Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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genutzt wurde, ist unbekannt. Rückschlüsse auf die damalige Nutzung<br />
läßt allenfalls der bereits erwähnte Plan für den Rathausneubau von<br />
1656 zu. Nach diesem Plan waren für das Obergeschoß Ratsstube,<br />
Laube, Küche und Gemeindestube vorgesehen, und im Erdgeschoß<br />
waren das Warenlager für den Markt und der Schafstall untergebracht.<br />
Auch das um 1500 errichtete dreigeschossige Rathaus des nördlich<br />
von Sigmaringen gelegenen Veringenstadt zeigte ähnliche Nutzungsverteilung.<br />
Das Erdgeschoß bleibt den Waren vorbehalten, und in den<br />
oberen Geschossen sind Halle, Rats- und Amtsstuben zu finden.' 0<br />
Warenlager, Rats- und Amtsstuben weisen auf das besondere Recht der<br />
Stadt hin, das Recht der Selbstverwaltung, der Rechtsprechung und das<br />
Marktrecht, das es auf dem Land, für die Dorfbewohner, nicht gab. Nur<br />
in der Stadt konnten die Waren veräußert werden. Und in der Stadt organisierte<br />
sich das Gemeinwesen. Nicht der Stadtherr, der Graf, entschied,<br />
aus welchen Personen sich der Rat und die Sechser zusammensetzten,<br />
wem die jeweiligen Ämter und Dienste übertragen wurden,<br />
wer im Prozeßfall richtete, sondern der Bürger bestimmte dies."<br />
Jedoch zählte zu den Bürgern nur der männliche Teil der Bevölkerung,<br />
der außerdem im Besitz des Bürgerrechtes sein mußte. Zudem erfolgte<br />
die Wahl von Rat, Sechser und Ämtern nicht direkt, sondern<br />
durch Zuwahl (Abb. 2). Festgelegt waren diese Regeln in der Stadtordnung<br />
von 1460, die ein Jahr nach dem endgültigen Übergang von Stadt<br />
und Grafschaft an die Werdenberger gegeben wurde, und die über die<br />
Jahrhunderte hinweg bis 1806 im Kern dieselbe blieb.<br />
Ob der Dachreiter, der auf der Zeichnung zu sehen ist, bereits im 15.<br />
Jahrhundert vorhanden war, bleibt ungeklärt. Seine Aufgabe, die<br />
Glocke aufzunehmen, um mit dieser allgemein verbindliche Signale<br />
zu senden, dürfte dagegen nicht umstritten sein. Unbekannt bleibt jedoch,<br />
ob und ab wann er eine Uhr trug, um für Gäste und Bewohner<br />
der Stadt die Zeit einzuteilen und vorzugeben.<br />
Ausgeprägter als in den benachbarten Städten Scheer im Osten und<br />
Veringenstadt und Hettingen im Norden war in Sigmaringen das Zusammenspiel<br />
von Funktion, Gestalt und Lage des Rathauses in Szene<br />
gesetzt und das Rathaus als bürgerliches und wirtschaftliches Zentrum<br />
der Stadt wahrnehmbar. Dieses Zusammenspiel von Funktion,<br />
Gestalt und Lage beim Rathaus der werdenbergischen Epoche zeugt<br />
nicht nur von einer sinnstiftenden Ordnung, sondern von einer<br />
großen Klarheit im differenzierten Denken und logischen Handeln.<br />
Vgl. hierzu Festschrift anläßlich der Einweihung des Rathauses zu Sigmaringen<br />
am 9- Januar 1927. Sigmaringen o.J. Zu Werk und Biographie<br />
des Architekten Friedrich lmbery vgl. Franz-Severin Gäßler, Das ehemalige<br />
Kaufhaus Kleiner in Sigmaringen - innovatives und städtebaulich<br />
integriertes Werk des Architekten Friedrich lmbery. In: ZHG 2004.<br />
Die dreiteilige Abhandlung ist der schriftlich ausgearbeitete Teil eines<br />
Vortrags, den der Verfasser am 25. Februar 2002 beim <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />
<strong>Geschichtsverein</strong> in Sigmaringen unter dem Thema »Architektur<br />
als Zeichen. Das Sigmaringer Rathaus - Werk Friedrich Imberys« hielt;<br />
eine Zusammenfassung des Vortrags erschien im Südkurier vom<br />
16.3.2002, Nr. 64, S. 23.<br />
Die Urkunde im StAS, Dep. 1, Bd 1, Nr. 11 ist abgedruckt bei Alexander<br />
Frick, Die Geschichte des alten Rathauses, 5. 27 f., in: Festschrift anläßlich<br />
der Einweihung des Rathauses in Sigmaringen. Sigmaringen<br />
o.J., S. 27-36.<br />
Maren Kuhn-Rehfus (Hg.)l Sigmaringen. Ein historischer Führer. Sigmaringendorf<br />
1989, schreibt in ihrem Artikel über das Sigmaringer<br />
Rathaus, S.114, daß Graf Johann »seine Hälfte an dem von ihm erbauten<br />
Rathaus der Stadt schenkte« und gibt damit den in der Urkunde dargelegten<br />
Sachverhalt unkorrekt wider. Auch in der 2003 erfolgten Neuauflage<br />
des Stadtführers wird dieser Fehler übernommen und damit<br />
fälschlicherweise Graf Johann von Werdenberg als der Erbauer beider<br />
Hälften des Sigmaringer Rathauses bezeichnet.<br />
41<br />
10<br />
11<br />
Zum Grafen Johann von Werdenberg, dessen Geburtsjahr unbekannt<br />
ist, vgl. Johann Nepomuk von Vanotti, Geschichte der Grafen von Montfort<br />
und von Werdenberg. O.0.1845, bes. S. 398 ff.<br />
A. Frick, wie Anm. 3,S. 28.<br />
Ebd. S. 30. Der Stadtplan von 1823 ist abgebildet bei Maren Kuhn-Rehfus,<br />
Werner Kuhn, Sigmaringen in alten Ansichten. Sigmaringen 1995,<br />
S. 21 und in einer maßstabsgetreuen Umzeichnung bei Franz-Severin<br />
Gäßler, Carlsplatz und Carlsstraße in Sigmaringen. Stadterweiterungen<br />
in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Teil 2, Karte 4, S. 336 f., in: ZHG<br />
29,1993,5.283 - 360; Vgl. auch StAS, Dep. 39, NVA 16788 »Plan über<br />
einen Theil der Stadt Sigmaringen« aus dem Jahr 1826.<br />
Auf diese Stadtansicht wies erstmals Margareta Bull-Reichenmiller in<br />
ihrem Aufsatz »Sigmaringen am Ende des 16. Jahrhunderts. Eine bisher<br />
unbekannte Ansicht der Stadt auf einer Landtafel des oberen Donautals«,<br />
in: Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte 13 (1977), S.<br />
100 hin.<br />
Im benachbarten Veringenstadt beispielsweise steht bei ähnlicher Stadtstruktur<br />
das um 1500 erbaute, aus zwei massiven Stockwerken bestehende<br />
dreigeschossige Rathaus mit der Rückseite zur Burganlage, und<br />
im wenige Kilometer östlich von Sigmaringen liegenden Scheer stand<br />
das 1472 errichtete und 1838 abgebrochene Rathaus an der Biegung<br />
der wichtigsten Straße, die vom Menger Tor zum Donautor führte, zwar<br />
am Markt, jedoch ohne jene prägnante Stellung wie in Sigmaringen und<br />
ohne Bezug zur Burganlage; zur Datierung des Scheerer Rathauses vgl.<br />
Walter Bleicher, Chronik der ehemaligen Residenzstadt Scheer/Donau,<br />
Horb am Neckar 1989, S. 70 und 136 und zu dessen Lage ebd. S. 130.<br />
Zum Rathaus in Veringenstadt vgl. Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns,<br />
Band 11. Stuttgart 1948, 5. 398 ff.<br />
Zur Verwaltung und Verfassung der Stadt Sigmaringen im 14. und 15.<br />
Jahrhundert vgl. Elisabeth Maier, Die Stadt Sigmaringen unter württembergischer<br />
Herrschaft. Ihre Verwaltung und Verfassung mit besonderer<br />
Berücksichtigung des Stadtrechtes aus dem 14. Jahrhundert. Zulassungsarbeit<br />
zur wissenschaftl. Prüfung für das Lehramt am Gymnasium.<br />
Typoskript 1971; Andreas Zekorn, Zwischen Habsburg und Hohenzollern.<br />
Verfassungs- und Sozialgeschichte der Stadt Sigmaringen im 17.<br />
und 18. Jahrhundert. Diss. Univ. Tübingen 1989, Sigmaringen 1996,<br />
bes. S. 22 ff.<br />
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