29.04.2016 Aufrufe

CITY GUIDE DORNBIRN RITUALE

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Text: Annette Raschner, Fotografie: Lukas Beck<br />

FATIMA, AUF DEM WEG<br />

GANZ NACH OBEN<br />

Bereits im Alter von 14 hatte sie ihren ersten öffentlichen Auftritt im ehemaligen Spielboden<br />

in der Stadthalle in Dornbirn. Denn Fatima Spar wusste schon als Kind, was sie einmal werden<br />

wollte: Sängerin. Diesen Traum hat sie sich mit der Gründung der Band „The Freedom Fries“<br />

erfüllt. Fatima Spar & The Freedom Fries touren durch ganz Europa, und die Tendenz weist<br />

ganz klar in Richtung Himmelflug.<br />

Der bürgerliche Name von Fatima<br />

Spar ist Nihal Semtürk. Die Eltern der temperamentvollen,<br />

charismatischen Sängerin<br />

stammen aus Istanbul. Als jugendliche<br />

Gastarbeiter kamen sie vor vierzig Jahren<br />

nach Vorarlberg. Fatima selbst ist in Hohenems<br />

geboren, pflegt aber engen Kontakt zu<br />

ihrer Familie in der Türkei. „Ich habe beide<br />

Kulturen von meiner Geburt an erlebt und<br />

gelebt. Dies konnte ein Segen, aber auch<br />

ein Fluch sein. Manchmal ist man nicht<br />

Fisch und nicht Fleisch. Heute empfinde<br />

ich es als Vielfalt und glaube, man schafft<br />

so eine gute Basis für einen vorurteilslosen,<br />

respektvollen Umgang mit anderen.“<br />

Zu jeder Uhrzeit wird Musik gehört<br />

Die Erziehung verlief liberal, die Eltern<br />

unterstützten Fatima stets in dem, was ihr<br />

vorschwebte. Nur in Bildungsfragen gab<br />

es keine Diskussion, Mutter und Vater wollten,<br />

dass aus ihren Kindern einmal etwas<br />

wird. „Meine Eltern haben ganz schön Arbeit<br />

geleistet, um uns zu integrieren. In der<br />

Volksschule durfte ich am katholischen<br />

Religionsunterricht teilnehmen und ging<br />

eine Zeitlang sogar einmal wöchentlich in<br />

die Kirche, nur um nicht aus der Reihe zu<br />

tanzen. Wir haben Weihnachten gefeiert<br />

mit Baum und Geschenken.“ Türkisch war<br />

damals einzig und allein die Musik, die die<br />

Mutter zu Hause mit Leidenschaft hörte.<br />

„Die Türken sind ein sehr Musik liebendes<br />

Volk. Immer und zu jeder Uhrzeit wird Musik<br />

gehört.“<br />

In der Oberstufe des Gymnasiums beginnt<br />

Fatima Spar, „wie verrückt“ Musik zu<br />

hören. „Damals war Trip Hop das wichtigste.<br />

Portishead, Tricky und Massive Attack.<br />

Dadurch bin ich auf elektronische Musik<br />

gestoßen und habe schlussendlich den<br />

Jazz für mich entdeckt.“ Bis zur Matura<br />

spielt Fatima Spar in diversen Bands als<br />

Gitarristin. In Wien studiert sie klassischen<br />

Gesang , bricht dieses Studium aber bald<br />

ab. Nach einem absolvierten Modedesignstudium<br />

folgt der Versuch einer Weiterbildung<br />

mit Jazzgesang am Konservatorium,<br />

aber auch dieses Gesangstudium stellt nur<br />

ein Intermezzo dar. Stattdessen kommt es<br />

zur Gründung der Band „Fatima Spar & The<br />

Freedom Fries“. „Ich bin schlussendlich zu<br />

dem Ergebnis gekommen, dass ich mehr<br />

Spaß daran habe, Musik zu schreiben und<br />

damit gleich auf die Bühne zu gehen. Ich<br />

lerne mehr auf der Bühne als an jedem Konservatorium<br />

dieser Welt. Wichtig dabei ist,<br />

dass man etwas zu sagen hat und sich nicht<br />

auf einen unrealistischen Perfektionismus<br />

versteift.“<br />

Das Debütkonzert findet im Café Leopold<br />

in Wien statt. „Der Vorarlberger Bassist<br />

Philipp Moosbrugger, ein jahrelanger<br />

Freund und Wegbegleiter, hat damals dieses<br />

Konzert für mich organisiert und mich<br />

zurück auf die Bühne geholt. Zu dieser Zeit<br />

haben wir unseren heutigen Drummer Erwin<br />

Schober kennengelernt und erstmals als<br />

Trio gearbeitet. Schlag auf Schlag formierte<br />

sich innerhalb weniger Wochen die Band,<br />

so wie sie heute noch ist.“ Das war vor fünf<br />

Jahren. Fatima Spar & The Freedom Fries<br />

waren wohl DIE österreichische Musikentdeckung<br />

des Jahres 2006. Für ihr ausgelassenes<br />

Fusion-Debüt, den CD-Erstling<br />

„Zirzop“, wurden sie für den Amadeus Award<br />

nominiert.<br />

Spielen, spielen, spielen<br />

Bis heute lässt sich die Band stilistisch<br />

in keine Schublade stecken. Spielerisch<br />

bewegt sie sich zwischen Tradition und Moderne<br />

und verschmilzt Elemente von Swing,<br />

Jazz, Bebop, Gypsy Brass und Oriental Pop<br />

miteinander. Das zweite Album „Trust“ wurde<br />

im renommierten Hazelwood Studio in<br />

Frankfurt aufgenommen. Die Stücke sind im<br />

Vergleich zu jenen der ersten CD auskomponierter,<br />

das Album wirkt dadurch insgesamt<br />

runder. Bei dieser CD ist Fatima Spar auch<br />

als Singer/Songwriterin stärker in den Vordergrund<br />

gerückt. Heuer wird das Sextett<br />

mit multikulturellem Hintergrund das machen,<br />

was es schon in den letzten Jahren getan<br />

hat. „Spielen, spielen, spielen, was das<br />

Zeug hält. Die Zahl der Konzerte nimmt kontinuierlich<br />

zu. Wir haben schon so gut wie in<br />

ganz Europa gespielt, plus Ausflüge in die<br />

Staaten, nach Ägypten, Tunesien und schon<br />

mehrmals in die Türkei. In meinem Kalender<br />

09 stehen bereits Termine für Spanien, die<br />

Türkei, Deutschland, Frankreich, Finnland,<br />

der Schweiz, Belgien und die Niederlande.“<br />

Noch wird häufig für sehr wenig Geld gearbeitet.<br />

Aber immerhin können alle Bandmitglieder<br />

von der Musik leben.<br />

Deutsch, Englisch, Türkisch<br />

Die wandlungsfähige Frontfrau Fatima<br />

Spar singt mit ihrer unverkennbaren Stimme<br />

auf Deutsch, Englisch und Türkisch.<br />

„Ich hab’ keine Präferenzen, was Sprache<br />

anbelangt. Englisch war in meiner musikalischen<br />

Vergangenheit sicherlich dominierend.<br />

Deutsch zu singen habe ich erst<br />

unlängst neu begonnen, es waren meine<br />

ersten Gehversuche. Das Deutsche eignet<br />

sich gut für das Chanson. Das Türkische ist<br />

eine sehr poetische, melodische Sprache.<br />

Das Tolle am Englischen ist, dass es jeder<br />

versteht.“ So offen Fatima Spar gegenüber<br />

anderen Sprachen und fremden Kulturen<br />

ist, so offen ist sie auch hinsichtlich der<br />

von ihr bevorzugten Musikstile. „Ich höre<br />

oft klassische Musik, wenn ich abwasche.<br />

Jazz instrumental, vokal, wenn ich mich<br />

aufmerksam mit Musik auseinandersetze.<br />

Swing jederzeit, weil ich ihn liebe. Punk,<br />

Metal, um mich an alte Gefühle zu erinnern.<br />

Pop und Rock nicht nur der Nostalgie wegen,<br />

und dann mache ich auch nicht Halt vor<br />

elektronischer Musik, Tango, Volksmusik<br />

und so weiter.“<br />

Und welche Musik würde sie auf eine<br />

einsame Insel mitnehmen? „Meine spontane<br />

Antwort lautet „Post“ von Björk, „Signals<br />

for Tea“ von Steve Beresford und Ella Fitzgeralds<br />

und Duke Ellingtons „Live at Cote<br />

d´Azur“ bzw. „Money Jungle“ mit Ellington,<br />

Charles Mingus und Max Roach. Auf Billy<br />

Holiday verzichte ich ganz bewusst, vermutlich,<br />

weil sie tief geht, schmerzlich berührt<br />

und man ohnehin schon alleine und<br />

einsam wäre.“<br />

15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!