CITY GUIDE DORNBIRN RITUALE
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<strong>CITY</strong> CAFE-RESTAURANT<br />
Es mag schon Asketen geben, die an der Alphütte<br />
mit den Käseessern oder an der Waldschenke mit<br />
dem feinen Kuchen ungerührt vorüberwandern,<br />
aber die haben dann wohl andere Rituale zur<br />
Bewältigung des Tagesablaufes zur Verfügung.<br />
alten Ägypter fasteten beim Tod des Pharaos,<br />
die Tarahumara-Indiander fasten, bevor<br />
sie den heiligen Peyote verzehren, Priamos<br />
fastete nach dem Tode seines Sohnes Hektor,<br />
Moses, Elias und Jesus fasteten jeweils<br />
40 Tage und Buddha fastete sieben<br />
Jahre. Für die Sufis gilt die Regel: „Wenig<br />
essen, wenig schlafen, wenig reden“, also<br />
Fasten, Schlafentzug, Schweigen, drei tief<br />
in die Psyche eingreifende Veränderungen<br />
gegenüber dem Alltagsverhalten. Bei Juden<br />
und Christen sollte Fasten die Kraft der Gebete<br />
verstärken. Bei den Kirchenvätern findet<br />
man eine Vielzahl von Motiven für das<br />
Fasten, von einem die christlichen Gemeinden<br />
miteinander verbindenden Ritual über<br />
einen Weg zur Rückkehr ins Paradies bis zur<br />
Trauer über das Leiden Christi. Johannes<br />
Chrysostomus hielt Fasten für „die Nahrung<br />
der Seele“ und schrieb ihm gesundheitliche<br />
Wirkungen zu: „Es weckt das Urteil,<br />
macht den Körper geschmeidig, verjagt<br />
nächtliche Träumereien, heilt Kopfschmerz<br />
und stärkt die Augen.“ In unserer säkularen<br />
Gesellschaft steht das Fasten aus gesundheitlichen<br />
Gründen im Vordergrund. Eine<br />
Möglichkeit ist die F. X. Mayr-Kur, der man<br />
sich im Gesundheitszentrum Rickatschwende<br />
am Bödele unterziehen kann, das ist die<br />
berühmte Fastenkur mit den trockenen<br />
Semmeln ...<br />
Ganz frisch ist hingegen immer das Brot<br />
im Schwende-Stüble, dem zum Gesundheitshotel<br />
gehörenden Gourmetlokal. Der<br />
Name ist fast ein wenig irreführend, denn<br />
dieses „Stüble“ ist ein elegant eingerichtetes<br />
Nichtraucherlokal mit 50 Sitzplätzen<br />
und – in der warmen Jahreszeit – großer<br />
Terrasse, für das ein Diminutiv kaum angebracht<br />
erscheint. Küchenchef Bernd Moosmann,<br />
der auch die anderen Sparten der<br />
Hotelgastronomie bekocht, pflegt hier eine<br />
„Naturküche“, die gleichzeitig eine Gourmetküche<br />
ist, mit Taube, Rebhuhn, Bison, Wagyu,<br />
Rochen und anderem, was anderswo<br />
nur selten auf der Karte steht. Klar, dass<br />
das Regionale eine zentrale Rolle spielt,<br />
vom Schwarzenberger Ziegenkäsle über<br />
das Wild aus heimischen Wäldern bis zur<br />
Weidegans, die es natürlich nur saisonal<br />
gibt. Die Weinkarte bevorzugt Österreicher,<br />
unter anderem Schloss Gobelsberg.<br />
Schwende-Stüble,<br />
Rickatschwende 1, T 05572 25350 408<br />
Di bis Sa und Feiertag 12 – 14 und 18 – 21.30 Uhr<br />
So 12 – 14 Uhr, Mo geschlossen<br />
Das Ritual des Einkehrens: Dass<br />
man bei jeder Wanderung einmal einkehren<br />
„muss“, entweder unterwegs oder am Ende,<br />
ist vielleicht ein Relikt aus der Kinderzeit,<br />
als einem die Eltern zum Mitgehen auf ihre<br />
scheinbar endlosen Touren nur überreden<br />
konnten, indem sie eine Jause oder eine Limonade<br />
in einem Gasthaus einplanten. Sie<br />
hatten das ja bei ihren Eltern auch einmal<br />
so gelernt. Es mag schon Asketen geben, die<br />
an der Alphütte mit den Käseessern oder<br />
an der Waldschenke mit dem feinen Kuchen<br />
ungerührt vorüberwandern, aber die haben<br />
dann wohl andere Rituale zur Bewältigung<br />
des Tagesablaufes zur Verfügung.<br />
Im Gütle isch as gmüatle, reimt man<br />
gerne in Dornbirn, und trifft damit den Nagel<br />
auf den Kopf. Der Gasthof Gütle ist der<br />
natürliche Ausgangs- oder Endpunkt einer<br />
Wanderung durch Rappenloch und Alploch<br />
und wieder zurück (sonst kommt man ins<br />
Ebnit). Außerdem liegt er neben dem Rolls-<br />
Royce- und gegenüber dem Krippen-Museum<br />
und hat eine gute Stadtbusanbindung<br />
(für jene, die zumindest zurück lieber mit<br />
Öffis fahren). Das Haus hat übrigens auch<br />
selbst Geschichte, es war als Teil der 1862-<br />
64 errichteten Spinnerei des Franz Martin<br />
Hämmerle erst Arbeiterwohnhaus, dann<br />
Gaststätte – als solche hat es also eine bald<br />
150-jährige Tradition. Dass Kaiser Franz Joseph<br />
hier beim Betriebsbesuch den Tafelspitz<br />
mit Champagner hinuntergespült hat,<br />
ist eine Episode, die immer wieder erwähnt<br />
wird. Man kann es ihm jetzt wieder nachtun,<br />
zumindest, was den Tafelspitz betrifft.<br />
Auch sonst wird als „leichte regionale Kost“<br />
österreichische Küche geboten, Wiener<br />
Schnitzel vom Kalb oder Schwein, Zwiebelrostbraten,<br />
Kalbsrahmgulasch, Beuschel<br />
usw. Auf ihrer Webseite erklären die Rü-<br />
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