Donaueschinger Sammlungen (11).<br />
Anmerkungen<br />
(1) W. Hugelshofer, Schweizer Handzeichnungen des 15- und<br />
16. Jahrhundert, Freiburg/Brsg. 1928<br />
(2) Vgl. M. Kopplin, in: Die Renaissance, Ausstellungskatalog<br />
des Bad. Landesmus. Karlsruhe 1986, S. 328f.; 331.<br />
(3) Vgl. Kopplin, wie Anm. 2, S. 331f.<br />
(4) Vgl. J. Lauts, in: Katalog Alte Meister der Staatlichen Kunsthalle<br />
Karlsruhe, Textband, Karlsruhe 1966, S. 191, Nr. 98<br />
(5) Vgl. J. Hecht, in: Hohenz. Jahreshefte 7,1940, S. 73<br />
(6) Zum Mömpelgarder Altar insbesondere M. Kopplin, in: Die<br />
Renaissance (wie Anm. 2), S. 182ff.<br />
(7) Die württembergische Grafschaft Mömpelgard wurde 1535<br />
reformiert. Mömpelgard war bis 1723 mehrfach von sogenannten<br />
Sekundogenituren des Hauses Württemberg regiert<br />
und wurde 172 3 in Personalunion mit dem Herzogtum verbunden.<br />
1793 kam dieser linksrheinisch gelegene Besitz<br />
Württembergs an Frankreich.<br />
(8) Dasselbe gilt für eine zweite Fassung des Mömpelgarder Altars,<br />
die sich heute im Schloßmuseum Gotha befindet. Vgl.<br />
W. Fleischhauer, Die Renaissance im Herzogtum Württemberg,<br />
Stuttgart 1971, S. 156-159<br />
(9) Vgl. C. Grimm und B. Konrad, Die Fürstenbergsammlungen<br />
Donaueschingen, München 1990, S. 2l4f.<br />
(10) J. Hecht, wie Anm. 5, S. 72f., mit Abb. 10<br />
(11) Vgl. C. Grimm, wie Anm. 9, S. 248ff. Die adelige Familie der<br />
Gremiich stellte übrigens ebenso Äbtissinnen im Kloster<br />
Heiligkreuztal wie die Familie der mit den Gremlich verschwägerten<br />
Enzberg. So gab es drei Heiligkreuztaler Äbtissinnen<br />
namens Anna von Gremlich (in der Zeit zwischen<br />
1444 und 1521). Eine Veronika von Enzberg ist 1567/68 in<br />
Heiligkreuztal als Äbtissin belegt. Das Schloß der heute<br />
noch dort ansässigen Freiherren von Enzberg in Mühlheim<br />
an der Donau erhebt sich in der NW-Ecke der Stadt, am Platz<br />
der alten Burg. Der dreigeschossige Rechteckbau des sog.<br />
Hinteren Schlosses (mit hohem Walmdach) wurde 1751<br />
nach Plänen des Deutschordensbaumeisters Giovanni Bagnato<br />
umgebaut.