Es gehen dir eine Menge Gedanken durch den Kopf, wenn du dich in gebotener Ruhe dem Stück näherst und ihm den letzten Bissen in den Äser schiebst. Da passierte es mir im Sturm der Emotionen auch schon, dass ich zu weinen begonnen habe. Edith Ludescher 70
Text: Felix Weihmann, Fotografie: Darko Todorovic HUBERTUS’ TOCHTER Von den strengen Ritualen des Weidwerks: Der Mensch war von alters her Jäger und Sammler. Der Kampf mit dem Wild war gefährlich und galt dem nackten Überleben. Als es jedoch gelang, das Wild zu zähmen und zu domestizieren, besaß die Jagd durch die Haltung von Haus- und Nutztieren für den Menschen keine existenzielle Bedeutung mehr. Das Weidwerk wurde institutionalisiert, Verhalten und Weidmannssprache über Generationen hinweg ritualisiert. Eines war die Jagd nie: eine reine Männerdomäne. Für die Dornbirner Jägerin Edith Ludescher ist die Jagd Leidenschaft und Lebensphilosophie. Zur Jagd gekommen ist Edith Ludescher wie die meisten ihrer Zunft: Das Weidwerk war Teil ihrer steirischen Familie, und so wurde sie schon früh mit ins Revier genommen. Die begeisterten Jäger und Lehrmeister, später insbesondere ihr Vorarlberger Gatte und der Schwiegervater, brachten ihr die heimische Tier- und Pflanzenwelt näher, und je mehr Edith lernte, desto mehr wurde ihre Liebe zur Natur und zur Jagd bestärkt. Ihre letzte Beute ist ein Spielhahn, ein prächtiges Stück Birkwild, auf welches sie eingeladen wurde, mit ausgeprägten roten Rosen über den Augen und einem beeindruckenden Stoß. Nun ziert das Geschöpf einen Ehrenplatz im Eingangsbereich ihres Hauses. Als besondere Erinnerung dieser erfolgreichen Jagd bewahrt die Jägerin ein paar dem Weihrauchharz ähnliche Kiesel in einem kristallenen Behältnis auf. „Dies sind Steine aus dem Magen des Hahns“, erklärt Edith, „die der Spielhahn braucht, um die Äsung verdauen zu können, welche hauptsächlich aus Baumnahrung, z.B. Kiefernadeln, besteht. An diesen Steinen kann man auch erkennen, wo der Lebensraum dieses Spielhahns war.“ Ob es üblich sei solche Trophäen aufzubewahren? Für Edith keine Frage: „Dass ich sie aufbewahre, ist ein Zeichen der Achtung vor dem Tier.“ Und tatsächlich: Der Umgang mit dem erbeuteten Wild ist tief in den Jägerbräuchen verankert und wird durch zahlreiche rituelle Handlungen gefestigt. Bruch, das wichtigste rituelle Objekt Wird ein Wild erlegt, ist ruhiges Herantreten an das Stück und die würdige Begutachtung geboten. Alsdann folgen der Inbesitznahmebruch und das Anbringen des letzten Bissens. Ein Bruch ist ein von Lauboder Nadelhölzern gebrochener Zweig und kann den Jägern Symbol, Zeichen und Verständigung für unterschiedlichste Zwecke sein. Kann man das erbeutete Stück nicht sofort versorgen und abtransportieren, wird der Inbesitznahmebruch auf das erbeutete Stück gelegt, wobei das gebrochene Ende beim männlichen Stück zum Haupt zeigt, beim weiblichen nach dem Feuchtblatt. Beim letzten Bissen wird der Bruch dem Stück in den Äser geschoben. Dies stellt nach altem Brauch nicht nur eine Schmückung des Stückes, sondern ebenso einen Akt der Versöhnung nach dessen Tod dar. „Der Bruch ist sicher das wichtigste rituelle Objekt der Jägerei“, fügt Edith an, während sie ein paar Fotografien erläutert, „es gibt beispielsweise den Beutebruch, welcher nach Erlegung eines erstrebenswerten Wildes auf der rechten Hutseite getragen wird, wobei in der Regel ein Bruch genügt, auch bei mehreren Stücken. Und dann gibt es noch den Standesbruch, der auf der linken Hutseite getragen wird. Dies entweder bei Festveranstaltungen oder wenn einem Jäger die letzte Ehre erwiesen wird.“ Wo was gemacht wird und wie es gemacht wird, ist in der Jagdkultur durch eng definierte Verhaltensregeln geordnet. Um überhaupt in den erlauchten Kreis aufgenommen zu werden, muss man sich der Jagdprüfung unterziehen, einer Prüfung, die nur die Hälfte der Aspiranten besteht. Blattschuss Wesentlich für alle Jäger sind die weidgerechte Jagd und die Überlieferung der Regeln und Sitten; ohne die wäre für die Jägerschaft das weidgerechte Jagen schier undenkbar. Die zahlreichen Handlungsmuster werden seit Generationen durch unzählige Riten handlungssicher gemacht. Gekennzeichnet sind diese Riten durch eine unverkennbare Sprache. Nach außen hin werden die Vorgaben für Kleidung und Sprache grob umrissen: So soll die Kleidung des Jägers zweckmäßig, unauffällig und der jagdlich bodenständigen Tracht entsprechend beschaffen sein, wobei die besondere Betonung der jagdlichen Note vermieden werden soll, da diese zu geckenhaft wirke. Und über die Weidmannssprache, die über viele Jägergenerationen gewachsen ist, heißt es: Sie soll so gut beherrscht werden, dass sich deren Gebrauch harmonisch in die normalen Satzformen einfügt. Bei zirka 3.000 gebräuchlichen und weiteren, nahezu 10.000 dem passiven Wortschatz zuzurechnenden Fachwörtern der jagdlichen Zunftsprache ist der Weidmannsjargon für den Laien ein großes Verständigungsproblem, für den Weidmann andererseits ein Unterscheidungsmerkmal. So kann er sich zu den gemeinen Bauernjägern abgrenzen. Machen Sie sich also keine Gedanken, wenn ein Jäger Ihnen erzählt, dass Wildtiere im Wald zeichnen würden! Dies ist kein Jägerlatein. „Ein Wild zeichnet, wenn ihm die Kugel angetragen wurde“, ergänzt Edith und lacht, „dieses Schusszeichen ist für den Jäger ein wichtiges Signal, denn je nach dem, wo das Wild getroffen wurde, zeichnet es anders. Zum Beispiel schnellt das Wild bei einem Herz-Lungenschuss mit angezogenen Läufen vorne hoch und stürmt fort in hohen Fluchten, um bald zusammenzubrechen. Einen exakten Treffer nennt man übrigens Blattschuss und jeder Jäger hat Interesse an einem solchen, weidgerechten Schuss, der ein sicheres Abkommen ins Leben des Stückes ermöglicht. Für einen Jäger gibt es nichts Schlimmeres als die Nachsuche, da dies im schlimmsten Fall bedeuten kann, dass das Wild umsonst der Wildbahn entnommen wurde.“ In der Jägersprache existieren, insbesondere wenn es um den realen Akt des Tötens eines Lebewesens geht, zahlreiche 71
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