Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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CHRISTIAN H. FREITAG<br />
Die Schernegger Kreuzung -<br />
ein historisches Ensemble<br />
im Hohenfelser Land<br />
Seit Jahrhunderten kreuzen sich bei Kalkofen-Schernegg im Hohenfelser<br />
Land mehrere Straßen: die alte Römerstraße Stockach-<br />
Pfullendorf, der steile alte Mühlweg hinunter zur Neumühle, die<br />
Verbindungsstraße nach Liggersdorf und schließlich die um 1830<br />
gebaute Serpentinenstraße nach Mahlspüren im Tal.<br />
Kreuzung<br />
An Kreuzungen wird gemeinhin angehalten: zum einen, um eventuell<br />
anderen Verkehrsteilnehmern die Vorfahrt zu geben, zum anderen,<br />
um sich für die Weiterfahrt zu orientieren, um Rast zu machen,<br />
sich zu proviantieren und dabei möglichst auch Neuigkeiten<br />
auszutauschen. Kein Wunder also, dass an der Schernegger Kreuzung<br />
schon frühzeitig ein Rasthaus und eine Schmiede standen. In<br />
einer Urkunde aus dem Jahre 1543 wird denn auch eine (nach erfolgtem<br />
Umbau so genannte) »neue Weintaverne und Herherge an<br />
der Landstraße« beschrieben.<br />
Schern-Egg<br />
»Schern-Egg« bezeichnet laut Grimms Wörterbuch eine »Verkaufsstelle<br />
von Fleisch, Brot u.ä. an einem Hügelrücken« - ein<br />
überaus passend gewählter Name für Lage und Funktion des Hohenfelsischen<br />
Schernegg. Dass hier im übrigen der Tagungsort<br />
deutschordentlicher Gerichtsbarkeit war und zudem eine Schule<br />
eingerichtet wurde, unterstreicht die - wir würden heute sagen -<br />
»zentralörtliche Bedeutung« der Schernegger Kreuzung.<br />
Die Einkünfte, die die Schernegger Wirte und der Deutsche Orden<br />
als Landesherr durch den Verkauf von Proviant, die Versorgung<br />
der Fuhrwerke, die Gewährung von Unterkunft u.ä. hatten, waren<br />
in der Regel beträchtlich. Das Geschäft brummte, ähnlich wie<br />
heute an mancher Autobahnraststätte.<br />
Anfang des 18. Jahrhunderts wurde ein erweiterter Neubau notwendig,<br />
der ein paar Jahre später unter Aufsicht des Deutschordensbaumeisters<br />
F.A. Bagnato schließlich in die barocke Form gebracht<br />
wurde, in der Haus Schernegg auch heute noch bewohnt<br />
und erhalten wird.<br />
Die verkehrsgünstige Geschäftslage hatte allerdings nicht nur Vorteile:<br />
1796, während der Koalitionskriege, legte der französische<br />
General Viomenü, die militärische Gunst des Ortes erkennend, sein<br />
Hauptquartier für einige Zeit ins Haus Schernegg. Trotz guter Verpflegung<br />
- an einem Tag ließ man ihm »4 Bouteilles Burgunder, 10<br />
Maß Seewein, einige Hühner und etwas Obst« aus Hohenfelser<br />
Schlossbeständen zukommen - kam es im Verlaufe der Einquartierung<br />
zu Misshandlungen des Schernegger Wirts und zu Diebstählen;<br />
unter anderem ließen die Truppen silbernes Besteck und<br />
Zinnteller im Werte von über 17 Gulden mitgehen.<br />
Mühlweg<br />
Transport und Reisen allgemein waren in früheren Jahrhunderten<br />
wohl mindestens ebenso gefahrvoll wie heute, zumal auf dem steilen<br />
Kalkofer Mühlweg, über den es in einem Bericht aus den<br />
1930er Jahren heißt: »Wie auf diesem Weg die Mühlfuhren auf und<br />
ab fahren konnten, ist fast ein Rätsel. Bei jeder Fahrt (zur Neumühle)<br />
taten sich mehrere Gespanne zusammen und fuhren mit<br />
vielfachem Vorspann das Mehl zu Berge. Aber auch so muss es<br />
noch eine Schinderei für die Pferde gewesen sein« - und ebenso<br />
für die Fuhrleute, möchte man ergänzen.