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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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gebrachten Familien von Gestapo-Angehörigen teilen musste. Im Dezember<br />

erhielt die Gräfin dort Nachricht von der bereits am 10.<br />

August 1944 erfolgten Hinrichtung ihres Sohnes Berthold (1905 -<br />

1944), eines Bruders des Grafen Claus.<br />

Die Familienmitglieder der gräflichen Linie der Schenken von Staufenberg<br />

gerieten in Sippenhaft. Beschlagnahmt wurden auch ihre Güter<br />

in Lautlingen, Merdingen bei Nördlingen, Jettingen bei Günzburg<br />

und Greifenstein bei Bamberg. Doch damit hatte es nicht sein Bewenden.<br />

Von Sippenhaft und Beschlagnahme betroffen war ferner<br />

Friedrich Schenk Freiherr von Staufenberg (1908 - 1982) in Wiblingen<br />

(heute Gem. Langenenslingen, Landkr. Biberach).<br />

Über die Ereignisse im Anschluß an das Attentat schrieb Pfarrer<br />

Franz Neuburger in der Wilflinger Pfarrchronik: »Der Attentäter ist<br />

ein entfernter Verwandter der hiesigen Patronatsherrschaft und Träger<br />

gleichen Namens: Staufenberg.<br />

Als die Herrschaften am Morgen des 21. Juli durchs Radio die Meldung<br />

vom Attentat und den Namen des Attentäters hörten, befürchteten<br />

sie sofort das Schlimmste für ihre Familie. Nach wenigen Stunden<br />

betraten eine größere Anzahl von Gestapo-Beamten aus Stuttgart ihre<br />

Wohnung und nahmen nach einem kurzen Verhör sämtliche anwesenden<br />

Bewohner des Schlosses und Forsthauses, auch die zufällig<br />

anwesenden Gäste, in Haft. Die Verhafteten wurden sofort ins Gefängnis<br />

nach Hechingen verbracht«.<br />

Unter den Verhafteten befand sich auch die Gemahlin des Schloßherrn,<br />

Mechthild Freifrau Schenk von Staufenberg geb. Gräfin Adelmann<br />

von Adelmannsfelden. Nicht behelligt wurden jedoch die drei<br />

Kinder des Ehepaares. Diese blieben, wie Pfarrer Neuburger berichtet,<br />

bei ihrer Kinderschwester. Am folgenden Tag begaben sie sich<br />

nach Leutkirch im Allgäu.<br />

Über die Atmosphäre in Wilflingen berichtet der Chronist: »Im Dorfe<br />

herrschte ob dieser Ereignisse eine gedrückte Stimmung. Im Schloß<br />

ließ sich die Gestapo nieder. Ständig waren 2 Beamte anwesend. Nur<br />

ganz vertrauten Personen gegenüber konnte man seine Meinung<br />

äußern. Niemand wagte seine innersten Gedanken betreff des Attentats<br />

zu offenbaren. Über jedem Einzelnen schwebte unsichtbar Gefängnis,<br />

KZ oder Tod. Es war gut, daß die Erntezeit kam und die Leute<br />

ganz von den Arbeiten auf dem Felde in Anspruch genommen wurden...«<br />

Am 9- September 1944 - Friedrich Schenk Freiherr von Stauffenberg<br />

und seine Gemahlin befanden sich immer noch in Sippenhaft - wurden<br />

Fürst Friedrich von Hohenzollern und sein Zwillingsbruder,<br />

Prinz Franz Josef von Hohenzollern-Emden, mit ihren Familien nach<br />

Wilflingen in Schutzhaft verbracht, um der nach Deutschland überstellten<br />

Vichy-Regierung unter Marschall Philippe Petain im Sigmaringer<br />

Schloß eine angemessene Unterkunft zu verschaffen.<br />

Nach den Plänen der Reichsregierung sollte im Wilflinger Schloß ferner<br />

der Führer der faschistischen französischen Volkspartei, Jacques<br />

Doriot, seinen Sitz nehmen. Dieser lehnte das Angebot jedoch schroff<br />

ab. Er begab sich vielmehr auf die Insel Mainau, von wo er ungestörter<br />

die Entmachtung der in Sigmaringen installierten »Französischen<br />

Regierungskommission für die Verteidigung der nationalen Interessen«<br />

betreiben konnte.<br />

53<br />

Laut Pfarrchronik von Wilflingen wurden Baron Friedrich Schenk<br />

von Stauffenberg und seine Gemahlin im Oktober 1944 aus dem Gefängnis<br />

entlassen. Sie wohnten zuerst im Eisighof, dann im Forsthaus,<br />

dem alten Amtshaus, das später bekanntlich von dem Schriftsteller<br />

Ernst Jünger und seiner Frau bewohnt wurde. Wie in der Chronik<br />

ausdrücklich festgehalten wurde, durfte der Eigentümer sein Schloß<br />

in Wilflingen nicht betreten.<br />

Nach den Aufzeichnungen Pfarrer Neuburgers wurden Fürst Friedrich<br />

von Hohenzollern und sein Bruder am 1. November 1944 aus<br />

der Schutzhaft wieder entlassen. Danach begab sich der Fürst laut Tagebuch<br />

von Maximilian Schaitel zunächst zu seinem Schwager, dem<br />

Grafen Douglas, nach Schloß Langenstein. Später nahm der Fürst von<br />

Hohenzollern in seinem Landhaus in Krauchenwies Wohnung.<br />

Wie aus der Wilflinger Pfarrchronik ferner entnommen werden<br />

kann, zogen anstelle der Mitglieder des Fürstl. Hauses Hohenzollern<br />

eine Gruppe der Miliz der Vichy-Regierung im Schloß Wilflingen ein.<br />

Die Einheit, die vermutlich vorher im Schloß Krauchenwies stationiert<br />

war, verließ jedoch bereits Anfang Januar 1945 das Wilflinger<br />

Schloß. Kurz danach nahm der französische Ministerpräsident Pierre<br />

Laval, der sich mit Marschall Petain zerstritten hatte, mit seiner Umgebung<br />

dort seinen Sitz.<br />

Im April 1945 notierte Pfarrer Neuburger in seiner Chronik: »Laval<br />

und sein Ministerium fliehen am 20. April weiter nach Süden. Die<br />

meisten deutschen Truppen verlassen das Dorf und eilen dem Allgäu<br />

und den Bergen zu... Es wird totenstül im Dorf. Mit Spannung wartete<br />

man auf den Einmarsch der Franzosen. Am 25. April - Markustag<br />

- gegen 6 Uhr kommen die ersten französischen Panzer von Sigmaringen<br />

her...«<br />

Das Wilflinger Schloß diente den französischen Truppen als Kommandantur.<br />

Der Schloßherr, Baron Friedrich Schenk von Stauffenberg,<br />

mußte nach dem Krieg wie seine Verwandten noch lange Zeit<br />

um die Wiedererlangung seines von den Nazis beschlagnahmten Eigentums<br />

kämpfen.<br />

Quellen- und Literaturnachweise:<br />

Pfarrchronik von Wilflingen, Diözesanarchiv Rottenburg<br />

Gerd Wunder: Die Schenken von Stauffenberg.<br />

Eine Familiengeschichte<br />

(= Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde<br />

11), Stuttgart 1972<br />

Peter Hoffmann: Claus Schenk Graf von Stauffenbeg und seine<br />

Brüder, Stuttgart 1992<br />

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