Jahresbericht 2015_final_2_web
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Betreuter und Betreuer – wann schaltet sich zusätzlich das<br />
Amtsgericht ein?<br />
Eine Bürgerin war Betreuerin für ihren kranken, in einem<br />
Pflegeheim lebenden Vater. Sie schilderte dem Bürgerbeauftragten,<br />
dass ihr Vater jedoch keine<br />
Vorsorgevollmacht erteilt habe. Deshalb<br />
müsse sie, obwohl sie seine Betreuerin sei,<br />
vor einer Entscheidung bei „größeren<br />
Sachen“ den Rechtspfleger beim Amtsgericht<br />
beteiligen. Da nun der Verkauf<br />
des Hauses, in dem Vater lange lebte,<br />
anstand, stellte sich der Bürgerin ein zusätzliches<br />
Problem: der Rechtspfleger<br />
habe ihr mitgeteilt, vor seiner Zustimmung<br />
zu diesem Hausverkauf dennoch den<br />
Vater selbst befragen zu müssen. Die Bürgerin<br />
befürchtete nun, dass der Vater<br />
durch die damit verbundene Aufregung<br />
gesundheitlich Schaden nehmen könne.<br />
Außerdem sei anzunehmen, dass er den<br />
Sachverhalt infolge seiner Erkrankungen nicht mehr voll<br />
verstehen und dann ein sachlich nicht begründetes Veto<br />
gegen den (objektiv dringend erforderlichen) Hausverkauf<br />
einlegen werde. „Nun frage ich Sie,“ schrieb sie in ihrem<br />
Brief an den Bürgerbeauftragten, „darf der Rechtspfleger<br />
Herr xy meinen Vater diesbezüglich fragen? In meinem<br />
Betreuerausweis ist der Punkt mit Grundstücksangelegenheiten<br />
mit angekreuzt. Ich würde mich sehr über eine<br />
schnelle Antwort von Ihnen freuen. Im Voraus vielen<br />
Dank.“<br />
Lösungsansatz und Ergebnis: Der Bürgerbeauftragte erläuterte<br />
der Bürgerin zum besseren Verständnis zunächst fallbezogen<br />
die Grundzüge des Betreuungsrechtes:<br />
Vom Betreuungsrecht betroffen sind Volljährige, die auf<br />
Grund einer psychischen Erkrankung oder einer körperlichen,<br />
geistigen oder seelischen Behinderung ihr Angelegenheiten<br />
ganz oder teilweise nicht besorgen können.<br />
Durch das Betreuungsrecht soll den Betroffenen der notwendige<br />
Schutz und die erforderliche Fürsorge gewährt<br />
werden. Das persönliche Wohlergehen des Hilfebedürftigen<br />
steht dabei immer im Vordergrund. Das Betreuungsgericht<br />
kann einen nahen Angehörigen zum Betreuer bestellen<br />
und ihm damit die Befugnis verleihen, stellvertretend<br />
für den Betroffenen zu handeln. Die Aufgabenkreise,<br />
die dem Betreuer verliehen werden, legt das Betreuungsgericht<br />
konkret fest. In Betreuungssachen ist der Betreute<br />
selbst verfahrensfähig (§ 275 Gesetz über das Verfahren in<br />
Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen<br />
Gerichtsbarkeit [FamFG]), kann also selbstständig an<br />
diesem Verfahren teilnehmen und Erklärungen abgeben.<br />
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