Text: Rosa Suter, Fotografie: Adolf Bereuter AUFBRUCH ZUM MOND Dornbirn-Nachhilfe bei Onkel Werner: Wer Dornbirn kennen lernen möchte, dem sei ein Besuch im Lagerhaus Hatlerdorf empfohlen. In dem kleinen, unscheinbaren Geschäft gibt es nämlich alles, was die Dornbirnerinnen und Dornbirner für Heimarbeit und Freizeit brauchen. Werner Winsauer kümmert sich um die merkwürdigsten Wünsche seiner Kunden und widmet sich sogar Glaubensfragen. Diese können im Hatlerdorf auch recht profan sein. Wer Dornbirn mag und mehr über Land und Leute wissen möchte, ist im Sammelsurium verschiedenster Haushalts-, Garten- und Eisenwaren gut aufgehoben. Inmitten von Futtermittel, Imkereizubehör und zahlreichen Hilfen für die Mostzubereitung ist hier der richtige Ort, um das Geheimnis der Dornbirner Seele zu ergründen. Liebevoll nennen Elke und Werner Winsauer ihr Geschäft einen Krämerladen, und sie meinen damit das, was in Deutschland landläufig als Tante-Emma-Laden bezeichnet wird. Ein Geschäft, in welchem die Ladenbesitzer noch selbst in erprobter Vornehmheit die Produkte des täglichen Bedarfs verkaufen. In Dornbirn aber steht eben nicht Tante Emma, sondern der vergnügliche Onkel Werner hinter dem Verkaufstisch. Werner ist ein freundlicher Typ, immer mit einem guten Spruch. Im Geschäft ist ständig was los, es herrscht ein angenehmer Ton: Man ist per Du. Aber weil der Kunde bei Werner zugleich König ist, werden im Lagerhaus die gewissen Respektspersonen noch im pluralis maiestatis angesprochen: Mit Ihr und Euch, welches in Dornbirn vor nicht allzu langer Zeit noch so gehalten wurde, an anderen Orten der Stadt aber in Vergessenheit geraten ist. Im Warenlager Hatlerdorf spiegelt sich die traditionell landwirtschaftliche Prägung des zweitgrößten Bezirks wider, der knapp ein Viertel aller Dornbirner beheimatet. „Wenn man es geschichtlich betrachtet, war früher alles links der Ach Hatlerdorf“, klärt Werner stolz auf und deutet auf einen Stadtplan an der Wand, „in diesem Bezirk waren die ersten Dornbirner zu Hause. Früher waren ja alle Bezirke eigenständige Dörfer, und das Hatlerdorf war mit seinen Bauern ein eher ärmlicher Bezirk, verglichen mit dem späteren Nieder- und Oberdorf, wo sich die Textilbarone niederließen.“ Für das Warenlager heute ist die ländliche Struktur des Hatlerdorfs jedoch günstig, wo Nähe, fachkundige Beratung und Handschlagqualität für die Kunden noch eine Rolle spielen – vor allem aber immer genügend Zeit für einen Plausch bleibt, bei dem man sich fachkundig über das Mosten oder Schnapsbrennen, die anwenderfreundlichste Schneeschaufel oder den idealen Schliff der Motorsäge unterhalten kann. So gesehen ist das Warenlager Drehkreuz und Verteiler für das, was für viele Dornbirner tatsächlich von Interesse ist. Benediktionen „light“ Man kann also darauf vertrauen, dass Werner über die Bräuche und Sitten der Dornbirner informiert ist. „Nicht wirklich“, verneint Werner mit Kopfschütteln, „ein paar Sachen gibt es da schon, aber die Traditionen sind zunehmend verloren gegangen. Auch im Hatlerdorf hat der Fortschritt keinen Halt gemacht. Wenn man heute zum Beispiel den Alpauftrieb macht, dann sind die Alpen befahrbar, die Technik erleichtert vieles, und die Landwirte bewirtschaften den Hof oftmals nur als Nebenerwerb.“ Für Werner haben die Alpen, die Berge, mit denen sich die Vorfahren in ständigem Kampf befanden, mit der Zeit an Gefahr verloren. „Früher, da hat man auf den Alpen noch benediziert, das heißt, man hat Gutes gewünscht, die Viecher und Älpler für einen guten Sommer gesegnet, Feuer, Wasser und Salz gewiehen. Denn Berg und Natur forderten ehemals ihren Blutzoll. Einst brachte es Dornbirn auf rund vierzig Alpen vom Staufen bis zum First und dahinter. Und weil man sich vor den Gefahren der Alpen schützen wollte, musste der Pfarrer in die Berge zu den einzelnen Alpen ziehen, durch die Stallungen gehen und das Weihwasser nach allen Seiten spritzen. Das waren noch ernsthafte und feierliche Rituale. Heute finden die Benediktionen zwar noch statt, aber für alle gemeinsam an einem bestimmten Tag in der Kirche. Dass der Pfarrer in die Alpen wandert, ist heute nicht mehr üblich und wird meines Wissens nur mehr auf ausdrücklichen Wunsch gemacht.“ Ein Ritual, an dem aber nach wie vor festgehalten wird, sei das Schmücken der Rinder beim Alpabtrieb. „Wenn der Sommer auf den Alpen gut war und für Mensch und Tier ohne tödliche Unfälle verlaufen ist, dann werden die Herden kunstvoll geschmückt.“ Aber auch hier – wie bei vielen anderen Bräuchen – verkomme die Tradition zur Touristenattraktion. „Dies hängt wohl damit zusammen, dass die Auflagen und Vorschriften immer strenger und folglich die Kosten immer mehr werden. Irgendwie braucht es dann die Attraktion, um die althergebrachten Bräuche überhaupt finanzieren zu können“, verfällt Werner ins Nachdenkliche, „und als lukratives Geschäftsmodell werden die Bräuche dann exportiert! – Man sieht dies am Funkensonntag, der im schwäbisch-alemannischen Raum seine Heimat hat, mittlerweile aber in vielen anderen Regionen zum Event geworden ist.“ Schwarz, klar oder erdichtet? Inmitten der zahlreichen Hochstammbäume und der Landschaft, die durch Streuobstwiesen geprägt ist, spiele das Schnapsbrennen und Mosten eine große Rolle. Ein angebliches – wenn auch laut Werner nicht beweisbares und von ihm ungeprüftes Ri- 64
Nehmen Sie sich somit diesen einfachen Tipp zu Herzen: Wenn Sie eine Dornbirnerin oder einen Dornbirner kennen und lieben lernen möchten, richten Sie sich nach dem Mond! Werner Winsauer 65
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